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Erziehen heisst vorleben

Erziehen heisst vorleben Erziehen heisst vorleben

SEITENBLICK: LEBEN UND LERNEN

MICHAEL BERGER

Nichts beeinflusst Kinder stärker als die Familie und das engste Umfeld. Nach heutiger Forschung weiss man, dass die Prägung durch die Familie in den ersten Lebensjahren deutlich stärker ist als die genetische Veranlagung. Von den nächsten Personen, egal ob Eltern, Grosseltern oder auch der Kinderbetreuung, lernen Kinder vieles, was sie ein Leben lang begleitet. Es geht dabei um Werte, Verhaltensweisen, aber auch darum, wie man mit Gefühlen umgeht.

Wir kennen ja alle die üblichen Floskeln wie «Indianer kennen keinen Schmerz», was oft bei Jungs gesagt wird, welche irgendwo Schmerzen haben. Bei erwachsenen Männern heisst es hingegen, dass auch Männer Gefühle zeigen dürfen … Bei den Mädchen höre ich oft, dass man sie für ihr Äusseres lobt. «Ach bist du hübsch» oder «du hast dich aber chic gemacht», sind so die Klassiker. Sind diese Mädchen jedoch erwachsen, verstehen wir nicht, weshalb sie so viel Wert auf ihre Erscheinung legen und empfehlen ihnen, sich auf die inneren Werte zu konzentrieren.

Eine Vielzahl an Werten

Mit den Werten geht es noch weiter, doch welche gibt es und welche gilt es zu beachten? Es gibt eine Vielzahl an Werten, die man weitergeben kann. Dabei geht es um Dinge wie Verlässlichkeit. Erlebt ein Kind, dass auf seine Mitmenschen Verlass ist, so gibt ihm das Sicherheit und ermöglicht eine angstfreies Aufwachsen. Genauso verhält es sich mit gegenseitigem Respekt, Ehrlichkeit und Vertrauen. Gehen die Menschen im Umfeld des Kindes respektvoll miteinander um, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch das Kind einmal einen respektvollen Umgang pflegen wird. Dasselbe gilt für die Ehrlichkeit. Wie soll ein Kind den Wert von Ehrlichkeit lernen, wenn es diese nicht erlebt hat? Wünschen Sie sich also ein ehrliches Kind, seien Sie ehrlich zu Ihrem Kind. Wie bei allem in der Erziehung nehmen Kinder das mit, was sie sehen, erleben und zu spüren bekommen. Das, was wir sagen, wird vielleicht gehört, aber verinnerlicht wird es nicht.

Erziehen heisst vorleben

Hiermit bekommen Sie, aber auch alle anderen Personen in Ihrem Umfeld, eine ganz entscheidende Rolle. Leben Sie vor, was Sie sich von den Kindern wünschen. Wie Oswald Bumke mal treffend, sagte: «Erziehen heisst vorleben. Alles andere ist höchstens Dressur.» Das klingt nun etwas hart, aber aus meiner Sicht trifft er es ziemlich gut mit dieser Aussage und genau hier liegt die Schwierigkeit in der Erziehung. Sich selbst an die Regeln zu halten, die man gerne von den Kindern gelebt hätte, ist oftmals schwer. Erklären Sie mal rauchend und Bier trinkend einem Jugendlichen, weshalb es für ihn ungesund ist, mit Rauchen und Biertrinken zu beginnen. Genau gleich verhält es sich mit dem Medienkonsum, der Bewegung und allen anderen Bereichen des Lebens. Selber scheitern wir oft an unseren Ansprüchen, auch an denen, die unsere Eltern an uns hatten, aber unsere Kleinen sollten es schaffen … Denken Sie mal darüber nach. Was leben Sie vor und was erwarten Sie von Ihrem Kind?

Doch nicht nur Sie alleine bestimmen über die Werte Ihres Kindes, es ist das ganze Umfeld, das diese prägt. Wie ein afrikanisches Sprichwort sagt: «Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.» Hierbei sind alle gemeint, von der Politik über die Schulen wie auch die Menschen in den Vereinen und im Quartier.

Achten Sie sich auf Ihr Umfeld. Dann gibt es keine bösen Überraschungen.

«Gehen die Menschen im Umfeld des Kindes respektvoll miteinander um, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch das Kind einmal einen respektvollen Umgang pflegen wird.»

Michael Berger, wohnhaft in Studen, ist ein Schulischer Heilpädagoge und Lernberater. Auf seiner Website bietet er Hilfestellungen für Eltern, Schulen und Lehrbetriebe an. Er hat sich auf Lernschwierigkeiten und effizientes Lernen spezialisiert.

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