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«Das Parlament braucht ein Veto-Recht gegen die Verordnungen des Bundesrats»

«Das Parlament braucht ein Veto-Recht gegen die Verordnungen des Bundesrats» «Das Parlament braucht ein Veto-Recht gegen die Verordnungen des Bundesrats»

Bundesbern diskutiert seit Langem das Verhältnis der Schweiz zur Ukraine, vor allem unter dem Blickwinkel der Neutralität. Die Meinungen der Parlamentarier und Parlamentarierinnen sind uneinheitlich. Ist es auch für Sie eine komplexe Situation, in welcher sich die Schweiz befindet? Dank der Neutralität leben wir seit 200 Jahren in Sicherheit und ohne Krieg. Die Neutralität ist für mich nicht verhandelbar. Das oberste Gebot von uns Politikern in der Schweiz ist der Schutz der eigenen Bevölkerung. Als kleiner Staat mit einer sehr kleinen Armee ist es fahrlässig, sich in fremde Konflikte einzumischen. Bleiben wir bei der Ukraine: Vorgestern Mittwoch hat der Nationalrat entschieden, die Weitergabe von Schweizer Waffen durch Drittstaaten vorerst nicht zu erleichtern. Er stimmte zwar dafür, Wiederausfuhren zu ermöglichen, wenn der UNO-Sicherheitsrat einen Angriffskrieg verurteilt. Praktisch ändert das allerdings nichts an der bisherigen Haltung. Deckt sich dieser Entscheid mit Ihrer Haltung? Meine Haltung ist glasklar. Es dürfen keine Schweizer Waffen direkt in Konfliktgebiete geliefert werden. Wiederausfuhren zu ermöglichen, wenn der UNO-Sicherheitsrat einen Angriffskrieg verurteilt, ist ein Ablenkungsmanöver einiger Parlamentarier und nicht ehrlich. Denn Russland hat das Vetorecht im Sicherheitsrat. Kommen wir zur Schweizer Armee: Das Parlament hat den laufenden Einsatz der Armee im Asylbereich genehmigt. Nach dem Ständerat befürwortete auch der Nationalrat, dass bis Ende März maximal 500 Armeeangehörige den Asylbehörden bei der Unterbringung von Asylsuchenden helfen dürfen. Die Fraktion der SVP war dagegen. Wie ist Ihre Meinung? Das Asylsystem in der Schweiz funktioniert schon lange nicht mehr. Aus der ganzen Welt kommen vorwiegend junge Männer, Wirtschaftsmigranten in die Schweiz, ohne Aussicht auf Asyl. Trotzdem dürfen sie hier bleiben, weil der Bund hier nicht handelt. Nun noch die Armee für den angerichteten Schlamassel des Bundes zu missbrauchen, geht gar nicht. Wer sich von der Armee zum Zivildienst umteilen lassen will, muss in Zukunft höhere Hürden überspringen. Nach dem Nationalrat fordert auch der Ständerat vom Bundesrat, die Bedingungen für diese Umteilung zu verschärfen. Wie sehen Sie diese Sache? Diese Verschärfung ist absolut richtig. Wir haben zukünftig grosse Probleme, genügend Militärangehörige rekrutieren zu können – da die Hürden viel zu tief sind, und zu viele in den Zivildienst abwandern. Das muss zwingend korrigiert werden. Der Nationalrat will, dass das Parlament gegen Verordnungen des Bundes das Veto ergreifen kann. Er hat einer entsprechenden parlamentarischen Initiative Folge gegeben. Der Entscheid fiel mit 117 zu 70 Stimmen klar aus. Wie ist Ihre Meinung? Wir haben in jüngster Zeit einiges erlebt im Rat mit den Verordnungen des Bundesrates. Im Parlament machen wir die Gesetze. Die Verordnung macht der Bundesrat. Als Parlamentarier haben wir Stand heute keine Möglichkeit, diese Verordnungen zu ändern, wenn wir der Meinung sind, es entspreche nicht dem, was wir im Parlament eigentlich wollten. Deshalb ist ein solches Veto absolut richtig und zentral.

AHV-Rentnerinnen und -Rentner erhalten in diesem Jahr definitiv keinen vollen Teuerungsausgleich. Nach dem Nationalrat hat es auch der Ständerat abgelehnt, auf eine entsprechende Umsetzungsvorlage einzutreten. Wo stehen Sie in dieser Frage? Bei der AHV haben wir einen gesetzlich verankerten Mischindex. Da werden die Teuerung und der Lohnindex zusammen berechnet. Nun hatten wir in den letzten 10 Jahren kumuliert eine negative Teuerung. Dank des Gesetzes aber wurde die Rente nicht nach unten angepasst. Nun haben wir das ers-te Mal eine Teuerung. Deshalb aber gleich das Gesetz zu ändern, ist der falsche Weg. Dafür wollte die Parlamentsspitze einen «Teuerungsausgleich für die Einkommen und Vorsorge der Ratsmitglieder» – hingegen keinen für AHV-Rentner. Es soll also für Nationalund Ständeräte mehr Sitzungsgeld und somit mehr Lohn geben. Doch nun scheint der Zustupf für die Räte und Rätinnen bereits wieder vom Tisch zu sein, bevor er überhaupt in die Parlamente gekommen ist. Wie ist Ihre Meinung? Es ist eine absolute Frechheit, was hier die Leitung des Parlamentes beschliessen wollte. Wir sind heute schon anständig entlöhnt. Viele Menschen in der Schweiz müssen den Gürtel enger schnallen. Der Bundesrat erwartet in den nächsten Jahren ein grosses Loch in der Kasse des Bundes. Die SVP hat sich von Anfang an vehement gewehrt gegen diesen Unsinn der Leitung des Parlamentes. Wenn Vermieterinnen und Vermieter ihre vermieteten Räumlichkeiten wegen Eigenbedarfs selber beanspruchen, sollen sie künftig schneller auf diese Objekte zugreifen können. Das will der Nationalrat. Die Gegner argumentierten, das Ungleichgewicht im Mietrecht würde sich mit dieser unnötigen Anpassung weiter zugunsten der Immobilienbesitzer verschieben. Es muss möglich sein, sein eigenes Haus, seine eigene Wohnung für sich selber nutzen zu können. Deshalb ist diese Vereinfachung richtig. Wir haben nicht an der Härtefallklausel gerüttelt. Diese gilt weiterhin. Mit Artikel 272 im Obligationenrecht haben die Mieter auch künftig die Möglichkeit, einen Härtefall geltend zu machen, wenn sie in Schwierigkeiten stecken. Das ist auch richtig so. Der Nationalrat will nach der Solaroffensive auch eine Windenergieoffensive: Er hat dem dringlichen Bundesgesetz zur Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für Windparks zugestimmt. Die SVP-Fraktion war dagegen. Weshalb? Die Solaroffensive haben wir unterstützt. Nun möchte das Parlament beim Wind die Standortgemeinde bei der Erteilung der Baubewilligung umgehen. Das geht so nicht. Bei einem so massiven Eingriff in die Natur wie bei der Erstellung eines Windrades muss die Standortgemeinde mitreden können. Da geht es nicht an, dass der Kanton entscheidet und nicht die zuständige Gemeinde. Deshalb habe ich dies abgelehnt. Zum Schluss noch eine Frage zur Landwirtschaft: Ins Landwirtschaftsgesetz kommen weder ein Absenkpfad für Treibhausgase noch ein Ausbaupfad für mehr Tierwohl. Das hat der Nationalrat am Mittwoch im Zug der Beratungen über die Agrarpolitik ab 2022 beschlossen. Das dürfte Ihrem Gusto entsprechen … Die Landwirtschaft ist aktuell stark gefordert. Im April letzten Jahres hat der Bundesrat massive Verschärfungen im Umweltbereich beschlossen. Über 60 Seiten Verordnungsänderungen müssen die Bauern umsetzen. Für das Jahr 2024 hat der Bundesrat knapp 300 Seiten Änderungen/ Verschärfungen in die Vernehmlassung geschickt. Nun wollte Links-Grün das Fuder noch weiter überladen. Das konnten wir zum Glück verhindern. Die Bauern sind so schon stark genug betroffen von den aktuellen Verschärfungen.

Marcel Dettling

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