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«Achtung, Aufnahme!»

Die SBB betreiben in ihren Zügen 23’300 Videokameras – von Gesetzes wegen muss auf die Überwachung hingewiesen werden

In den Zügen, Postautos und Bussen gibt es immer mehr Videoüberwachung. Damit soll der ÖV nicht nur sicherer werden, sondern man will auch Delikte effizienter aufklären können.

Wie kürzlich der «SonntagsBlick» meldete, nahm die Videoüberwachung im Öffentlichen Verkehr in der jüngeren Vergangenheit stark zu. Alleine die SBB würden seit dem Jahr 2015 rund 10’000 zusätzliche Überwachungskameras laufen lassen. Aber auch andere ÖV-Anbieter hätten die Videoüberwachung massiv ausgebaut.

SBB-Mediensprecherin Sabrina Schellenberg bestätigte die genannten Zahlen. Demnach sind schweizweit in den Zügen nicht weniger als 22’300 Kameras installiert, plus noch deren 2400 in Bahnhöfen, Immobilien und übriger Infrastruktur. Von den SBB gab es aber zu Ausserschwyz «mit Blick auf das Sicherheitsdispositiv zu Zahlen und Standorten keine Angaben».

Die Frage, ob dank mehr Kameras der ÖV sicherer wurde, beantwortet Sabrina Schellenberg: «Ja. Videokameras sind ein wichtiger Bestandteil, um die Sicherheit in Bahnhöfen und Zügen in der Gesamtheit gewährleisten zu können.» Wie sie weiter ausführt, «helfen die Kameras spezifisch bei den Sachbeschädigungen, die Fälle zu reduzieren». Gemäss Schellenberg kommen Videokameras aber auch zum Einsatz, «um Arbeits- oder Betriebsunfälle zu verhindern oder Zugsabfertigungen zu beschleunigen».

Starkes Kamera-Plus bei der SOB Nun verkehren in Ausserschwyz nicht nur die Züge der SBB, sondern auch jene der Schweizerischen Südostbahn: SOB-Mediensprecher Conradin Knabenhans bestätigte die Zunahme von rund 380 Kameras in den SOB-Zügen im Jahr 2017 auf rund 1910 Kameras in diesem Jahr.

Dazu erklärt er: «Die steigende Zahl von Kameras ist in erster Linie auf die Modernisierung und Vergrösserung unserer Flotte in dieser Zeit zurückzuführen.» Knabenhans verweist etwa darauf, dass «im alten Voralpen-Express (Ersatz durch die neuen Traverso-Triebzüge im Jahr 2019) keine Kameras installiert waren». Zu den im Gebiet Ausserschwyz heute mit Kameras zirkulierenden Zügen erklärt der SOB-Mediensprecher: «Die eingesetzten SOB-Fahrzeuge auf den Linien Voralpen-Express, IR35 Aare Linth, S13, S31 und der S40 sind videoüberwacht.» Gute Erfahrungen bestätigt

Und wie bewährt sich bei der Südostbahn die Zunahme von Kameras? «Die gemachten Erfahrungen zeigen, dass die Videoüberwachung in Zügen das Reisen und Arbeiten für Fahrgäste und Personal noch sicherer machte.» Wie Conradin Knabenhans weiter ausführt, «kann die Videoüberwachung etwa dazu dienen, bei Notfällen die Lage besser beurteilen zu können und die notwendige Hilfe rasch zu organisieren ». Darüber hinaus seien «Videobilder wichtige Beweismittel

bei Strafanzeigen».

Mehr Züge bringen mehr Kameras

Den SOB und SBB gemeinsam ist die Einschätzung, dass die Zunahme an Videokameras weniger mit mehr Gewalt zu tun hat, sondern schlichtweg mit mehr Rollmaterial.

So verneint Mediensprecherin Sabrina Schellenberg für die SBB, dass die zusätzlichen Kameras eine Antwort auf eine Zunahme von Gewalt seien: «Die Zahl der Videokameras hat in den vergangenen Jahren vor allem mit dem Ausbau des Angebots wie zum Beispiel Léman Express oder der Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels zugenommen. Zudem gehören Kameras heute zu den Standard-Anforderungen bei neuem Roll-material. »

Keine Live-Überwachung Ferner muss man bei beiden Bahngesellschaften keine Angst vor einem «grossen Bruder» ha-ben, der in einer Zentrale sitzend die Fahrgäste ausspioniert. Sabrina Schellenberg: «Der Datenspeicher für die Videodaten befindet sich direkt im Zug. Die Daten werden nur nach einem entsprechenden Ereignis durch die SBB-Transportpolizei gesichert und ausgewertet.» Die Untersuchungsbehörden dürfen sich aber mit der Einsicht der Daten nicht allzu lange Zeit lassen: Die Speicherdauer der Videodaten beträgt gemäss Schellenberg in den Bahnhöfen 120 Stunden. In den Zügen kann sie, je nach Alter der Fahrzeuge, auch geringer ausfallen. Nach dieser Frist werden die Daten automatisiert gelöscht.

Notfall-Knopf stellt Gespräch her Ebenfalls bei der Südostbahn gibt es keine permanente Visualisierung eines Livebildes. Wie bei den SBB gibt es aber im Notfall die Möglichkeit einer Direktschaltung zum Geschehen.

Conradin Knabenhans von der SOB erklärt: «Betätigt jemand den Notruf-Knopf in einem Zug, kann die Einsatzleitzentrale der SBB-Transportpolizei zudem die Live-Bilder zur Lagebeurteilung und weiteren Hilfeleistung betrachten.» Und zum Datenzugang erklärt der SOB-Sprecher: «Die Videodaten werden nach einem entsprechenden Antrag von Strafverfolgungsbehörden oder einem technischen Vorfall – etwa wenn ein Brandmelder ausgelöst wurde – ausgelesen. Dies geschieht in der Regel durch die SBB-Transportpolizei.» Und auch hier ist die zur Verfügung stehende Zeit für eine Kontrolle der Bilder stark limitiert. Conradin Knabenhans erklärt: «Die aufgezeichneten Videodaten werden ohne bekanntes Ereignis 72 Stunden lang gespeichert und danach überschrieben. »

Kameras auch in den Postautos

Ebenfalls auf der Strasse wird im ÖV gefilmt: «Videoüberwachung ist seit Jahren Standard. Nicht zuletzt war sie von der Öffentlichkeit gefordert worden, um die Passagiersicherheit zu erhöhen.

Kameras dienen aber nicht nur der Sicherheit der Fahrgäste, sondern auch jener des Personals », erklärt Sacha Reichmuth: Er ist Betriebsleiter bei der Busbetriebe Bamert GmbH in Wollerau, die in den Höfen zwei Buslinien mit je zwei Fahrzeugen betreibt.

«Das Datenschutzgesetz gibt vor, dass man keinen Einblick in die Videoaufnahmen hat. Nur bei einer Straftat werden die Aufnahmen des Datenspeichers im Fahrzeug der Ermittlungsbehörde übergeben», sagt Reichmuth.

Video in jedem zweiten Postauto Bei PostAuto bestätigte Mediensprecher Urs Bloch, dass man rund 1200 Kameras in Postautos betreibt, das entspreche rund der Hälfte der Flotte. Gemäss Bloch gibt es die grösste Dichte an Kameras in den Agglomerationen: In Ausserschwyz seien «14 von 22 Postautos mit Kameras ausgerüstet».

Zur Wirkung auf die Sicherheit, es gibt auch hier kein Live-Bild, sagt Bloch: «Die Zahl der Vorfälle blieb die letzten Jahre etwa gleich.» Kameras hätten auch «eine abschreckende Wirkung ». Er betont, dass «der Kameraeinsatz aber einen anderen Hauptgrund hat».

So könne das Videomaterial «bei Ermittlungen eine Hilfe sein». Man konnte dadurch schon Täter ermitteln. Auch hier werden die Aufzeichnungen nach 72 Stunden gelöscht, beziehungsweise die Datenträger

überschrieben.

Auch auf dem Schiff wird gefilmt

Übrigens hat die Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft (ZSG) auf den Schiffen ebenfalls Kameras installiert. Doch die ZSG habe «noch keine systematische Videoüberwachung wie andere öffentliche Verkehrsunternehmen ». «Die Kameras dienen lediglich dem Schiffsführer», schreibt die ZSG. Es würden auch keine Passagiere gefilmt oder systematisch Aufnahmen gemacht, die durch Behörden ausgewertet werden können. Auf dem Wasser scheint die Welt also noch in Ordnung zu sein.

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