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Lieber ins «Chefi» anstatt Busse bezahlen, ist nicht so einfach

Lieber ins «Chefi» anstatt Busse bezahlen,   ist nicht so einfach Lieber ins «Chefi» anstatt Busse bezahlen,   ist nicht so einfach

Diese Busse bezahle ich sicher nicht, da gehe ich lieber ins ‹Chefi›!» Diese Aussage hört man manchmal in Stammtisch-Runden. Doch geht das überhaupt? Kann man eine Busse einfach nicht bezahlen und stattdessen einige Tage im Kantonsgefängnis in Biberbrugg verbringen? Wir haben nachgefragt.

«Das Kantonsgefängnis Biberbrugg ist kein Hotelbetrieb, in den man nach Belieben ein- und auschecken kann», führt Liliane Kistler Fegert, Amtsvorsteherin des Amtes für Justizvollzug des Kantons Schwyz (AJV), aus. Das AJV betreibt nicht nur das Kantonsgefängnis, sondern kümmert sich auch um den Vollzug aller im Kanton Schwyz gefällten Strafurteile. Dabei handelt es sich um bedingte und unbedingte Freiheitsstrafen, ambulante und stationäre Massnahmen, Halbgefangenschaft, Electronic Monitoring, gemeinnützige Arbeit und die Durchführung der Bewährungshilfe. Des Weiteren ist das AJV für das Inkasso der Verfahrenskosten und der Bussen zuständig.

Die meisten Bussen und Geldstrafen werden bezahlt und der Vollzug kann dank standardisierten Prozessen und Abläufen speditiv erledigt werden.

Kann ein Verurteilter eine Geldstrafe oder Busse jedoch nicht bezahlen, kann die Geld-strafe oder Busse mit der Verrichtung von gemeinnütziger Arbeit (GA) abgeleistet werden.

Gleich zu Beginn des Gesprächs stellt Angela Ruoss, Leiterin Vollzugs- und Bewährungsdienst, klar: «Die Verfahrenskosten sind in jedem Fall zu bezahlen und können weder in Ersatzfreiheitstage umgewandelt noch mit gemeinnütziger Arbeit abgeleistet werden.» Und: «Ersatzfreiheitsstrafen können erst vollzogen werden, wenn die Geldstrafen oder Bussen auf dem Betreibungsweg uneinbringlich waren.» Man hat also nicht die Wahl, freiwillig ins Gefängnis zu gehen. Entweder man bezahlt die Geldstrafe oder die Busse innert 30 Tagen, beantragt eine Teil-/Ratenzahlung oder stellt einen Antrag auf gemeinnützige Arbeit.

Angela Ruoss erklärt: «Das Ziel einer Geldstrafe oder Busse ist nicht, die Verurteilten mit einem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe aus dem gesellschaftlichen und sozialen Leben herauszureissen.» Die «milden Sanktionsformen» wie Geldstrafen oder Bussen gäben den Verurteilten die Möglichkeit, die Strafe monetär zu begleichen und nebenbei ihren Alltag weiterhin zu bewältigen. «Ein Freiheitsentzug ist für niemanden angenehm. Zumal die-ser auch mit Einschränkungen in der persönlichen Freiheit, der Pflege sozialer Kontakte und eigener Bedürfnisse einhergeht.» Wenn der Verurteilte die Geld-strafe oder Busse nicht bezahlen kann, ist es also möglich, schriftlich um die Verrichtung von gemeinnütziger Arbeit zu ersuchen. Dies ist grundsätzlich für Ersatzfreiheitsstrafen von einer Dauer bis zu sechs Mona-ten möglich. Seit 2018 ist die GA laut Gesetz keine eigenständige Strafe mehr, sondern eine Vollzugsform. «Das heisst, sie wird nicht mehr von den Gerichten angeordnet, sondern von den Strafvollzugsbehörden als mögliche Vollzugsform im Antragsverfahren geprüft.»

Mindestens 8 Stunden wöchentlich

Dies tönt einfach, ist jedoch mit grossem Aufwand verbunden. «Für die Verurteilten, aber auch für die Behörde ist die Umsetzung, Koordination und Durchführung von Gemeinnütziger Arbeit mit hohem personellem Aufwand verbunden», präzisiert Katharina Baniak, Fallverantwortliche Gemeinnützige Arbeit. Die GA sei eine wichtige Vollzugsform, um den finanziell schwächer Gestellten die Tilgung der Geldstrafe oder Busse zu ermöglichen und damit den Vollzug im geschlossenen Strafvollzug abzuwenden.

Gemeinnützige Arbeit muss wochentags oder am Wochenende während mindestens acht Stunden pro Woche geleistet werden, sie kommt also zur «normalen » Arbeit hinzu. Es gibt keine Abendeinsätze. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von GA sind zahlreich und sehr restriktiv. Der Verurteilte muss über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen, muss arbeitsfähig und darf vor allem nicht flucht- oder gemeingefährlich sein. Er muss wie erwähnt einen schriftlichen Antrag stellen, es folgt ein persönliches Gespräch im AJV und anschliessend ein Vorstellungsgespräch in der gemeinnützigen Institution. «Im Verlaufe dieses Bewilligungsprozesses spürt man schnell, ob der Arbeitseinsatz klappen kann», weiss Katharina Baniak.

Die Anzahl der Anfragen für GA, die beim Schwyzer AJV eingehen, variiert. In den letzten beiden Jahren wurden durchschnittlich 45 Anträge bewilligt.

Für das Amt stellt sich dabei die grosse Frage: Wen vermittelt man wohin? Klar ist, dass sich beispielsweise ein notorischer Dieb nicht für die Arbeit in einem Heim oder Spital eignet, sondern beispielsweise ein Einsatz bei Waldarbeiten geprüft werden muss. «Wir können auf einen guten Bestand von langjährigen, zuverlässigen Arbeitspartnern aus verschiedenen Institutionen zählen. Die Einsätze der Verurteilten erfolgen immer unentgeltlich und es werden ausschliesslich soziale Einrichtungen im Kanton berücksichtigt», so Baniak weiter.

Es gebe auch immer wieder Abbrüche während des Arbeitseinsatzes – wegen Verstössen gegen Auflagen oder weil die zusätzliche Arbeitsbelastung zu viel wird. «Die monatelange zeitliche Einschränkung infolge des Arbeitseinsatzes wird oftmals unterschätzt», weiss die Fallverantwortliche für GA. Am Schluss des Gesprächs wird nochmals deutlich, dass die Durchführung von Gemeinnütziger Arbeit lediglich eine der verschiedenen Vollzugsformen für die Strafverbüssung darstellt.

Angela Ruoss betont: «Der Kontakt und die Arbeit mit den Verurteilten ist nicht immer einfach. Aber die erfolgreichen Fallabschlüsse, insbesondere im Bereich der gemeinnützigen Arbeit, zeigen, dass diese Vollzugsform ein wertvolles Instrument ist, um allen Verurteilten die Tilgung der Geldstrafe oder Busse zu ermöglichen.» Gleichzeitig werden so härtere Sanktionen, wie die Verbüssung einer Gefängnisstrafe, verhindert.

Jährlich werden im Kanton Schwyz unzählige Strafbefehle und Urteile gefällt. Unterschiedliche Sanktionen werden ausgesprochen und unter anderem Geld-, Gefängnisstrafen und Bussen verhängt.

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