Bezirk zerzaust Einsprachen
Der Einsiedler Bezirksrat nimmt Stellung zu den Einsprachen gegen die Baubewilligung für den Platz im Platz
Die Fachstelle «Hindernisfreie Architektur» und die Selbsthilfeorganisation «Procap Schweiz» sowie zwei Privatpersonen haben gegen die Neugestaltung des Hauptplatzes (Platz im Platz) Einsprachen eingereicht. Sämtliche Beschwerden seien vollumfänglich abzuweisen, findet der Bezirksrat Einsiedeln.
MAGNUS LEIBUNDGUT
Der Bezirksrat Einsiedeln hat im Juli die Baubewilligung für die Neugestaltung des Hauptplatzes (Platz im Platz) erteilt und gleichzeitig die Einsprachen abgewiesen. Daraus auf einen baldigen Baustart zu schliessen, erweist sich drei Monate später allerdings als Trugschluss: Die unterlegenen Einsprecher haben gegen die Bewilligung Beschwerde beim Schwyzer Regierungsrat erhoben.
Bekannt ist bereits, dass der Regierungsrat aufgrund seiner Vorbefassung in der Sache entschieden hat, die Beschwerden als so genannte Sprungbeschwerden direkt dem Schwyzer Verwaltungsgericht zur Beurteilung zu überweisen.
Im Rahmen der Vernehmlassung äussert sich nun der Bezirk Einsiedeln zu den Beschwerden: «Die Bodenflächen sind eben, und die Beläge sind in der vorgesehenen Gestaltung und Beschaffenheit befahrbar, begehbar und gleitsicher.» Es drohe eine Rutschpartie
Darauf hinzuweisen sei, dass Gehflächen zu und um die Arkaden sowie zum Marienbrunnen in objektiver Hinsicht keine «Hauptwege» darstellen würden und eine Natursteinpflästerung – gerade in historischen Ortskernen – grundsätzlich möglich und auch zulässig sei.
Es bleibe unerfindlich, inwiefern der Platz mit einem Rollstuhl nicht befahrbar sein soll. «Es werden offensichtlich übersteigerte und unverhältnismässige Anforderungen verlangt», heisst es in der Stellungnahme seitens des Bezirksrats Einsiedeln.
Es werde verkannt, dass der Platz im Platz in sich auch ein natürliches Gefälle aufweise und gar nicht eben ausgeführt werden könne. Würde die Ausführung im Sinne der Beschwerdeführerin gemacht, drohe für alle übrigen Nutzerinnen und Nutzer des Platzes aufgrund der Abschleifung und Vermörtelung sämtlicher Steine eine Rutschpartie sondergleichen. «Derlei ist weder für alle übrigen 99 Prozent der Nutzer noch für Bezirk und Kloster als verantwortliche und haftbare Grundeigentümer zumutbar und tragbar», betont der Bezirksrat.
Bedenken seien haltlos Die Schlussfolgerung von einer wichtigen katholischen Pilgerstätte auf einen ganzflächigen, ebenen Belag sei in der geäusserten Absolutheit völlig willkürlich und beinhalte keinerlei Interessenabwägung und keinerlei Rücksichtnahme auf Aspekte des Denkmalschutzes.
Die Behauptung eines «überproportionalen Anteils an älteren und behinderten Personen» auf dem Platz im Platz sei sodann weder näher belegt noch entspreche sie den Tatsachen, wie ein unangekündigter, spontaner Augenschein jederzeit zu belegen vermöge.
«Die geäusserten praktischen Bedenken sind haltlos», moniert der Bezirksrat: «Sollten Veranstaltungen auf dem Platz im Platz stattfinden und die barrierefreien Wege wider Erwarten nicht zur Verfügung stehen, lassen sich temporäre Mattenwege legen.» Die Behauptung der Beschwerdeführerin sei zudem offensichtlich falsch, wenn nur von einem Zugang zum Marienbrunnen gesprochen werde, denn sämtliche Arkadengänge würden eine gemörtelte/gebundene Geh- und Fahrfläche aufweisen. Die Ansprüche seien überrissen.
Bezirksrat moniert «Mängel des Verfahrens» «Mit Verfügung eines Baustopps vom 18. September 2019 wurde dem Bezirk Einsiedeln die von der Beschwerdeführerin in der Baubewilligung vom 30. Mai 2018 vorgesehene Pflästerung des Platzes im Platz untersagt », ist der Stellungnahme zu entnehmen: «Nach Vorliegen des Gutachtens der ENHK/EDK sah sich der Bezirk gezwungen, die Einwände zu akzeptieren und in der Folge in einen Vergleich mit dem Schwyzer Regierungsrat einzuwilligen.» Die vertretene Rechtsauffassung, wonach nun wieder der gesamte Klosterplatz und das Gesamtprojekt im vorliegenden Verfahren Streitgegenstand sein soll, sei sowohl irrig als auch unrealistisch, weil bereits realisiert. «Anfechtungsobjekt ist der Platz im Platz, dessen Ausführung und Gestaltung», gibt der Bezirksrat zu bedenken: «Darum kann nicht von einer Errichtung oder einer wesentlichen Erweiterung die Rede sein.» Es sei zu präzisieren, dass Bauten und Anlagen für Menschen mit Behinderungen die Anforderungen des Bundesrechts zu erfüllen haben. Die von der Beschwerdeführerin zitierten Normen würden kein Bundesrecht darstellen.
«Vorwürfe zielen ins Leere»
Die Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach die gesamte Fläche des Platzes im Platz einen «Hauptweg» darstellen soll, sei falsch: Aus dessen Ausführung und Gestaltung gehe in aller Klarheit hervor, dass zwischen Hauptwegen und übrigen Flächen unterschieden werde.
Es gebe keine Gründe, um von diesem Gutachten abzuweichen. «Es sind weder Irrtümer, noch Lücken oder Widersprüche darin enthalten – und dieses ist in sich schlüssig», hält der Bezirksrat fest: «Die Vorwürfe der Beschwerdeführerin sind vielmehr pauschal, oberflächlich und zielen ins Leere, soweit sie überhaupt von Relevanz sind.» Es gebe keine vernünftigen Gründe um an einer jahrhundertealten Pflästerung mindestens seit dem Jahr 1830 zu zweifeln. Das Gutachten sei schlüssig
«Die Beschwerdeführer verkennen die Auseinandersetzung der Gutachter ENHK/EDK auch mit ihren Anliegen und deren gewonnenen Erkenntnis, dass die Ausführungsvariante im Interesse der Barrierefreiheit mit den Anliegen des Natur- und Heimatschutzes sowie der Denkmalpflege als vereinbar betrachtet wird», konstatiert der Bezirksrat Einsiedeln: «Die von den Beschwerdeführern gemachten Ausführungen entspringen einer persönlichen Haltung und sind mehr Nörgelei, denn ein Aufzeigen von Irrtümern, Lücken oder Widersprüchen.» Das Gutachten ENHK/EDK sei in sich schlüssig, und es würden keine triftigen Gründe für ein Abweichen von demselben vorliegen.
Nichtsdestotrotz habe auch die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe eine Natursteinpflästerung als geeignet erachtet: Sie habe die Gestaltungs- und Ausführungsvariante selbst als «Kompromisslösung zwischen Denkmalschutz und Hindernisfreiheit » taxiert.
Platz im Platz für Menschen mit Behinderungen sei begehbar
Entgegen der Ansicht vorab der Beschwerdeführer bestehe für Menschen mit Behinderungen im Sinne des Gesagten sowohl qualitativ als auch quantitativ mehr und einfacherer Bewegungsspielraum als vor der Erneuerung des Klosterplatzes.
«Es geht um das vorliegende, konkrete Projekt, das von der ENHK/EDK begutachtet wurde – und nicht um ein internationales Benchmarking», führt der Bezirksrat aus: «Es gibt auch genug internationale Beispiele von grossen gepflästerten Plätzen, auf denen gar keine barrierefreien Wege bestehen. Insofern hinkt ein Vergleich.» Fakt sei, dass sich sämtliche Beschwerdeführer nicht ernsthaft mit dem Gutachten ENHK/ EDK auseinandergesetzt hätten, obwohl ihnen dieses bekannt war», fasst der Bezirksrat zusammen: «Für sie standen nur die Anliegen des Behindertengleichstellungsgesetzes in einer reinen, absoluten Form – ohne jegliche Abstriche – im Fokus. In der von der Vorinstanz bewilligten Ausführung ist der Platz im Platz für Menschen mit Behinderungen sowohl begeh- als auch befahrbar.»
Das zentrale Element der Klosterplatzsanierung, der Platz im Platz um den Marienbrunnen, wartet schon länger auf seine Vollendung. Foto: Magnus Leibundgut
Der Brunnen und die Gasthöfe in Einsiedeln: Aquatinta um das Jahr 1830 von Johann Baptist lsenring (1796–1860) mit erkennbarer Pflästerung des Hauptplatzes.
Quelle: OECHSUN/BusCHow OECHSUN, Kunstdenkmäler des Kantons Schwyz