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«Frauen müssen aufgebaut werden – sie sollen lernen und wachsen können»

«Frauen müssen aufgebaut werden – sie sollen lernen und wachsen können» «Frauen müssen aufgebaut werden – sie sollen lernen und wachsen können»

«Femtastisch» heisst es am 14. Juni in Schwyz: Miriam Blunschy vom Organisationskomitee erklärt, was Teilnehmende erwarten dürfen.

Morgen Mittwoch, 14. Juni, ist nationaler Frauenstreiktag. In Schwyz findet ein Aktionstag statt. Passt Aktionstag bes-ser zum Kanton Schwyz als ein Streiktag? Genau. Wir streiken dieses Jahr nicht, weil Streik negativ behaftet ist. Wir wollen nicht laut brüllen, sondern aufzeigen, was wir in Bezug auf Gleichberechtigung und Gleichstellung bereits erreicht haben. Wir wollen das feiern. Was wurde bereits erreicht?

Die rechtliche Gleichstellung ist weit vorangeschritten. Ein wichtiges Jahr war beispielsweise das Jahr 1988. Dank des neuen Eheund Ehegüterrechts sind Ehefrauen den Ehemännern rechtlich gleichgestellt. Der Mann ist seither nicht mehr das Oberhaupt der Familie. Im Jahr 2005 trat die Mutterschaftsentschädigung in Kraft, und die neuen Artikel zu Namen und Bürgerrecht aus dem Jahr 2013 ermöglichen es Frauen, bei der Heirat ihren Nachnamen und ihren Heimatort zu behalten. Der Start Ihrer Veranstaltung ist ab 16.04 Uhr. Weshalb? Nun, es ist keine exakte Wissenschaft, aber man sagt, im Vergleich zu dem, was Männer verdienen, arbeiten Frauen ab diesem Zeitpunkt für die gleiche Arbeit umsonst. Wir finden, Frau-en dürfen deshalb um diese Zeit Feierabend machen und mit uns feiern. Hinter Femtastisch steht ein überparteiliches Komitee. Wie hat man sich gefunden? Und wie war die Zusammenarbeit? Das Komitee ging aus einer Umfrage an die Frauenparteien und das Frauennetz Kanton Schwyz hervor. Alle Organisationen wurden angefragt, ob sie an Femtastisch teilnehmen und mitwirken möchten. Wir sind also ein bunt gemischtes Grüppchen. Die Zusammenarbeit ist gut, jede Frau bringt ihre Ideen ein. Ist spürbar, dass da politisch die Meinungen auseinandergehen? Trotz unterschiedlicher politischer Schwerpunkte haben wir uns rasch darauf geeinigt, anstelle eines Streiks einen kulturell- politischen Anlass durchzuführen.

Warum ist es wichtig, dass ein solcher Tag nicht nur als Frauenstreik in den Städten, sondern auch mit einem Anlass in Schwyz stattfindet? Gleichberechtigung ist wichtig. Alle Menschen sind gleichberechtigt. Das gilt es nun tatsächlich zu leben und in der Gesellschaft zu verankern. Ist es in einem kleinen Raum, wo jeder jeden kennt, schwieriger, für gleiche Rechte auf die Strasse zu gehen? Nein, das finde ich nicht, zumal es in diesem Jahr ein anderes Konzept ist. Wir sprechen Frau-en, Männer, Familien und überhaupt die ganze Gemeinschaft an und haben ein vielfältiges Angebot mit DJ, Musik, Kino, Theater und kulinarischen Leckereien.

Sollen Teilnehmende sich lila oder violett kleiden, wie am nationalen Frauenstreik? Nein, das ist vom OK nicht speziell vorgeschlagen. Worauf freuen Sie sich persönlich?

Wir haben Frauen aus allen politischen Parteien eingeladen, die im Rahmen einer fünfminütigen Rede ihre Sicht auf die Gleichstellung mit dem Publikum teilen. Auf diese Reden bin ich sehr gespannt. Wie viele Teilnehmende erwartet das Komitee?

Wir haben keine Vorstellung und keine Erwartungen. Man darf nicht vergessen: Femtastisch findet während der Woche an einem Mittwochabend auf der Hofmatt Schwyz und bei Schlechtwetter im Verenasaal in Ibach statt.

Wie beginnt der Anlass?

Unsere Präsidentinnen eröffnen den Anlass feierlich. Anschliessend stellt Angela Dettling, Historikerin, das Schwyzer Heft «Offägleit – Schwyzer Frauengeschichte( n)» vor. Danach gibt es einen historischen Rundgang, auf dem die wichtigsten Stationen der Frauengeschichte aufgezeigt werden. Am letzten Posten können die Teilnehmenden ihre eigenen Wünsche festhalten. Am letzten Frauenstreik in Schwyz im Jahr 2019 erhielt die Schwyzer Regierung von den teilnehmenden Frauen Post in einem Riesencouvert: Sie wurde aufgefordert, eine Gleichstellungsstrategie zu erarbeiten und umzusetzen. Hat Ihr Komitee eine Antwort erhalten? Die Schwyzer Regierung hat den Forderungskatalog noch im gleichen Jahr beantwortet und befunden, dass es keine besonderen Anstrengungen braucht, um die Gleichstellung der Geschlechter im Kanton Schwyz voranzutreiben. Die Forderungen von damals blieben demnach unerfüllt. Die Schwyzer Regierung hat lediglich Leitsätze formuliert und auf der Website aufgeschaltet. Deshalb werden die Politikerinnen ihre Jahresziele in der Frauenpolitik präsentieren. Das Organisationskomitee von Femtastisch selbst wird keinen Forderungskatalog erarbeiten. Wir als Komitee sorgen für den Rahmen des Festes. Hat die überparteiliche Zusammenarbeit im OK etwas Gemeinsames hervorgebracht? Ja. Wir haben uns drei Ziele gesetzt: Wir wollen vernetzen, zusammenstehen und informieren. Femtastisch bietet eine Plattform, sich zu begegnen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Gleichzeitig wollen wir die Öffentlichkeit mit gezielten Informationen dafür sensibilisieren, dass die tatsächliche Gleichstellung noch nicht erreicht ist. Haben Sie selber schon an einem Streiktag mitgemacht?

Nein, bisher noch nie.

Elisabeth Blunschy war eine Politikerin der ersten Stunde. Hat Ihre Grossmutter Sie motiviert, politisch aktiv zu werden?

Sie war immer eine inspirierende Person: Sie hat mich geprägt, auch bei der Berufswahl als Anwältin. Sie gab mir auch die politischen Werte mit auf den Weg. Sind Sie deshalb Mitte-Politikerin?

Die Mitte passt mir persönlich am besten. Mich überzeugen die Forderungen, die gestellt werden. Ich argumentiere sachlich, das entspricht mir. Deshalb habe ich die Mitte-Frauen Schwyz mitgegründet. Gemeinsam mit Karin Steinegger aus Altendorf bin ich Co-Präsidentin.

Was muss Ihrer Ansicht nach für die Gleichstellung getan werden? Wichtig ist, dass mehr Schlüsselpositionen in Wirtschaft und Politik mit Frauen besetzt werden. Der Anteil weiblicher Führungspersonen im Kanton Schwyz beträgt weniger als dreissig Prozent, und die Verwaltungsräte von Schwyzer Unternehmen weisen eine Frauenquote von etwas mehr als zwanzig Prozent auf. Im Schwyzer Kantonsrat liegt der Frauenanteil bei zwölf Prozent, in den Gemeinden und Bezirken bei je knapp dreissig Prozent. Von gleicher Teilhabe kann also noch keine Rede sein. Frauen müssen aufgebaut werden: Sie sollen lernen und wachsen können. Wichtig ist auch, dass man auf Frauen als Kandidatinnen für politische Ämter und für höhere Positionen aktiv zugeht.

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