«Musik bringt zur Sprache, wo unsere Stimme verstummt»
Gedankliche Tiefgänge und musikalische Höhenflüge: Das bot der Benefiz-Anlass im Grossen Saal des Klosters zugunsten der Propstei St. Gerold.
Für ein Konzert gabs zu viele Worte und für eine Lesung zu viele Töne! Was war es nun gewesen, am letzten Freitag, 10. Februar, der als «Fantasie über Gott und die Musik» angepriesene Benefizanlass zugunsten der Einsiedler Propstei St. Gerold? Was es war: berührend und begeisternd.
Ein Geschenk Gottes
Propst Martin Werlen und das Sonus Brass Ensemble nahmen die gut 90 Zuhörerinnen und Zuhörer mit auf eine Reise durch 400 Jahre Musikgeschichte, aber auch auf eine Reise, die zu sich selbst führte. Die Klammer bildete die Musik, jene universale Sprache, die Kulturen überwindet und «zur Sprache bringt, wo unsere Stimme verstummt », wie Pater Martin formulierte. Musik ist für ihn Begegnung und Miteinander, sodass die Frage «Wer hat sie erfunden? » ihn letztlich zur Überzeugung brachte: «Musik ist ein Geschenk Gottes!» Dass diese persönliche Meinung am Freitagabend unwidersprochen blieb, war offensichtlich auch dem Quintett Sonus Brass zuzuschreiben. Dessen Auftritt verdiente schlichtweg das Prädikat «göttlich». Die fünf Vorarlberger um den begnadeten Trompeter Stefan Dünser überwinden nicht nur die Genre- Grenzen, sondern beweisen seit Jahren, wie gut gute Musik wirklich ist.
Von 1638 bis in die Gegenwart
Ihre Reise durch die Geschichte der Blasmusik begann mit Girolamo Fantini (wahrscheinlich 1600 bis 1675), von dem die älteste erhaltene Komposition für Blechbläser stammt (1638). Am anderen zeitlichen Spektrum angesiedelt waren die Stücke von Johannes Bär (geboren 1983), einem Vorarlberger Jazzmusiker und Komponisten, des Norwegers Ola Gjeilo (1978) und ganz besonders von Werner Pirchner (1940 bis 2001), der Musiklegende aus Tirol. Seine Komposition «Der Mann mit dem Hammer in der Tasche» intonierte Sonus Brass – dem Titel zum Trotz – weich, bedächtig und warmherzig, sodass Pater Martin gar nicht anders konnte, als es als «Lied der Dankbarkeit» zu bezeichnen.
Überlebenswichtig Neben persönlich Erlebtem kam Propst Martin immer wieder auf das Wesen und die Wirkung der Musik zu sprechen. «Sie ist nicht systemrelevant, aber überlebenswichtig », meinte er etwa zu Andrea Falconieri (vermutlich 1585 bis 1656), der mitten in der Pestzeit, die ihm selbst das Leben kosten sollte, tänzerisch- froh komponiert hat. Und «amazing grace» von John Newton (1725 bis 1807) liess Pater Martin staunend zurück, worin er Göttliches erkennt: «Das ist die grundlegende Form des Betens. Gegenüber Gott können wir nur staunen.» Bezug nehmend auf Pirchners «Vom Leben», eines ruhigen Walzers mit einer «Störstelle zum Schmunzeln», riet Pater Martin, bei einer nächsten, persönlichen Störstelle – zu schmunzeln: «Wir können dank-bar sein für das Leben; Störstellen gehören dazu. Sie prüfen uns, nicht aufzugeben, sondern mutig weiterzugeben.» Nach dem «Präludium» aus der Holberg-Suite von Edvard Grieg (1843 bis 1907) dankte Pater Martin Werlen Heino und Michaela von Prondzynski, welche im Namen der Freunde des Klosters Einsiedeln und insbesondere des Abt Eberhard Gönnerkreises, diesen Benefizabend organisiert hatten. Bevor ein nicht en-den wollender Applaus Sonus Brass zu einer schmissigen und einer jazzigen Zugabe animierte, schloss Propst Martin Werlen seine Gedanken mit einer Empfehlung: «Dankbar des Vergangenen zu gedenken. Leidenschaftlich in der Gegenwart leben. Zuversichtlich in die Zukunft blicken.»