Verbunden in Verschiedenheit
Ökumenische Vesper im Kloster Einsiedeln
Zum ersten Mal lud am Sonntag die Klostergemeinschaft Einsiedeln im Rahmen der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen klösterliche und gemeinsam betende Gemeinschaften aus der ganzen Schweiz zu einer ökumenischen Vesper ein.
MMH. Wer am Sonntag zur Vesper in die Klosterkirche kam, dem bot sich ein ungewöhnliches Bild: Statt die Mönche von Einsiedeln, wie gewohnt, durch ihren lateinischen Gesang am hintersten Ende der Kirche zu erahnen, befanden sich diese in der Mitte der Kirche, dicht gedrängt in einem provisorischen Chorgestühl mit orthodoxen Mönchen sowie Schwestern, Männern, Frauen und Familien aus reformierten Gemeinschaften.
Kunz führte in die Tradition des gemeinsamen Betens ein Seit dem Jahr 1909 rufen der Ökumenische Rat der Kirchen und das päpstliche Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen jedes Jahr vom 18. bis 25. Januar auf, für die Einheit aller Christinnen und Christen zu beten.
In Einsiedeln bot das Kloster, in dem jeden Tag das Stundengebet gefeiert wird, letzten Sonntag Raum für ein Zusammentreffen betender Gemeinschaften aus der ganzen Schweiz. Es gibt hier nämlich nicht nur römisch- katholische Klöster, sondern auch solche orthodoxer Konfession und Gemeinschaften von Reformierten, die jeden Tag zu Gebetszeiten zusammenkommen. Viele von diesen kamen am Sonntag mit Abordnungen, insgesamt etwa sechzig bis siebzig Personen, nach Einsiedeln, um gemeinsam zu beten.
Zunächst führte der reformierte Professor für Praktische Theologie an der Universität Zürich, Ralph Kunz, im Grossen Saal in die Tradition des gemeinsamen Betens ein. Ausgehend von persönlichen Erinnerungen und Erfahrungen mit dem Gebet, betonte er die Schönheit und Bedeutung davon, sich in Gemeinschaften zum regelmässigen Gebet zusammenzufinden. Die anschliessende Vesper in der Klosterkirche war von den beteiligten Gemeinschaften gemeinsam vorbereitet worden.
Orientalische Tradition des Christentums So hörte man neben dem üblichen gregorianischen Choral auch die Diakonissen aus Riehen bei Basel mehrstimmig einen Psalm auf Deutsch singen und die ruhigen Klänge eines Taizé- Liedes, die in eine meditative Stille führten.
Der im Kloster Einsiedeln lebende koptisch-orthodoxe Mönch P. Isodoros brachte mit einem alten Hymnus seiner Kirche auch die orientalische Tradition des Christentums ein. Für den gemeinsamen Weg zur Einheit In seinem kurzen Impuls erinnerte Abt Urban Federer die Mitfeiernden für den gemeinsamen Weg zur Einheit an den Wert der Dankbarkeit, der Versöhnungsbereitschaft und der leidenschaftlichen Gottsuche. Wenn dies Menschen zum gemeinsamen Gebet zusammenführe, lasse sich der Friede der Einheit, den Gott schenke, schon erfahren.
Nach der Feier kamen die Beteiligten im Hofspeisesaal zu einem Apéro riche zusammen. Dort war die Gelegenheit, sich zu begegnen und über die Erfahrungen im Gebets- und Gemeinschaftsleben in verschiedenen Traditionen auszutauschen. Auch teilte man die grosse Dankbarkeit und Rührung, dass es möglich war, in so einträchtiger Weise zusammen zu beten.
24. Januar 2023 | Nummer 6 | 6
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