Das Monatsgespräch im August
Franziska Keller trifft Doris Uhr, Floristin und Familienmensch aus Berufung
Jahrgang: 1961 Bürgerort: Menzingen Geburtsort: Liebfrauen-hof Zug
Wohnort: Bennau
Schon als ganz kleines Mädchen war Doris Uhr aus Bennau immer mit ihrer Giesskanne im Garten unterwegs und beschäftigte sich gerne mit den Blumen. Die Schule hat sie daraufhin nicht gerne besucht, einzig ihren Fensterplatz, von dem aus sie in der Natur alles beobachten konnte, mochte sie. Und nur bei den Fächern Naturkunde, Zeichnen, Handarbeit und Kochen war sie aufmerksam, weil sie da ihre Kreativität ausleben konnte.
Doris Uhr schätzt noch heute die Werte, die sie und ihre sechs Geschwister von ihrem Mami vermittelt bekommen haben und mit denen sie auch ihre drei eigenen Kinder im Leben begleitet. Sie geniesst ihre gemeinsamen Grosi-Dienstage und muss nie wieder in die Ferne reisen, weil sie in ihrem eigenen Para-dies daheim angekommen ist. Welches ist deine Lieblingsjahreszeit?
Ich liebe den Sommer wegen der Vielfalt der Blumen. Warst du in den Sommerferien?
Wir haben eine schöne Woche in Davos verbracht: Wisi, mein Mann, Julian, unser jüngster Sohn, eine liebe Freundin von uns und ich. Wir gehen im Sommer immer zu viert, weil Julian mit einem Crash Syndrom – einer angeborenen Fehlbildung – auf die Welt gekommen ist und dadurch in all seinen Lebensbereichen auf unsere Hilfe angewiesen ist.
Was meinst du zu diesem doch
eher aussergewöhnlich warmen Sommer?
In Davos ging immer ein «Lüftli », was uns sehr entgegenkam. Ansonsten haben wir uns arrangiert, verbrachten die heisse Tageszeit im Schatten; meist im Wald oder im Hallenbad, weil der Gletschersee zu kalt für Julian war. Und da wir auch hier daheim in einem kleinen Paradies, umgeben von schattigen Bäumen, leben, die uns viel angenehme Kühle spenden, habe ich es selbst nie als wirklich heiss empfunden. Leiden die Pflanzen mehr unter dieser Hitze als Mensch und Tier? Ja, eindeutig. Ich komme kaum nach mit Wassergiessen und der Boden springt auf. Ein Glück, dass wir immer Morgentau ha-ben, was die Erde nicht ganz austrocknen lässt.
Du bist begnadete Floristin und dein hauseigenes Lädeli ist ein richtiges Bijou. Man spürt so-fort, da ist jemand mit Herz und Seele am Werk. Wie kam es dazu? Schon als kleines Mädchen habe ich mich immer mit den Blumen beschäftigt, viel Zeit mit meiner kleinen Giesskanne im Garten verbracht, war immer kreativ und habe mit den Blumen gebastelt. Als vierjähriges Mädchen wollte ich meiner Mutter eine Freude bereiten und pflückte fröhlich alle Blumenköpfe unseres Agapanthus. Mamis Freude war dann aber eher klein, denn der Agapanthus blüht im Sommer nur ein einziges Mal und sie hätte ihn gerne im Garten blühen sehen.
Damals habe ich noch nicht gewusst, dass es einen Beruf gibt, bei dem man mit den Blumen arbeitet. Als ich später davon erfuhr, war meine Berufsrichtung natürlich sonnenklar. Welches ist deine Lieblingspflanze?
Ich bevorzuge keine Einzige, sondern liebe alle Blumen. Ansonsten mag ich die Naturstauden zum Schneiden und Weiterverarbeiten.
Du bist eine sehr erdverbundene Frau. Wie zeichnet sich dies aus? Ich muss alles anfassen können. Für mich ist wichtig, zu sehen, wie es wächst, und wenn etwas nicht blüht, bin ich nicht enttäuscht, mache mir einfach Gedanken, warum das so sein könnte. Ich bin tief dankbar für alles, was gedeiht, und bin überzeugt, dass über allem Gott steht. Was hat dich im Leben geprägt?
Mein Mami. Sie war zu 200 Prozent Mutter und hat uns Werte fürs Leben vermittelt. Sie war immer für uns da, hat alles für uns gemacht, uns stets unterstützt und sie war überhaupt kein verurteilender Mensch, sondern lösungsorientiert. Wir Kinder kamen immer an erster Stelle.
Jeden Sonntag gings zum Gottesdienst, anschliessend wurde der Rucksack mit Esswaren und Lesebüchern gepackt und wir sieben Kinder zogen mit Mami los in den Wald, wo wir Würste brätelten und Hausaufgaben machten. Mein Dädi hatte andere Werte. Er war mit Leib und Seele Koch, musste aber den elterlichen Bauernhof führen. Bei ihm haben wir gelernt zu arbeiten: Äpfel auflesen, Holzen und so fort. Hast du viel von der Welt gesehen?
(lacht). Nein, ich muss das nicht. Einzig mit 20 Jahren war ich frisch verliebt für drei Mona-te in Sikinos, einer griechischen Insel, und hatte fürchterliches Heimweh – einfach nach daheim. Ich muss nie wieder weg. Welchen Lebensbereichen schenkst du besondere Beach-tung?
Meiner Familie und Menschen, die ich irgendwie unterstützen oder mit denen ich etwas bewegen kann.
Könntest du dir vorstellen, allein und nur mit dem Nötigsten an einem einsamen Ort zu leben?
Der Wunsch nach einer einsamen Insel mit einer Hängematte und die Sehnsucht nach Ruhe wären schon da, aber ich würde mit Sicherheit nicht gehen, weil mir die Pflanzen und die Menschen fehlen würden. Gesetzt den Fall, der Strom würde wegen Knappheit eingeschränkt: In welchem Bereich würde er dir am meisten fehlen? Ich habe unzählige Kerzen auf Vorrat, wir könnten im Cheminée Feuer anzünden, uns in war-me Decken einkuscheln, und auf dem Grill kochen. Mein Leben würde durch fehlenden Strom nicht stehen bleiben, ich weiss mir gut zu helfen. Du bist ein glückliches Mami und Gross-Mami. Was ist anders am Gross-Mami sein? Ich liebe meine Grositage, darf als Grosi einfach geniessen und muss nicht erziehen. Gibt es einen Traum, den du dir noch erfüllen möchtest? Ich bin so glücklich und dankbar für alles, was ich habe, und strebe nach nichts anderem und ich hoffe, dass ich weiterhin noch lange in unserem schönen Daheim leben darf, immer wieder umgeben von meinen Grosskindern, Kindern und all den lieben Menschen, mit denen ich auf dem Weg bin. Mehr brauche ich nicht.
Foto: Franziska Keller
Von Franziska Keller