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Schwyzer Schwinger im Jubiläumsjahr

Schwyzer Schwinger im Jubiläumsjahr Schwyzer Schwinger im Jubiläumsjahr

Mitg. Das Schwingen ist im Kanton Schwyz tief und breit verwurzelt. Was 1923 im Restaurant Adler in Rothenthurm begann, existiert heute noch und so darf der Schwyzer Schwingerverband dieses Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiern.

In einer vierteiligen Serie unterhalten wir uns mit vier verschiedenen Schwyzer Funktionären über ihre Beziehung zum Schwingen und ihre Aufgaben und Arbeiten für den Schwyzer Schwingsport. Den Auftakt machen wir mit Markus Brunner. Der Küssnachter ist im Kantonalvorstand mit einer Doppelfunktion als Aktuar und Kampfrichterchef vertreten. Zudem ist er gleichzeitig Präsident des Schwingklubs Küssnacht am Rigi. Wer kennt sie nicht, die Diskussionen im Sport um die Unparteiischen. Seien es Punk-te-, Schieds- oder Kampfrichter in vielen Sportarten, Unparteiische werden oft kritisiert und selten gelobt. Grund genug, um mit Markus Brunner über seine Arbeiten zu sprechen. Nach deinem Ende der sportlichen Karriere als Kranzschwinger (1993) begann nahtlos deine Zeit als Kampfrichter. Warum wurdest du Kampfrichter? Da jeder Schwingklub bemüht ist, genügend Kampfrichter in den eigenen Reihen zu haben, wurde mir nach meiner Zeit als Aktivschwinger «nahegelegt», mich in Zukunft als Kampfrichter zu betätigen. Nach ersten Einsätzen an Buebe- und Rangschwingfesten merkte ich, dass ich gerne als Kampfrichter auf dem Platz stand und mir das Amt Freude bereitet. So kam es, dass ich mit der Zeit auch an Kantonalschwingfesten, Innerschweizerischen oder auch Bergkranzfesten zu regelmässigen Einsätzen kam.

Am ESAF in Luzern 2004 war dein erster Einsatz an einem Eidgenössischen. Hast du noch bleibende Erinnerungen daran? Ich fühlte mich natürlich sehr geehrt, dass ich vom Schwyzer Kantonalen und Innerschweizer Schwingerverband als Eidgenössischer Kampfrichter gewählt wurde und es macht mich auch heute noch etwas stolz. Damals marschierten die Kampfrichter noch nicht zusammen mit den Schwingern in die Arena. Trotzdem war es sehr eindrücklich, als ich am Samstagmorgen meinen Platz am Kampfrichtertisch einnahm. Ich werde auch nicht mehr vergessen, wie uns am Sonntagabend nach seinem letzten Gang ein Schwyzer Schwinger fast angefleht hat, ihm doch für seinen Gestellten eine gute Note zu schreiben. Die gezeigte Arbeit war aber wirklich nicht mehr als die Minimalnote wert und diese wurde auch geschrieben. Am Schluss durfte ich ihm trotzdem zum Kranz gratulieren und sagte zu ihm: Jetzt hast du den Kranz sogar mit der korrekten Notengebung gewonnen. Seit 2011 bist du nun Kampfrichterchef im Schwyzer Verband. Was genau sind deine Aufgaben? Zusammen mit je einem Vertreter des Luzerner, Ob- und Nidwaldner, Urner sowie Zuger Kantonalverbandes habe ich Einsitz in der ISV Kampfrichterkommission. Diese wiederum ist der Eidgenössischen Kampfrichterkommission unterstellt. Nebst dem Organisieren des alljährlichen Kantonalen Kampfrichterkurses bin ich in meiner Funktion als Kampfrichterausbildner ebenfalls beim jährlichen ISV Kampfrichterkurs engagiert. Anliegen im Kampfrichterwesen, welche beispielsweise von einzelnen Kampfrichtern oder auch von Technischen Leitern kommen, werden von mir ebenfalls weitergeleitet. Ist die Kampfrichterschulung genügend strukturiert? Ich bin der Meinung, man sollte das Kampfrichterwesen und dessen Schulung nicht auf die Spitze treiben. Wenn man bald ein Trainingslager besuchen muss, um an einem grösseren Schwingfest im Einsatz zu stehen, ist das für mich der falsche Weg. Die Teambildung vor eidgenössischen Anlässen über die Teilverbände hinaus ist aber sicher sinnvoll und wird auch von den meisten Kampfrichtern geschätzt. Das wichtigste im Kampfrichterwesen ist und bleibt jedoch die Neutralität und Fairness auf allen Kampfrichterstufen.

Es gibt ja seit einigen Jahren eine Stufeneinteilung von 1 bis 4. Wie genau sieht dies aus? Wer erstmals als Kampfrichter im Einsatz steht, hat entweder schon mal selber aktiv geschwungen oder den Grundkurs für Kampfrichter besucht. In einer ersten Phase (Stufe 1) hat man seine Einsätze an Buebe- und Rangschwingfesten. Je nach Eignung kann es bereits nach zwei bis drei Jahren zum Einsatz an einem Kantonalen Kranzfest (Stufe 2) kommen. Macht man seine Arbeit gut und hat auch dementsprechend ein sicheres und selbstbewusstes Auftreten, ist als nächster Schritt der Einsatz an einem Teilverbands- oder Bergkranzfest (Stufe 3) möglich. Für den Einsatz an einem eidgenössischen Anlass (Stufe 4) empfiehlt man sich durch jahrelange und konstant gute und sichere Arbeit an Schwingfesten der Stufe 1–3.

Hat sich dieses System bewährt?

Ja, ich denke, dieses Vorgehen ist richtig. Nicht jeder Kampfrichter fühlt sich wohl an einem grösseren Schwingfest und will «nur» an Buebe- oder Rangschwingfesten kampfrichtern. Wer später einmal an einem Kantonalen, Innerschweizerischen, Berg-fest oder gar Eidgenössischen im Einsatz stehen will, muss bereit sein, über Jahre hinweg an zahlreichen Schwingfesten pro Saison seinen Job als Kampfrichter zu leisten. Kommuniziert der ESV die Schwingregeln gegenüber Schwingerfans und Medien auch genügend? Ich glaube schon, dass der ESV genügend kommuniziert. Nur ist es natürlich so, dass für die Berichterstattung der einzelnen Feste die jeweiligen Presseleute verantwortlich sind. Sie haben es grundsätzlich in der Hand, umstrittene Entscheide ins richtige Licht zu rücken. Das bedingt aber auch, dass sie sich ebenfalls laufend auf dem neuesten Stand des technischen Regulativs halten. Einem Schwinger wird ein Fehler schnell verziehen, einem Kampfrichter aber nicht. Warum, sind

nicht beides Menschen?

Wenn man sich dafür entscheidet, als Kampfrichter seinen Einsatz zu leisten, darf man nicht erwarten, dass einem nach dem Fest auf die Schulter geklopft wird. Fans und Sportler suchen vielfach einen Sündenbock, wenn die Leistung nicht dem entspricht, wie man sie gerne hätte. Beim Schwingen ist dies aber zum Glück noch nicht so ausgeprägt. Selbstverständlich macht jeder Kampfrichter mal einen Fehler, auch das gehört dazu. Wer etwas leistet, darf auch Fehler machen.

Und wie verhält sich ein Kampfrichter nach einem Fehlentscheid? Ein Tatsachenentscheid kann oftmals nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Wenn die drei zuständigen Kampfrichter einen Entscheid gefällt haben, gibts daran nichts mehr zu rütteln. Auch wenn er vermeintlich falsch ist. Ich persönlich habe in all meinen Jahren als Kampfrichter nie erlebt, dass auf Grund eines reklamierenden Schwingers oder sogar Zuschauers ein Resultat oder eine Notengebung anders gewertet wurde. Die Kampfrichter fällen ihre Entscheide nach bestem Wissen und innerhalb sehr kurzer Zeit. Von vielen Seiten wird ein VAR gefordert. Wie siehst du das? VAR braucht es im Schwingsport definitiv nicht. Es sind ja vor allem die Boulevardmedien oder besser gesagt deren Journalisten, die solche Ideen in Umlauf bringen. Wer mit diesem Sport aufgewachsen ist weiss, dass es immer wieder zu umstrittenen Szenen kommen kann. Dies gehört einfach zum Schwingsport und macht ihn auch deshalb so einzigartig. Jeder Aktivschwinger hat in seiner Karriere Situationen, wo Entscheide eher zu seinen Gunsten oder halt auch Ungunsten gefällt werden. Schützt der ESV seine Kampfrichter genügend? Ich glaube ganz so schlimm ist es nicht. Als Kampfrichter braucht es einfach die nötige Gelassenheit und das Wissen, dass man seinen Job beherrscht. Wie gesagt: Sensationsjournalisten oder auch allwissende Fans sind nicht wirklich die wahren Kenner der Schwingerszene. Auch beim Schwingsport wird digitalisiert, Notenblätter durch erlektronische Systeme ersetzt. Siehst du dies als Fluch oder Segen? Als technisch interessierter Mensch bin ich offen für solche Sachen und in der heutigen Zeit kann bald jeder ein Smartphone bedienen. Sei es der Erstklässler oder das 90-jährige Grosi. Alles Neue braucht eine gewisse Einführungszeit. Für den Kampfrichter wird es sicher keine Probleme geben, wenn er künftig die Resultate auf dem Tablet eintragen muss. Das Kampfrichterwesen im Kanton Schwyz sei kerngesund. Wie siehst du das? Grundsätzlich sind wir im Kanton Schwyz gut aufgestellt, was die Qualität und Anzahl der Kampfrichter anbelangt. Trotzdem sollte jeder Schwingklub bemüht sein, immer wieder neue Kampfrichter motivieren und rekrutieren zu können. Wie viele Kampfrichter gibt es aktuell in unserem Kanton? Im der Saison 2022 waren zirka 60 verschiedene Kampfrichter im Einsatz. Das heisst, jeder Schwyzer Schwingklub zählt im Schnitt 10 Kampfrichter in seinen Reihen.

Welche Eigenschaften sollte ein zukünftiger Kampfrichter mitbringen? Kampfrichter sollte ein Hobby sein und ein Hobby macht man bekanntlich aus Freude und Leidenschaft. Ein gesundes Selbstbewusstsein, Fachwissen und körperliche Fitness erleichtern natürlich die Aufgabe zusätzlich. Man muss gewillt sein, einiges an Freizeit zu investieren. Was für Ratschläge gibst du jungen Kampfrichtern, damit sie lange ihr Amt ausüben? Je besser man sein Handwerk beherrscht, desto weniger steht man in der Kritik. Mit Kritik muss man umgehen können, man darf sie aber auch nicht zu persönlich nehmen. Als Kampfrichter fällt man nie alleine einen Entscheid, sondern immer im 3er-Team. Die Harmonie und Fairness dieses 3er-Teams ist deshalb wichtig. Und zum Schluss: Die Kampfrichter haben mit ihrem Entscheid immer recht, auch wenn sie einmal nicht recht haben sollten.

Der Küssnachter Markus Brunner ist im Schwyzer Kantonalvorstand als Aktuar und Kampfrichterchef tätig. Zugleich ist er Präsident des Schwingklubs Küssnacht am Rigi.

Foto: zvg

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