Die lange Nacht der Mathematik
Freiwillig und mit viel Spass knobelten 6509 Schülergruppen aus aller Welt an Matheaufgaben
Knapp 20’000 Jugendliche nahmen am letzten Freitag an der internationalen Nacht der Mathematik teil, darunter auch 31 Stiftsschüler und -schülerinnen, und das allein für Ruhm und Ehre und dies nicht einmal öffentlich, haben doch nur sie Zugang zu den Ranglisten.
Beispiel einer Mathematikaufgabe für das 9. bis 11. Schuljahr gefällig? Unsere bekannten Spielwürfel besitzen eine Augensumme von 21. Frank hat sich nun gedacht, dass es auch möglich ist, diese Summe zu erlangen, indem die sechs Würfelflächen zwar mit den Zahlen von 1 bis 6 beschriftet werden, aber nicht zwingend alle sechs Flächen mit verschiedenen Zahlen. Dabei können also Zahlen auch mehrfach vorkommen. Die Anordnung spielt keine Rolle und die Summe gegenüberliegender Seiten muss auch nicht 7 betragen. Wie viele verschiedene solche Würfel mit einer Gesamtsumme von 21 gibt es?
Mit solchen Aufgaben haben sich 19’372 hauptsächlich gymnasiale Teilnehmerinnen und Teilnehmer in über 6500 verschiedenen Gruppen rund um den Globus am vergangenen Freitag in der Nacht der Mathematik, einem in Deutschland erfundenen Gruppenwettbewerb für diverse Altersstufen, auseinandergesetzt. An dieser Herausforderung haben sich auch neun Teams mit 31 Schülerinnen und Schülern der Stiftsschule Einsiedeln beteiligt, dies freiwillig während der ganzen Nacht und erst noch mit riesigem Spass. Und besonders erfreulich: Rund zwei Drittel davon waren Mädchen!
Der Teamgeist war motivierend Doch wie kommt man überhaupt zu solch einem speziellen Mathe-Abenteuer? Die Mathematiklehrerin Silvia Brunner erzählt, dass sie auf der Suche nach einem geeigneten Anlass für Teamarbeit zufällig auf dieses Angebot gestossen sei. Die Stiftsschüler der dritten bis fünften Klassen hätten nun schon zum dritten Mal teilgenommen und die Begeisterung für diesen Wettbewerb nehme jährlich zu. Ausserdem seien etliche Wiederholungstäter, was doch für diese Herausforderung spreche, deren Attraktivität in der Zusammenarbeit liege. Aber auch die Neuen seien richtig angefressen gewesen, weil sich alle halfen und weil es sogar in der Nacht funktionierte, ergänzte sie nicht ohne Stolz.
Doch nicht nur die Schülerinnen und Schüler sind jeweils motiviert, auch die Lehrpersonen machen vol-ler Elan in ihrer Freizeit mit, auch wenn das doch lange Nächte sind. So hat sich zusammen mit ihr die ganze Mathefachschaft, welche in der 3. bis 5. Klasse der Stiftsschule unterrichtet, inklusive ein Informatikund ein Mathelehrer der Jüngeren, diese Freitagnacht um die Ohren geschlagen, respektive unterstützt und geholfen, wo es nötig und möglich war, sich aber auch immer wieder um das Wohl der Jugendlichen gekümmert und sich selber die eine und andere Stunde Schlaf gestohlen.
Bei einigen Aufgaben hätten übrigens auch ihnen die Köpfe geraucht, meinte Silvia Brunner, und diese Mathenacht habe wesentlich dazu beigetragen, dass klassenübergreifend gelernt worden sei und sich die Schüler näher kennengelernt und Freizeit miteinander verbracht hätten. «Aber auch für uns Lehrpersonen war diese Aktion so bereichernd, waren doch alle mit Herzblut und Engagement dabei und war es so schön zu sehen, wie alle mit Spass gemeinsam geknobelt und einander geholfen haben!», meinte die müde, aber zufriedene Lehrerin nach der langen Nacht.
Ausdauer und Wille gefragt
Dabei hatte es am Freitagabend um 18 Uhr für die Einsiedler gar nicht optimal begonnen. Als nämlich der erste Aufgabenblock zum Herunterladen freigegeben wurde, wollten sich alle gleichzeitig einloggen und da stürzte erst einmal der Server ab und es ging zunächst gar nichts. Nach einer guten Stunde, gerade als man sich mit Pizza zur Stärkung eingedeckt hatte, konnten dann auch die Einsiedler endlich starten. Da hiess es mit Überlegen, Kombinieren, Tüfteln, Rätseln, Rechnen, aber auch mit Versuch und Irrtum, in Gruppen zehn Aufgaben zu lösen und erste Lösungen einzugeben. Welche Erleichterung, wenn es grün aufleuchtete! Bei Rot galt es, sich nochmals dahinter zu set-zen und von Neuem zu probieren, da wurden doch Wille und Ausdauer hart gefordert.
Hatte ein Team jedoch alle zehn Aufgaben richtig und notabene auch etliche Antworten oder Lösungswege begründet, war die erste Runde geschafft, und als Belohnung durften alle Schulteams der gleichen Altersstufe in die zweite vorrücken. Gab eine Gruppe jedoch zu oft falsche Lösungen ein, erhielt der gesamte Jahrgang eine zehnminütige Sperre. Diese Zeit fehlte dann für den zweiten Aufgabenblock. So wurde gezielt der Gruppenaustausch unter den Gleichaltrigen gefördert und dem sozialen Aspekt wortwörtlich Rechnung getragen.
Verdiente Pausen gemacht
Intensive Nachtarbeit war dann die zweite Runde, so dass selbst die angebotene Hotline gegen Morgen zweimal in Anspruch genommen werden musste. Auch diese übrigens, wie der gesamte Wettbewerb, inklusive Korrekturen, war für alle kostenlos, die Organisatoren freuen sich aber über Spenden.
In diesen Stunden herrschte eine ganz spezielle Atmosphäre in der Stiftsschule, waren doch die Klassenzimmer nebst Lernort gleichzeitig Kantine, Aufenthaltsraum und Schlafsaal. Aber auch die Dunkelheit in den Korridoren, beim Wechsel in andere Zimmer oder in die Turnhalle zum gemeinsamen, bunt zusammengewürfelten Volleyball-spiel oder in den Kraftraum, wenn man eine aktive Pause brauchte, war mystisch, hinterliess bei den Anwesenden besonderen Eindruck und liess sie näher zusammenrücken.
So hatten auch alle ihr eigenes Rezept, um sich die nötige Energie zurückzuholen. Die einen brauchten Flüssiges in jeglicher Form, andere Snacks, Kuchen, Mandarinen, Schokolade oder Pizza und noch andere ganz einfach Schlaf, selbst mitten im «Lärm» der miteinander lernenden Klassenkameraden. Als dann aber am Samstagmorgen die ers-ten sechs Einsiedler Gruppen unter die gut 1000 Teams, welche in Runde drei kamen, vorgestossen waren, das Denken mit der Müdigkeit bei Schülern wie bei Lehrpersonen nach dieser langen Nacht immer anstrengender wurde, war definitiv niemand böse, dass es acht Uhr war und der Wettbewerb geschlossen wurde.
www.mathenacht.de
Fotos: Silvia Brunner