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«Momentan geht man eher von einem Downburst aus»

Die Zunahme von extremen Wetterereignissen ist ein klarer Beleg für den Klimawandel

Weite Teile der Welt werden von extremen Wetterereignissen heimgesucht. Stephan Bader, Klimatologe bei Meteo Schweiz, ordnet ein: «Massive Gewitterstürme mit hohen Windspitzen sind auch in der Gegend rund um Einsiedeln nicht auszuschliessen.»

Weiss man bereits, ob es sich beim Unwetter in La Chaux-de-Fonds am Montag um einen Tornado oder um einen Downburst gehandelt hat? Momentan geht man eher von einem Downburst aus. Die Abklärungen sind aber noch nicht abgeschlossen. Ein Spezialist von Meteo Schweiz war heute vor Ort für die «Spurensicherung ». Einsiedeln befindet sich auf einer ähnlichen Höhenlage wie La Chaux-de-Fonds: Wäre es auch in Einsiedeln möglich, dass hier ein Tornado oder ein Downburst niedergehen würde? Massive Gewitterstürme mit hohen Windspitzen sind auch in Ihrer Gegend nicht auszuschliessen. Abgesehen davon kann auch ein massiver Wintersturm ähnliche Windgeschwindigkeiten bringen. Beim Wintersturm Vivian vom 27. Februar 1990 stiegen die Windspitzen in Glarus gegen 170 km/h. Im Glarnerland und im Vorderrheintal rasierte der Sturm an den Bergflanken riesige Waldflächen ab. Wie wird sich der Klimawandel auf den Verlauf des Jetstreams auswirken?

Die Arktis erwärmt sich schneller als der Rest der Welt. Damit verringert sich der Temperaturunterschied zwischen Äquator, gemässigten Breiten auf der einen und Arktis auf der anderen Seite. Dieser Unterschied treibt jedoch das starke Westwindband der Nordhalbkugel an und bestimmt dessen Bahnen und Stärke mit. Der so genannte Polar-Front-Jetstream hat grosse Bedeutung für unser Wetter in der Schweiz. In den nächsten zehn Tagen greift der Jetstream für die Jahreszeit relativ weit südlich aus und ist aktuell über dem Nordatlantik/Mitteleuropa eher stark ausgeprägt. Das Azorenhoch ist heuer wenig ausgeprägt: Ist es möglich, dass die Klimaveränderung das Azorenhoch beeinträchtigt? Das Azorenhoch hat in den letzten Jahrzehnten offenbar die Tendenz, grösser zu werden: Mit fortschreitendem Klimawandel wird auch ein bestimmtes Hochdruckgebiet immer grösser. Das Azorenhoch hat sich denn im letzten Jahrhundert dramatisch verändert. Das Azorenhoch bringt besonders den westeuropäischen Ländern im Sommer lange trockene und teilweise auch heisse Wetterphasen. Auch im Winter blockiert es Schnee und Regen. Als Folge leiden Spanien und Portugal unter verstärkter Trockenheit, wie es auch aktuell der Fall ist. Ist das Azorenhoch stark ausgeprägt und reicht weit nach Nordosten, blockiert es den Tiefdruckgebieten auch den Weg nach Mitteleuropa und damit zu uns. Im Juni wehte die Bise rekordverdächtig lange Zeit. Dafür macht sich der Föhn rar. Dürfte eine Umstellung der Grosswetterlage (NAO-Index) dafür verantwortlich sein?

In den Sommermonaten herrscht auf der Alpennordseite in der Regel Föhnflaute. Die Föhnmonate mit dem häufigsten Südföhn sind April und Mai. Die Monate Juni bis August bringen am wenigsten Föhn. An der Mess-station Zürich-Kloten brach-te der Juni 184 Bisenstunden. Das ist der deutlich höchste Juniwert in der verfügbaren automatischen Messperiode ab dem Jahr 1981. Ob hierzu ein Zusammenhang mit der NAO besteht, wurde von Meteo Schweiz nicht untersucht. Die Anzahl Bisenstunden im Juni schwankt sehr stark von Jahr zu Jahr. Aufgrund des kurzen Untersuchungszeitraums und der starken Schwankungen lässt sich bisher kein gesicherter Trend für die Bisenstunden in Zürich-Kloten feststellen.

Das Wasser in den Meeren erwärmt sich spürbar: Wie wirkt sich wärmeres Wasser in den Meeren auf den Golfstrom aus? Das Schmelzen des Grönlandeises könnte sich in den kommenden Jahrzehnten noch beschleunigen, was die Umwälzbewegung noch mehr verlangsamen könnte. Aus den heute verfügbaren Daten sowie den Kenntnissen der Physik der Ozeane und des Klimasystems erwarten wir aber eine deutliche Abschwächung bis zum Ende des 21. Jahrhunderts. Wie hoch diese Abschwächung tatsächlich sein wird, ist noch unsicher und wird stark vom Schicksal des Grönlandeises abhängen. Ein ungebremster Klimawandel wird dazu beitragen, dass eine Phase von über 10’000 Jahren mit relativ stabilem Klima zu Ende geht und die Menschen dann vermutlich mit Veränderungen zurechtkommen müssen, für die es in ihrer Geschichte, ihren Kulturen und Traditionen keine Vorlage gibt.

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