Kanton ist gewarnt: Zahl der Migranten soll stark ansteigen
Das Staatssekretariat für Migration SEM sieht einen erheblichen Anstieg regulärer Asylgesuche voraus. Allenfalls müssten ab Mitte November Gesuchssteller sogar wieder direkt an die Kantone verteilt werden.
MARTIN RISCH
Dringend gesucht: Wohnraum für Schutzsuchende! Das gilt aktuell auch in den Schwyzer Gemeinden und es dürfte noch dringender werden. Das Staatssekretariat für Migration SEM hat seine Asyl-Prognosen nach oben korrigiert: Erst war man schweizweit von 16’500 Personen fürs laufende Jahr ausgegangen, nun sind es 19’500 neue Gesuche. Weiter hält das SEM an seiner Prognose fest, wonach bis Ende Jahr mit 80’000 bis 85’000 Gesuchen insgesamt zu rechnen ist. Es sei deshalb nicht ausgeschlossen, dass Mitte November der Notfallartikel ausgerufen werden müsse, bei dem Schutzsuchende direkt an die Kantone verteilt würden, weil die Bundeslager voll sind. Das Wahrscheinlichkeitsrisiko liege bei 50/50, wie aus einem Schreiben an die Gemeinden hervorgeht. Unbegleitet und minderjährig
Gemäss Tenor der Medien versucht Russland seine aktuelle militärische Schwäche mittels gezielter Sabotage und Anschlägen auszugleichen. Ziel sei es, die ukrainische Bevölkerung zu demoralisieren und sie in die Flucht nach Westen zu bewegen. Kommt hinzu: «Noch ist unklar, wie sich die Teilmobilmachung auf die Asylzahlen auswirken wird», schreibt Fiona Elze, Leiterin der Schwyzer Abteilung Asyl- und Flüchtlingswesen. Man gehe von mehreren Hunderttausend Russen aus, die das Land verlassen haben sollen.
Aktuell sind die Zahlen der ukrainischen Schutzsuchenden relativ stabil. Was die kantonalen Strukturen zunehmend belastet, sei der starke Anstieg bei den unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden, wie das Amt festhält. Der Platz für die Unterbringung ist beschränkt. Man hat zwar Zusatzunterkünfte (St. Josefsdörfli und Ibach) und auch das temporäre Angebot in Seewen steht seit Mitte September. Dort werden Schutzsuchende in einem Indoor-Zeltdorf in der ehemaligen Halle eines Grossverteilers untergebracht. Aktuell warten dort rund 30 Personen, bis eine passende Wohnung für sie gefunden wird. Der Kanton sucht denn auch weiter nach Unterbringungsmöglichkeiten: «Wir bitten alle Gemeinden, sollten sie Kenntnisse über eine Liegenschaft mit mehr als 80 Betten haben, diese uns zu melden», betont Abteilungsleiterin Fiona Elze. Wie wird kommunal verteilt?
Erst vor wenigen Tagen hatte die Schwyzer Regierung in ihrer Antwort auf eine Interpellation festgehalten: «Das Amt für Migration ist nicht nur um einen steten Ausgleich und eine faire Lastenteilung bemüht, sondern auch um die Harmonisierung und Professionalisierung der Asylsozialhilfe in den Gemeinden. » Der Verteilschlüssel hatte zu Fragen geführt und für Unmut gesorgt. «Wir sind uns bewusst, dass für Kanton und Gemeinden die Unterbringung gleichermassen eine enorme Herausforderung ist», heisst es im erwähnten Schreiben dazu. Noch vier Gemeinden auf Rot
Der Kanton verfolge nach wie vor die bevölkerungsproportionale Verteilung und operiere mit einem Ampelsystem. «Die Anzahl Gemeinden, welche auf Rot gesetzt wurden (sehr hohe prozentuale Abweichung), konnte mittlerweile auf vier Gemeinden gesenkt werden. Es handelt sich um eine Gemeinde im inneren Kantonsteil und drei Gemeinden im äusseren Kantonsteil, mit denen wir in Kontakt sind.» Die Abteilungsleiterin Elze betont sodann, dass für Gemeinden das Fehlen von Wohnraum «kein Grund ist für eine Nicht-Aufnahme ». Dies auch im Sinne jener Gemeinden, die rechtzeitig für nachhaltige Lösungen für die Unterbringung von Schutzsuchenden gesorgt hätten. Das weitere Vorgehen wird den Gemeindebehörden denn auch klar kommuniziert: Das Amt für Migration will aktuell alle Gemeinden auf 80 Prozent des Verteilschlüssels einpendeln. «Dies ha-ben wir demnächst erreicht. Von da an werden wir die Ampel neu ausrichten und alle über 20 Prozent im Minus auf Rot setzen.» Jenen Gemeinden, die das Soll schon erfüllt oder überfüllt ha-ben, versichert das Migrationsamt, «dass wir im Rahmen des Möglichen alles unternehmen, um einen möglichst fairen Lastenausgleich sicherzustellen».