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Warum wurde der SUV nicht langsamer?

gh. Der Wagen, der vor einem Jahr am Wolfsprung in den See gestürzt ist, hatte ein aktives Bremssystem installiert. Es war ein Selbstunfall, der die Öffentlichkeit landesweit erschütterte. Beim Wolfsprung stürzte am 24. Juli letzten Jahres ein Auto in den See. Das Fahrzeug und der verstorbene Lenker wurden später in 182 Metern Tiefe geortet und geborgen.

Unmittelbar nach dem Crash stellte das Bundesamt für Strassen (Astra) zwischen «Mosi» und Wolfsprung 60er-Tafeln auf. Dies als provisorische Sofortmassnahme, bis der exakte Unfallhergang geklärt sei, hiess es damals. Diese Woche nun verkündete das Astra, der Wechsel von Tempo 80 auf 60 werde definitiv eingeführt. Ziel sei es, die allgemeine Verkehrssicherheit zu verbessern. Neu gilt eine Maximalgeschwindigkeit von 60 km/h auf der ganzen Axenstrasse zwischen Brunnen und Sisikon. Eine Rückfrage bei der Kantonspolizei Schwyz ergab, dass das Astra nicht über den aktuellen Stand der Unfalluntersuchung informiert ist. Will heissen: Das Amt beschloss die Temporeduktion, ohne den genauen Unfallhergang vor einem Jahr zu kennen.

Ungebremst das Geländer durchschlagen

Der abschliessende Bericht zum tödlichen Fahrzeugabsturz am Axen liegt noch nicht vor. Aber viel ist schon bekannt und durchgesickert. Der 63-jährige Zürcher Lenker war am 24. Juli 2022 um die Mittagszeit auf der Fahrt Richtung Norden nach dem Wolfsprung verunglückt. Sein Wagen geriet rechts von der Fahrbahn, touchierte erst die nahe Felswand und steuerte dann quer über die Fahrbahn auf das seeseitige Staketengeländer zu. Das rechte Vorderrad löste sich und prallte in ein entgegenkommendes Auto. Eine Überwachungskamera des Strassenunterhalts filmte den Unfall. Gemäss den Videoaufnahmen und anhand der Spuren am Boden gibt es keine Hinweise, wonach der Wagen, ein massiver SUV, vor dem Absturz abgebremst hätte. Es ist anzunehmen, dass das Auto mit nahezu unverminderter Geschwindigkeit das Geländer durchschlagen hat. Bemerkenswert: Der moderne Wagen war mit einem aktiven Sicherheitsassistenz-System ausgestattet. Die Bordelektronik hätte bei der Kollision mit der Wand eigentlich sofort eine Notbremsung einleiten sollen.

Die Funktion namens «Post Crash Braking» wird automatisch aktiviert, allerdings mit gewissen Ausnahmen. So wird keine Notbremsung eingeleitet, wenn der Lenker aufs Gaspedal drückt. In diesem Fall geht das System davon aus, dass der Fahrer beschleunigen will. Eine unmittelbare Vollbremsung durch das Sicherheitssystem hätte das gut 2,5 Tonnen schwere Fahrzeug nach etwas über vierzig Metern zum Stillstand gebracht. Zwischen dem ersten Aufprall am Felsen und dem durchbrochenen Geländer sind es knapp 35 Meter. Es wäre durchaus denkbar gewesen, dass das Geländer den Wagen bei tiefer Geschwindigkeit gestoppt hätte.

Aber es kam anders. Der SUV legte das Geländer um, stürzte 45 Meter tief in den Vierwaldstättersee und versank rasch im Wasser. Beim heftigen Aufprall auf der harten Wasseroberfläche wurde das Dach zusammengepresst, gleichzeitig zerriss es die Ölwanne. Eine Ölspur markierte zusammen mit Luftblasen die exakte Stelle, wo der Wagen im Wasser versank.

Das erleichterte bei der späteren Suchaktion die Ortung. Die Suche mit einer Unterwasserkamera zwei Tage später führte innert Stunden zum Erfolg. Ähnlich aufwendige Suchmissionen im trüben Wasser können sich erfahrungsgemäss über Tage erstrecken.

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