Wendy Holdener definitiv an Weltspitze zurück


Die 29-jährige Slalomspezialistin aus Unteriberg begeisterte im zweiten Lauf vom Sonntag und musste einmal mehr nur Mikaela Shiffrin den Vortritt lassen. Mit einem fünften und zweiten Platz startete Wendy Holdener in die neue Saison.
KONRAD SCHULER
Längst möchten es ihr alle gönnen, einen Slalomsieg im Welt-cup. Am Sonntag war sie gefühlt so nahe dran wie selten oder überhaupt noch nie. Mit einem Traumlauf stiess sie im zweiten Lauf von Rang fünf auf Rang zwei vor. Viele glaubten nach ihrer klaren Bestzeit im Ziel, dass es doch dieses Mal reichen müsste. Aber es sollte zum x-ten Male nicht sein. Wiederum fuhr mit Mikaela Shiffrin die weltbeste Slalomfahrerin aller Zeiten noch eine Spur bes-ser und holte ihren 76. Weltcupsieg. Es war für die US-Amerikanerin der sechste Sieg in einem Levi-Slalom.
Gefühlt war es die beste Wendy Holdener, die die Fernsehzuschauerinnen und -zuschauer im zweiten Lauf von Levi zu sehen bekamen. Sicherlich aber war es einer ihrer besten Läufe der ganzen Karriere.
Zum 30. Male stand die Unteribergerin am Sonntag auf dem Weltcup-Slalompodest. Je 15 mal reichte es zu Rang zwei und Rang drei. Bei den 15 zweiten Plätzen stand ihr nicht weniger als elfmal Mikaela Shiffrin vor der Sonne, davon auch dreimal mittlerweile in Levi. Solide gestartet am Samstag
Vor dem letzten Wochenende war Wendy Holdener in Levi zweimal Zweite und einmal Dritte. Achtmal platzierte sie sich bis-her unter den Top Ten.
Am letzten Wochenende ka-men mit den Rängen zwei und fünf der vierte Podestplatz und der zehnte Top-Ten-Rang in Lappland dazu.
«Ehrlich gesagt ist die Vorfreude auf die Rennen sehr gross. Ich bin motiviert. Ich hatte mehr Trainings als in den letzten Wintern. Es ist super hier», führte sie vor den beiden Slaloms aus. Im ersten Lauf fuhr Wendy Holdener am Samstag mit der Startnummer zwei auf den feinen fünften Platz. Ihr Rückstand auf die Führende, die deutsche Lena Dürr, betrug 0,61 Sekunden. «Im Flachen fühlte ich mich nicht so schnell, es ging recht einfach. Im Steilhang hatte ich Zeit zum Denken, das ist bei mir immer speziell, da weiss ich nie so genau, wie ich das einzuordnen habe. Es fühlte sich jedenfalls sauber an. Es war gut, aber ein bisschen zu wenig», sagte sie ins SRF-Mikrofon.
Im zweiten Lauf fuhr die Unteribergerin erneut die fünftbeste Laufzeit. Sie verlor auf die Schnellste, die US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin, deren 0,73 Sekunden. Das reichte hinter Mikaela Shiffrin, der Schwedin Anna Swenn-Larsson, der Slowakin Petra Vlhova und Lena Dürr für Gesamtrang fünf mit 0,79 Sekunden Rückstand. «Dieser fünfte Rang ist genau das, was ich gefahren bin. Ich habe an gewissen Orten noch spatzig und probiere es am Sonntag noch zu verbessern. Erhofft habe ich ein wenig mehr», sagte sie nach dem zufriedenstellenden Saisonbeginn.
Traumlauf am Sonntagnachmittag Sie habe es sehr geschätzt, dass sie in einer kleinen Gruppe mit Michelle Gisin und Camille Rast habe trainieren können. «Ich trainiere gerne individuell und habe gerne Ruhe in der Gruppe», führte sie vor dem Rennen am Sonntag aus.
Mit der Startnummer 1 leg-te sie einen soliden ersten Lauf hin. Bei 57,07 Sekunden blieben die Uhren stehen. Schneller kamen nur Mikaela Shiffrin mit 56,86 Sekunden, Lena Dürr mit 56,93 Sekunden und Petra Vlhova mit 56,96 Sekunden ins Ziel. Wendy Holdener verlor also als Vierte nur 21 Hundertstel auf die Vortagessiegerin Mikaela Shiffrin. «Ich bin oben sehr gut gestartet. Es wurde mir gar etwas zu schnell. Vor dem Ziel hatte ich einen kleinen Fehler. Der Ski hatte gerattert und ich hatte zu wenig Zug», analysierte sie. Für den zweiten Lauf war aber unter den besten vier Fahrerinnen alles möglich.
Wendy Holdener zauberte im zweiten Lauf vom Sonntagnachmittag ihre hohen Ambitionen im Beisein ihrer Eltern und mehreren Fans vor Ort in die prächtige Winterlandschaft in Lapland. Sie pulverisierte die bisherigen Bestzeiten von oben bis unten und übernahm nach einem Traumlauf die Führung mit 1,14 Sekunden vor der bisherigen Leaderin, der Schwedin Sara Hector.
Die letztjährige Slalomdominatorin, die Slowakin Petra Vlhova, verlor auf Holdener insgesamt 0,4 Sekunden. Lena Dürr blieb total 0,69 Sekunden hinter der Schweizerin. Nun kam es zum x-ten Male zum Showdown zwischen Holdener und Shiffrin. Man konnte es kaum glauben, aber wieder legte Shiffrin nochmals einen Zacken zu und war in der Endabrechnung 0,28 Sekunden schneller als Holdener. Es sollte einfach wieder nicht sein. Selbst Mikaela Shiffrin attestierte, dass bei ihrem sechsten Levi- Slalomsieg «auch ein wenig Glück» dabei gewesen sei.
Mit diesem Traumlauf und dem zweiten Platz in Levi begeisterte Wendy Holdener die Skifans, sorgte für viele Freudentränen am Saisonanfang und lässt für die Fortsetzung im WM-Winter die Skifans träumen.
«Lauf war nahezu perfekt»
Wendy Holdener akzeptierte das Verdikt überaus sportlich. «Es hat Spass gemacht, so viel Action, so pushen zu können. Es ist so richtig schön, das erleben zu dürfen. Ich war vor dem Start zum zweiten Lauf etwas müde und habe alle Energien gesammelt mit diesem wunderschönen Wetter», sprudelte es aus ihr heraus.
«Der Lauf war nahezu perfekt, ich hätte an ein bis zwei Orten noch mehr Perfektionistin spielen können. Nachdem Petra Vlhova und Lena Dürr im Ziel waren, wusste ich, dass die Chance besteht zu gewinnen, sicher aber war ich mir nicht», sagte die gefasste Unteribergerin. Sie habe sich am Samstagabend gesagt, dass sie zwei Sachen noch ändern wolle am Sonntag: die Ausfahrt besser erwischen und auch ein wenig mehr auf Zug fahren. Das habe sie geschafft. «Ich bin happy!», so das Fazit von Wendy Holdener.
Nach zwei gefahrenen Slaloms führt Mikaela Shiffrin mit 200 Punkten die Slalomwertung an. Wendy Holdener ist mit 125 Punkten auf Rang zwei, Petra Vlhova mit 100 Punkten auf Rang drei, Lena Dürr auf Rang vier mit 100 Zählern.
Letztes Jahr hiess es in der Endabrechnung: 1. Petra Vlhova, 770 Punkte, 2. Mikaela Shiffrin, 501 Punkte, 3. Lena Dürr, 437 Punkte, 4. Katharina Liensberger, 392 Punkte, und 5. Wendy Holdener, 357 Punkte.
Die Hierarchie scheint also weitestgehend geblieben zu sein. Auffallend aber war in den ersten zwei Slaloms, dass weitere Fahrerinnen zumindest zur erweiterten Spitze dazugekommen sind. Es ist ein äusserst spannender Slalomwinter zu erwarten. Siehe Resultate.
Die Unteribergerin Wendy Holdener freut sich sichtlich nach einem nahezu perfekten zweiten Lauf.
Im Interview mit SRF zeigte sie sich äusserst zufrieden. Fotos: Screenshot SRF