Zu Besuch in der Wellnessoase für Käse
Im Käsekeller der Alp Tierfäderen lagern jeweils rund 300 Laib Alpkäse, die Markus Kälin mit seinem Team herstellt.
Der höchstgelegene Keller unserer Serie befindet sich auf 1333 Metern über Meer in Unteriberg. Genauer auf der Alp Tierfäderen, einem Hochplateau oberhalb des oberen Sihltales, das via Waag und Hirsch in etwa 20 Fahrminuten erreichbar ist. Es führt kein Wanderweg an der Alp vorbei, daher gibt es auch kaum Gäste, die sich dorthin verirren. Alleine ist das dreiköpfige Tierfäderen- Team trotzdem selten. Es ist häufig jemand da, der sie unterstützt, erzählt Markus: «Ich habe viele gute Knechte aus der Familie und dem Freundeskreis, insbesondere mein Firmgöttibueb Marcel kommt fast jede freie Minute zu uns hoch und unterstützt uns!» Älpler mit 19 Jahren
Markus Kälin ist gelernter Landwirt. Er interessierte sich schon früh für die Landwirtschaft und half seinen Grosseltern auf deren Höfen, die Eltern selber führen keinen Bauernbetrieb. Nach der Ausbildung absolvierte Markus die Rekrutenschule und begann anschliessend seine ers-te Älplersaison auf der Tierfäderen. Das war im Jahr 2021. In den Wintermonaten konnte er bisher jeweils in einer Sägerei mithelfen, im nächsten Jahr wird er dann einen eigenen Bauernhof übernehmen können. Als 19-Jähriger zur Alp zu gehen ist doch eher unüblich. Doch wo ein Wille sei, sei auch ein Weg, und Älpler zu sein sei schon lange sein Traum gewesen! Und als in den Tierfäderen ein Nachfolger vom bisherigen Älpler gesucht wurde, packte er die Gelegenheit am Schopf. Er habe sich bei der Eigentümerin, der Genossame Schwyz, beworben, erhielt die Stelle und ist nun bereits in seiner dritten Alpsaison.
Dieses Jahr darf der 22-jährige Markus im Stall auf die Hilfe seines 20-jährigen Bruders Heiri zählen und dessen 19-jährige Partnerin Sarina Schelbert packt auch tatkräftig mit an. Beide sind zum ersten Mal auf der Alp. Heiri ist gelernter Forstwart und wird durch Markus angeleitet bei den Melkarbeiten. Sarina ist gelernte Floristin, absolvierte den wöchigen Käserkurs und wird von Markus in die Geheimnisse des Käsens eingeführt.
Alleine wäre der Alpbetrieb kaum zu stemmen, die drei schauen auf 40 Kühe, 50 Stück Jungvieh, 6 Ziegen und etwa 15 Schweine und da ist ja auch noch die Käserei. Markus kümmert sich fast ausschliesslich um die Milchverarbeitung, rund 450 Liter Milch gilt es täglich zu Käse und Alpbutter zu verarbeiten – eine aufwendige Arbeit! Im Herbst, wenn die Kühe weniger Milch geben, wird sie dann jeden zweiten Tag weiterverarbeitet.
Veredelung der Milch
Das Käsen erlernt hat Markus Kälin in der Berufsschule, in einem Kurs und in zwei seiner Lehrbetriebe. «Aber auch mein Grossvater und jetzt mein Onkel käsen im Glarnerland und führten mich in die Kunst des Käsens ein!», erzählt der stolze Älpler, dessen Kinn ein traditioneller Älplerbart schmückt. Seit Anfang Mai bereitete er die Alp vor, am 25. Mai fuhr das Vieh auf und bleibt nun voraussichtlich bis Mitte September. Seit diesem Sommer kommt dank einer neuen Rohrmelkanlage die Milch direkt von der Kuh ins Kupferkessi, das erleichtert die Arbeit enorm!
Markus und Sarina sind ein eingespieltes Team in der Käserei, jeder Handgriff sitzt, ausser den Radioklängen im Hintergrund hört man nicht viel. Die Milch wird im Kupferkessi erwärmt, mit den Kulturen und dem Lab angereichert, später mit der Harfe gebrochen und dann zu Käselaiben geformt. Übrig bleibt die Molke, die auf der Tierfäderen die Schweine bekommen. Die Käserei wurde vor rund 18 Jahren erneuert und ermöglicht ein effizientes Arbeiten. Einen Traum hat Markus Kälin für seine Käseproduktion noch: den Käsekeller als Anbau direkt neben der Käserei. Aktuell muss er die schweren Käselaibe nämlich, bei jeder Witterung draussen, in den rund 20 Meter entfernten Käsekeller tragen.
Salzbad und Massage Und damit sind wir auch beim wichtigsten Ort unseres Besuches. Dort, wo der Käse rund sechs Wochen lagert, aber auch der junge Älpler viel Zeit – vor allem beim täglichen Schmieren – verbringt: im Käsekeller. Etwas aussergewöhnlich liegt dieser betonierte Keller neben der Alphütte und ist bodeneben, eine Stufe führt sogar nach oben, wenn man in den Keller möchte. Auch hat es zwei Fenster und damit etwas Tageslicht. Doch es braucht schon noch eine Lampe, damit man richtig arbeiten kann. Die dicken Mauern sorgen trotzdem dafür, dass es drinnen schön kühl ist mit rund 17 Grad, knapp tief genug für die Lagerung des Käses. Markus Kälin kämpft aber mit der hohen Luftfeuchtigkeit hier, er probierte schon einiges aus, leider mit mässigem Erfolg.
Wenn die Käselaibe in den Keller transportiert sind, kommen sie zuerst in das Salzbad, welches einen Salzgehalt von zirka 22 Grad Beaumé aufweist. Je nach Laibgrösse baden sie dort zwischen 1 und 24 Stunden. Anschliessend werden sie auf Tannenholz Brettern in den Gestellen gelagert. Damit die Käse optimal reifen, verpasst ihnen Markus Kälin jeden Tag eine Massage mit Salz, fast drei Stunden ist er täglich damit beschäftigt: «Ich mache es am liebsten selber. Aber manchmal werde ich an einem anderen Ort gebraucht und jemand anderes darf es machen. » Wenn der Käse dann aus dem Keller entlassen wird, dürfen sich die Feinschmecker freuen. Er kommt nämlich in den Verkauf! In den Dorfläden in der näheren Umgebung und in einem Hüttli bei seinen Eltern kann man den feinen Alp-, Raclettekäse aber auch die Alpbutter erstehen. Von der Herstellung eines Naturejoghurts träumt Markus noch – bisher fehlte ihm aber noch die Zeit. Bis zum kommenden Alpsommer wird der junge Älpler dann rund 600 grosse Käselaibe à rund 6,5 Kilogramm und 200 kleinere Mutschli auch an verschiedenen Märkten verkauft haben. In der neuen Alpsaison kann er dann wieder die rund 42’000 Liter Milch in 102 Tagen zu frischem Käse verarbeiten.
Fotos: Angela Suter