Es muss nicht immer Filet sein
Die Frohnatur Marcus Bisig kocht gerne nach Gefühl
Marcus Bisig lebt mitten im Dorf Einsiedeln an ruhiger Lage. Der Steinmetz geniesst seinen «Halbruhestand» und bekocht leidenschaftlich gern Familie und Kollegen. Er hat Freude an allen schönen Dingen, so auch an schnellen Porsches.
So einheimisch der Nachname von Marcus, so auffällig ist sein englischer Akzent: «Ich bin in Kanada aufgewachsen und erst als Teenager in die Schweiz gekommen », erklärt der schweizerischkanadische Doppelbürger. Sein Vater war der Einsiedler Künstler und Bildhauer Toni Bisig, der dank eines Auftrags für den Vatikan von 1954 bis 1970 in Vancouver im Westen Kanadas lebte. Er hat nach seiner Rückkehr in die Schweiz auch das Haus mitten im Dorf gebaut, in welchem Marcus Bisig mit seiner Frau Barbara lebt.
Harte Zeiten als Teenager
Die Familie Bisig hat Wurzeln auf verschiedenen Kontinenten, obwohl sich die Eltern in Einsiedeln kennengelernt hatten: «Meine deutsche Mutter ist in Guatemala aufgewachsen; mein älterer Bruder Anthony lebt wieder in Kanada, mein jüngerer Bruder Adrian ist hier geboren und lebt auch hier.» Seine Kindheit hat er nahe der waldigen Wildnis am Rand von Vancouver verbracht. In seiner Freizeit fischte er oder baute mit seinem besten Freund Baumhütten: «Diese so idyllische wie abenteuerliche Freiheit gibts heute nicht mehr», erinnert er sich wehmütig. Für den jungen Marcus war die erste Zeit in der Schweiz hart, vor allem wegen der Sprache. «Noch heute habe ich manchmal keine Identität», sinniert er weiter. In der Schweiz fühlt er sich als Schweizer, hat aber Heimweh nach Kanada. Reist er alle paar Jahre nach Kanada, fühlt er sich sofort wieder als Kanadier, vermisst dort aber dafür die Schweiz. Er pflegt bis heute seine früheren Kontakte in Kanada, hat dank Facebook alte Freundschaften wieder auf-leben lassen.
Doch Marcus Bisig geniesst das Positive und Schöne im Leben, wo er gerade ist. Das sieht man unter anderem, wenn man die vielen Fotos seiner Menüs anschaut, die er stolz auf seinem Smartphone präsentiert: Sinnliche Arrangements von Zutaten, mit Liebe und Sorgfalt zusammengestellt und stilvoll garniert. Schon sein Vater hat gerne gekocht, war er doch in Vancouver neben seiner Arbeit als Bildhauer auch noch als Koch in einem Spital tätig. In den Fussstapfen des Vaters
Beruf und Berufung des Vaters waren für Marcus Bisig wegweisend. Er wurde selbst Steinmetz und Bildhauer, entwickelte das Geschäft des Vaters weiter, expandierte und führte im Kanton Schwyz schliesslich insgesamt fünf Betriebe und war auch im Granithandel tätig. Vor sechs Jahren verkaufte er die Geschäfte und gab mit Eintritt ins Pensionsalter auch den Granithandel auf. Heute bezeichnet er sich als «semi-pensioniert», denn so ganz hat er seinen Beruf noch nicht aufgegeben: «Mein Beruf ist mein Hobby, ich arbeite gern und mache heute noch Grabsteine und Objekte für Verwandte und Bekannte und entwickle mein eigenes Kunstschaffen weiter.» Passion Porsche
Die Freude an ästhetischen Dingen zeigt sich auch in seiner Leidenschaft für Porsches: «Meinen ersten Porsche habe ich mit 50 gekauft, ein Targa Jahrgang 1981 mit 204 PS, ein wahres Bijou!» Er hatte lange darauf gespart, restaurierte den Wagen selbst und verkaufte ihn wieder. Aus diesem ersten Deal entwickelte er ein kleines Geschäftsmodell. Seither waren etliche Porsches in seiner Garage zu Gast, um früher oder später in neuem Glanz einen neuen Besitzer zu finden. «Mir gefällt das Urige am Porsche, er ist so puristisch, man erkennt ihn sofort», erklärt Marcus Bisig seine Faszination für die Kultmarke und ergänzt lachend: «Eigentlich ist der Porsche ja auch nur ein VW.» Unterdessen schmort der Hackbraten im Ofen. Marcus bereitet routiniert kleine Häppchen mit pikanter Creme und marinierten Crevetten zu, ein kleiner «Gruss aus der Küche». Der Hobbykoch legt grossen Wert auf die schöne Präsentation seiner Speisen – und auf vorgewärmte Teller. Vor dem Service werden die Portionen mit Schnittlauchröllchen und getrockneten Blüten garniert. So sorgfältig angerichtet, wird jedes noch so einfache Mahl wie sein Hackbraten mit Kartoffelstockseeli zu einer Augenweide – es muss nicht immer Filet sein.
Foto: Gina Graber