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«Das gute Jahresergebnis ist auf ein gutes Zinsgeschäft zurückzuführen»

«Das gute Jahresergebnis ist auf ein gutes Zinsgeschäft zurückzuführen» «Das gute Jahresergebnis ist auf ein gutes Zinsgeschäft zurückzuführen»

Im Gespräch mit dem Einsiedler Anzeiger erläutert der Leiter der Raiffeisenbank Einsiedeln-Ybrig, Thomas von Rohr, den Jahresabschluss 2023 und äussert sich zur aktuellen Wirtschaftslage und zur bevorstehenden Mitgliederversammlung.

Sie kamen 2009 zur Raiffeisenbank und wurden im letzten Juli zum neuen Vorsitzenden der Bankleitung der Raiffeisenbank Einsiedeln-Ybrig ernannt. Was hat sich seither verändert? Bis im vergangenen Sommer leitete ich den Bereich Beratung und Vertrieb und war für sämtliche Kundenberatungsteams verantwortlich. Als Bankleiter ist die Verantwortung für alle anderen Bereiche wie Services, Compliance, Front Support und Credit Office hinzugekommen. Diese Abteilungen unterstützen die Beratenden im Kundenkontakt, wenn es beispielsweise darum geht, einen Kreditentscheid zu fällen. Der persönliche Kundenkontakt hat sich in meiner neuen Rolle reduziert. Dafür sind neue Themen wie die direkte Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat und der Revision, die Organisation der Mitgliederversammlungen, der Jahresabschlüsse mit dem Geschäftsbericht sowie die Führung der Bank im personellen Bereich hinzugekommen. Ansonsten ist vieles gleich geblieben. Ich kenne die Bank sehr gut und weiss, wie sie funktioniert.

Die Bank hat einen glänzenden Jahresabschluss 2023 – was ist der Hauptfaktor für diesen Erfolg?

Das gute Jahresergebnis 2023 ist vor allem auf ein gutes Zinsgeschäft zurückzuführen. Nach jahrlangen «Minuszinsen» kam es 2022 zur Zinswende. Diese wurde durch die hohe Inflation ausgelöst, die wiederum durch verschiedene Konflikte und hohe Rohstoffpreise in der Welt angeheizt worden war. Den Notenbanken bot sich die Gelegenheit zur Rückkehr zu einer normalen Zinsstruktur.Das bedeutet, dass die Geldanlage verzinst wird, und ein Kredit wieder etwas kostet. Da dieses sogenannte Zinsdifferenzgeschäft unsere Hauptertragsquelle ist, hat sich dies positiv in unserer Jahresrechnung niedergeschlagen. Was geben Sie an die Kunden zurück – höhere Sparzinsen? Verständlicherweise wird nach der erfolgten Zinswende auch eine Erhöhung der Sparzinsen erwartet. Im Verlauf des vergangenen Jahres haben wir deshalb die Zinsen auf unseren Konti bereits mehrfach schrittweise erhöht. Man muss dabei berücksichtigen, dass wir als Raiffeisenbank die Minuszinsen nur sehr selektiv und verzögert an wenige Kunden mit grossen Guthaben weitergegeben haben, obwohl wir für unsere eigenen Guthaben bei der Nationalbank Minuszinsen zahlen mussten. Die Zinsmarge hat im ersten Quartal des letzten Jahres ihr Maximum erreicht und sinkt seither wieder. Wie es weitergeht, gleicht einem Blick in die Kristallkugel. Momentan ist die Situation stabil, wird aber von uns genau beobachtet.

Als Genossenschaftsbank erhalten unsere Mitglieder nicht nur direkte monetäre Leistungen, sondern auch viele weitere Vergünstigungen, beispielsweise bei Museumsbesuchen, Konzerten oder für Skitageskarten. Hinzu kommt das lokale Sponsoring von Jugend, Sport und Kultur. Dieses Jahr werden ausserdem einmalig die Gebühren für sämtliche Debit-Karten von Raiffeisenbankkunden im Kanton Schwyz erlassen. Was geschieht mit den Einnahmen, die nicht ausgeschüttet werden? Als Genossenschaftsbank orientieren wir uns nicht an einer Gewinnmaximierung. Unsere Mitglieder erhalten keine Dividenden wie bei anderen Banken, die als Aktiengesellschaften aufgestellt sind. Unsere Mitglieder erhalten einen attraktiven Zins auf ihren Genossenschaftsanteil. Dieses Jahr wird an der Urabstimmung über eine Erhöhung des Zinssatzes auf vier Prozent abgestimmt. Der restliche Gewinn bleibt als Eigenmittel in der Genossenschaft, wodurch wir eine hohe Eigenkapitalquote ausweisen können. Dies ist für die Stabilität und das Vertrauen in unsere Bank sehr wich-tig, zudem steigen laufend die politisch motivierten regulatorischen Anforderungen in diesem Bereich. Was plant die Raiffeisenbank Einsiedeln-Ybrig bezüglich Kundenservice, Anzahl der Filialen und Arbeitsplätze? Wir bauen unser Stellenangebot aus – nicht im grossen Stil, aber stetig. Momentan haben wir rund 30 Vollzeitstellen mit 40 Beschäftigten, inklusive drei Lernenden. Wir bieten attraktive Stellen in der Region, grösstenteils mit einem Pensum zwischen 60-100 Prozent. Da wir nicht mehr nur vor Ort arbeiten, ermöglichen wir auch die Vereinbarkeit von Familie oder Studium mit dem Beruf.

Mit unseren Geschäftsstellen in Einsiedeln und Unteriberg sind wir in der Region mit einer ganzheitlichen Beratung präsent, was unser Vorteil ist. Wir besitzen zwar elektronische Tools, wie das E-Banking, aber unser Hauptkontakt erfolgt vor Ort am Schalter oder in den persönlichen Beratungen. Wir sind weiterhin überzeugt, dass jene Kunden, die ein Haus bauen oder Geld anlegen wollen, nicht mit einem Computer sprechen möchten, sondern mit einem Menschen.

Wie hat sich der Untergang der Credit Suisse auf die Raiffeisenbank Einsiedeln-Ybrig ausgewirkt?

Wir konnten davon profitieren, aber nicht in einem Mass, dass dies unseren Jahresabschluss bedeutend beeinflusst hätte. Wir konnten schon vorher viele Kunden der CS in der Region für uns gewinnen. Während der Krise im vergangenen Jahr wollten viele CS-Kunden bei uns ein Konto eröffnen, doch inzwischen ist dieser Effekt wieder abgeflacht. Für uns ist wichtig, dass ein Kunde nicht einfach ein Konto bei uns eröffnet, sondern auch längerfristig mit uns zusammenarbeiten möchte. Die UBS hatte ihre Niederlassung in Einsiedeln schon vor einiger Zeit geschlossen. Nun sind wir gespannt, was die UBS bezüglich der ehemaligen CS-Geschäftsstelle entscheidet.

In den USA und in China bahnt sich eine Immobilienkrise an – hat dies Auswirkungen auf die Schweiz? Nein, diese Immobilienmärkte sind lokal begrenzt. Der chinesische Immobilienmarkt kann zwar an den Aktienmärkten für Reaktionen sorgen, hat aber keinen direkten Einfluss auf unseren Immobilienmarkt. Die FINMA (Eidgenössische Finanzmarktaufsicht) und die Schweizerische Nationalbank haben ein grosses Augenmerk auf den hiesigen Immobilienmarkt und die Regulierung in diesem Bereich steigt laufend. Durch die strengen Vorschriften bezüglich Eigenkapital und Tragbarkeit wird es aller-dings zunehmend schwieriger für unsere Kunden, Immobilien zu finanzieren. Der Schweizer Immobilienmarkt ist weiterhin sehr robust. Sicher haben es Teilbereiche wie Büroliegenschaften schwerer, unter anderem wegen Home Office und der zunehmenden Digitalisierung. Es gibt aber auch einen gewissen «Pendeleffekt », weil einige Firmen ihre Mitarbeitenden doch wieder vor Ort haben möchten. Der Immobilienmarkt in der Region Einsiedeln ist weiterhin sehr stabil. Es gibt wenig Neubauten und insgesamt nur wenige freie Wohnungen, was naturgemäss zu einem Anstieg der Preise führt. Was lohnt sich heute mehr mieten oder kaufen?

Dazu kann ich keine grundlegende Empfehlung abgeben, da die Voraussetzungen jeweils sehr individuell sind. Für jene, die den Traum vom Eigenheim haben, ist es wichtig, frühzeitig zu planen und einen Teil ihres Einkommens als Eigenmittel zu spa-ren. Um eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen, braucht es mindestens 20 Prozent Eigenmittel und ein genügend hohes Einkommen, um die regulatorisch vorgeschriebenen Anforderungen an die Tragbarkeit zu erfüllen. Da setzt unsere Beratung frühzeitig an.

Werden Hypotheken günstiger?

Da befinden wir uns stark im Bereich der Hypothesen. Wir glauben zwar, dass die Zinsen ihren Höhepunkt erreicht haben und mittelfristig nicht weiter steigen. Aber es ist aus unserer Sicht auch nicht präzise absehbar, wie rasch und stark sie sin-ken werden. Gerade in den letzten Tagen gab es wieder Anzeichen dafür, dass sich die Inflation als robuster erweist als angenommen. Im internationalen Vergleich sind die Zinsen in der Schweiz immer noch tief. Daher ist die Zinskurve bei Hypotheken sehr flach, das heisst, der Zinsunterschied zwischen einer kurz- und einer langfristigen Hypothek ist aktuell nicht sehr gross. Der Bitcoin boomt und wird populär – was sagt die Raiffeisenbank dazu? Grundsätzlich darf die Raiffeisenbank selbst nicht in Anlagen investieren, wir dürfen keinen sogenannten Eigenhandel betreiben. Unsere Kunden entscheiden selbst über ihre Anlagestrategie und die eingesetzten Produkte. Es gibt einige Kunden, die Kryptowährungen interessant finden und in diese investieren oder sich dies überlegen. Unsere Vermögensberatung ist jedoch sehr zurückhaltend mit einer Empfehlung in diesem Bereich, da Kryptowährungen extremen Schwankungen ausgesetzt sind. Dieses Jahr haben Kryptowährungen eine sehr positive Phase, das kann jedoch sehr schnell in die andere Rich-tung drehen. Aus unserer Sicht ist das nur etwas für Kunden, die sich den hohen Risiken bewusst sind. Dies gilt grundsätzlich für alle Investitionen in einzelne Unternehmen, Währungen und Rohstoffe. Wir empfehlen, die Anlagen immer genügend zu diversifizieren und setzen da-her in der Beratung hauptsächlich auf professionell geführte Vermögensverwaltungsmandate und Anlagefonds. Was wird das wichtigste Traktandum an der bevorstehenden Mitgliederversammlung sein? An der Mitgliederversammlung werden die Traktanden der Urabstimmung vorgestellt. Interessant ist dieses Jahr bestimmt die Wahl eines neuen Verwaltungsrates, den wir unseren Mitgliedern vorschlagen. Gemäss den neuen Vorschriften der FINMA mit Amtszeit- und Altersbeschränkungen sind wir verpflichtet, unseren Verwaltungsrat schrittweise zu erneuern. Reto Hensler tritt nach über 20 Jahren im Verwaltungsrat der Raiffeisenbank Einsiedeln-Ybrig zurück. An seine Stelle wird Fredi Kälin, SVP-Kantonsrat und Präsident der Staatswirtschaftskommission, zur Wahl vorgeschlagen. Das zweite wichtige Traktandum ist die Statutenrevision. Dabei ist neu, dass man als Genossenschafter nicht mehr unbedingt im Einzugsgebiet unserer Raiffeisenbank wohnen muss, sondern in der ganzen Schweiz leben kann. Das erleichtert die Situation vor allem bei Umzügen. Für uns im Vordergrund steht neben der Vorstellung der Abstimmungsvorlagen aber der gesellschaftliche Anlass für unsere Mitglieder. An allen drei Mitgliederversammlungen gibt es ein attraktives Rahmenprogramm mit Chäli- Chäli, den Kalberweidli-Büeblä oder der Ceoltóir-Irish Band.

Foto: Eugen von Arb

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