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In meinen Jugendjahren wurden fast alle Dinge, die defekt waren oder nicht mehr richtig funktionierten, wenn immer möglich geflickt. Erst wenn eine Reparatur wirklich nicht mehr sinnvoll war, wurden die Dinge (meist schweren Herzens) in den Kehricht geworfen und darauf unsortiert in der Abfallgrube versenkt. Ich erinnere mich, dass dort Tag und Nacht irgendwo ein glimmender Glutstreifen durch die feuchten Kehrichtschichten kroch, und ständig ein bissig scharfer Rauch über die Halde mottete. Wir Kinder haben diese stinkende Güselgrube immer mit etwas Angst und grossem Respekt besucht, da sie uns direkt vor Augen und Nasen führte, wie das Fegefeuer oder das erste Untergeschoss der Hölle funktionieren könnte. Heutzutage ist das ja alles viel sauberer geworden. Wir werfen praktisch nichts mehr einfach so bedenkenlos weg.Was Klärli nicht mehr flicken kann, wird zuerst sortiert und dann den Vorschriften entsprechend entsorgt, womit wir diese Sorge sofort los sind. Unsere modernen Entsorgungszentren übernehmen mit Handkuss, was wir ihnen übergeben. Sie arbeiten offenbar rentabel mit überwachten Deponien, mit technisch ausgeklügelten Verbrennungsanlagen und nachhaltig orientierten Recycling-Firmen zusammen. Ganz ohne Gestank und bissige Rauchschwaden. Sie sorgen sich besorgt um unsere entsorgten Sorgen, welche sie mit grosser Besorgnis ebenso sorgfältig wie sicher entsorgen. So können wir uns sorglos weiter besorgen, womit wir uns alle frei von Sorgen versorgen möchten. Es sei denn, das mache uns neue Sorgen.

* Ernst Friedli, 64, seit 31 Jahren verheiratet mit Klärli, geborene Schönbächler. Nichtraucher und Sachbearbeiter im Rathaus, steht unter Amtsgeheimnis. Macht sich in der Freizeit Gedanken zur Weltlage und fühlt sich entsorgt nicht gleich sorglos.

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