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Ein guter Ort für Solarenergie

Ein guter Ort für Solarenergie Ein guter Ort für Solarenergie

Dank lokaler Kraftwerke soll die Produktion von nachhaltiger Energie neuen Schub erhalten

Gemeinsam statt alleine: Die Wirtschaftlichkeit der Solarenergie lässt sich mit Verbünden erheblich steigern. Die FDP Einsiedeln ist davon überzeugt und lädt zu einem Informationsabend ein.

VICTOR KÄLIN

In Sachen Energieproduktion trifft man vermehrt auf die Abkürzung ZEV. Was ist damit gemeint?

ZEV ist die Abkürzung für «Zusammenschluss zum Eigenverbrauch ». Nun, diese Worte helfen dem Laien auch nicht weiter. In unserem Organisationskomitee haben wir daher den Namen «Zusammenschluss zum lokalen Kraftwerk» gewählt. Durch die Gesetzesänderung im Jahr 2018 können sich Private, Firmen oder Immobilienbesitzer zusammentun und ein lokales Kraftwerk erstellen; dies ohne den bisherigen Strom-Netzbetreiber.

Was ist unter einem Kraftwerk zu verstehen? Der ZEV wird meist im Zusammenhang mit Solarstrom verwendet. Die Gesetzgebung ist aber zur Art der Stromerzeugung neutral formuliert. Ein Verbund könnte also auch mit Windstrom, Strom aus einem Wärmekraftwerk mit einer Kraft-Koppelung, aus einem Wasserkraftwerk oder sogar aus einem Gaskraftwerk kommen. Die treibende Kraft für einen Zusammenschluss ist die höhere Wirtschaftlichkeit der Produktion beziehungsweise der Nutzung des Stroms. Was sind die Vorteile eines solchen Verbunds – im Gegensatz etwa zu einer isolierten Photovoltaikanlage auf dem Hausdach?

Vor zwei Jahren habe ich selbst ein Solarprojekt auf meiner Garage in Einsiedeln evaluiert. Trotz den heutigen Einmalvergütungen hätte sich die Anlage erst nach etwa 30 Betriebsjahren gelohnt. Der Grund dafür ist, dass ich untertags wenig Strom brauche und somit den Solarstrom zu relativ schlechten Preisen ins Stromnetz hätte einspeisen müssen. Mit einer Batterie wäre die Bilanz noch schlechter geworden.

Wenn ich mich an einem ZEV beteiligen kann, dann lassen sich grössere Projekte mit entsprechend günstigeren Kosten beziehungsweise Strompreisen realisieren. Mit mehr Strombezügern lässt sich auch der Eigenverbrauch und damit die Rentabilität der Anlage weiter steigern. Der Hauptvorteil liegt schlicht in den geringeren Kosten über alle Beteiligten hinweggesehen und somit der rascheren Amortisation der Investition.

Was ist an einem solchen Zusammenschluss derart kompliziert, dass die FDP Einsiedeln gar eine öffentliche Informationsveranstaltung durchführt? Vom Grundprinzip her ist ein ZEV einfach. Einfamilienhäuser, Häuser mit Mietwohnungen, Gewerbe, Industrie oder ein Bauernhof, welche angrenzende Grundstücke haben, schliessen sich zu einem Verbund zusammen. Der ZEV ist noch wenig bekannt. Infoveranstaltungen dazu waren ganztägige Ausbildungsseminare für Elektro-Spezialisten, Solar- Planer und Architekten. Und ja, ein ZEV ist nicht ohne Hürden.

Die FDP will nun die Möglichkeit des ZEV dem breiten Publikum in verständlicher Form bekannt machen. Am Anlass sollen alle Energie-Interessierten teilnehmen können. Klar wird ein ZEV meist von einem Immobilienbesitzer oder einer Firma organisiert. Wenn aber ein Miethaus im Zusammenschluss beteiligt wird, dann sind auch die daran beteiligten Mieter involviert und müssen vom Projekt überzeugt werden.

Wir werden am Anlass auch gewisse Aspekte der Komplexität beleuchten können und, so hoffe ich, den Anstoss für grössere Projekte im ganzen Kanton Schwyz geben.

Der ZEV ist ein wichtiges Mittel, um schneller grössere Mengen an kostengünstiger und nachhaltiger Energie bereitzustellen, was die gewünschte Energiewende beschleunigen wird.

Sie sind Geschäftsführer und kennen Einsiedeln: Sehen Sie Möglichkeiten, Orte, benachbarte Gebäude …, wo sich ein ZEV nicht nur lohnen, sondern geradezu aufdrängen würde? Einsiedeln ist ein guter Ort für Solarenergie, da wir im Winter wenig Nebel haben und bei freien Solarpanels mit Schneere_exion ein hoher Wirkungsgrad erzielt werden kann. In Einsiedeln gibt es grosse Dach_ächen, welche noch ungenutzt dastehen. Aufgrund der drohenden Stromknappheit schiessen die Solarprojekte wie Pilze aus dem Boden.

Eine grosse Solaranlage von über 100’000 kWh/Jahr kann problemlos einen Strompreis von 15 Rappen/KWh oder tiefer erreichen. Der aktuelle Strompreis im Spotmarkt beträgt 50 bis 100 Rappen/KWh. Die Stromhändler rechnen aktuell mit einem durchschnittlichen Marktpreis von 20 bis 30 Rappen/ KWh über die kommenden drei Jahre.

Mit der Sport-Country AG und der Schefer Bäckerei haben im Juni dieses Jahres zwei Einsiedler Unternehmen ihren Energieverbund in Betrieb genommen (EA 62/22). Christian Maag wird den ZEV der eigens gegründeten Solar Süd AG am FDP-Anlass präsentieren. Was zeichnet diesen Energieverbund aus?

Dieses Projekt ist ein prima Vorzeigebeispiel. Den ZEV-Info-Anlass vom 27. Oktober hatten wir bereits vor der Publikation im EA 62/22 geplant. Wir waren natürlich glücklich über den Zeitungsartikel und freuten uns über die Zusage von Christian Maag und Rafael Schefer, ihr Beispiel an unserem Anlass zu präsentieren. Sie sind Geschäftsführer der Astortec AG. Wie sieht es in Ihrem Betrieb aus mit der Eigenproduktion von Strom? Das ist eine berechtigte Frage. Ich predige hier für nachhaltige Stromproduktion und selbst sind wir ein grosser Verbraucher von möglichst günstigem Mix-Strom. Am Standort Kobiboden produzieren wir schon seit über zwölf Jahren Solarstrom. Ich denke, wir waren damals einer der ersten grösseren Solaranlagen in der Region. Der Anteil von Solarstrom am gesamten Stromverbrauch der Astortec ist aktuell bei knapp 20 Prozent.

Am Standort der Astortec AG an der Zürichstrasse werden wir einen ZEV mit unseren Nachbarn besprechen. Wir sind in der Evaluationsphase dazu. Der weitere Ausbau der Eigenproduktion von Strom ist ein dringliches Thema für uns. Wie schnell sich die Pläne umsetzen lassen, ist eine andere Frage.

Lohnt sich ein Energieverbund via ZEV auch für Einfamilienhäuser – oder ist der Energiebedarf schlichtweg zu klein? Ich habe da selbst keine Erfahrung. Ich denke, bei Neubauten sollte diese Möglichkeit in Betracht gezogen werden, speziell wenn nebenan Verbraucher sind, welche allfällig überschüssige Energie abnehmen können. Die Problematik bei Einfamilienhäusern sehe ich eher auf der persönlichen Schiene. Wenn man tolerante Nachbarn hat, dann wird ein ZEV klappen. Es ist wie in Strassen- oder Stockwerkeigentümer- Gemeinschaften; nicht alle arbeiten harmonisch zusammen.

Ein ZEV macht aber auch in einem Mietshaus oder einem Haus mit Eigentumswohnungen Sinn. Wenn auf einem solchen Haus Solarstrom produziert wird, dann kann man mit einem ZEV die Stromabnahme sauber regeln.

Am Informationsanlass «Zusammenschluss zum lokalen Kraftwerk » nimmt Nationalrätin Petra Gössi unter dem Titel «Energiewende aus Sicht der Schweiz» auch eine politische Einordnung vor. Woher kommt das Interesse der FDP an einer nachhaltigen Energieproduktion?

Die FDP war immer an nachhaltiger Energie interessiert, ganz unter dem Aspekt des Fortschritts. Die FDP fühlte sich aber auch dem ökonomischen Aspekt verp_ichtet. Was nützt es, wenn ich in einem Industriebetrieb den Strom vollständig aus Solar- oder Windenergie produziere, dabei aber ein Vielfaches dafür zahle und dann den Betrieb aus Kostengründen schliessen muss? Dies war bis vor 3 Jahren leider noch der Fall. In Europa wurde im grossen Stil günstige Kohle und Gas verstromt.

Da CO2 heute einen (hohen) Preis und die weltpolitische Lage unsere Abhängigkeiten brutal aufgedeckt hat, sind die politischen Rahmenbedingungen für nachhaltige Energie klar gegeben. Die FDP setzt sich für nachhaltige Umwelt und Energie im Sinne von Wirtschaftlichkeit und Efzienz ein. Der Zusammenschluss für den Eigenverbrauch bildet diese Werte ideal ab. In der Einladung schreiben Sie: «Die Energiewende gelingt, wenn sich Firmen, das Gewerbe und Hauseigentümer in solchen Verbünden zusammenschliessen und gemeinsam in rentable Energieproduktion investieren.» Können Sie diese Aussage konkretisieren?

Das ist eine schwierige Frage, die ich nicht mit harten Zahlen beantworten kann. Wenn wir die Energiestrategie 2050 des Bundes betrachten, dann wird es einen Energie-Mix brauchen, das heisst auch Holz, Wind, Biogas, synthetische Gase, Wasserstoff kommen dazu. Wenn wir alle auf Elektro-Autos umstellen und mit Wärmepumpen heizen wollen, dann brauchen wir unweigerlich mehr Strom. Weiter sind auch Speicher-Möglichkeiten im Kleinen und Grossen zu realisieren, damit wir den Strom vom Tag in die Nacht und vom Sommer in den Winter mitnehmen können.

Mit ZEV an guten Standorten lässt sich schneller mehr günstige Energie nanzieren. Bei meinem Klein-Solarprojekt auf der Garage zu Hause könnte ich meinen Jahres-Strombedarf von 10’000 KWh decken; dies für rund 50’000 Franken, und ohne Batterie nur tagsüber. Das gleiche Geld in einem grösseren ZEV investiert wird ein Mehrfaches an Strommenge und somit viel tiefere Kosten bringen. Und was ich sonst noch sagen wollte … Wir sind in speziellen Zeiten mit grossen Herausforderungen. Wir werden Lösungen nden, wenn wir offen für neue Wege bleiben und die anstehenden Probleme gemeinsam anpacken.

Öffentlicher Informationsabend der FDP Einsiedeln «Zusammenschluss zum lokalen Kraftwerk», Kultur und Kongresszentrum Zwei Raben. Donnerstag, 27. Oktober, 19.30 Uhr. Eintritt kostenlos, keine Anmeldung nötig

Roland Leimbacher

• Name: Roland Leimbacher

• Wohnort: Einsiedeln

• Jahrgang: 1963

• Funktion in der Partei FDP: Mitglied der Parteileitung

• Beruf / Tätigkeit: Chemiker, Geschäftsführer Astortec AG

«In speziellen Zeiten muss man offen sein für neue Wege»: Roland Leimbacher. Foto: zvg

Geglücktes Beispiel eines nachbarlichen Zusammenwirkens: Zwei Dächer und eine Anlage. Im Vordergrund die Dachlandschaft der Bäckerei Schefer, hinten jene der Sport Country.

Foto: Archiv EA

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