Die Kündigung aller Assistenzärzte am Ameos Spital hat ein politisches Nachspiel
Das Ameos Spital in Einsiedeln kommt nicht zur Ruhe. Es droht erneut ein Aderlass. Die Spitalverantwortlichen beschwichtigen.
VICTOR KÄLIN
Auch Antoine Chaix war erleichtert, als mit der Ameos-Gruppe ein finanzstarkes Unternehmen das Spital in Einsiedeln übernommen hat – und seither auch «zweifelsfrei gute Kaderärzte verpflichtete». Chaix, der mit seiner Einsiedler Arztpraxis selber Grundversorger ist, «liegt das Spital Einsiedeln schon immer sehr am Herzen». «Aus all den genannten Gründen bin ich besorgt …» Doch in den letzten Monaten hätten sich für Aussenstehende die Zeichen gehäuft, «dass der administrativen Führung die finanziellen Interessen den medizinisch- pflegerischen übergeordnet wurden», schreibt Antoine Chaix in einer am 29. Juli eingereichten Kleinen Anfrage. «Fakt ist, dass alle aktuellen Assistenzärzte auf Ende August ihre Stelle gekündigt haben, da das Spital seinen Verpflichtungen betreffend Weiterbildungsverordnung nicht nachgegangen ist oder nicht nachgehen konnte. Ob die Stellen wieder ohne Qualitätseinbusse der angestellten Ärzte besetzt werden kann, ist fraglich.» Damit hat sich gemäss Chaix die im Gesundheitsbereich schon schwierige Personalsituation im Spital Einsiedeln aus verschiedenen Gründen auch im pflegerischen Bereich verschärft. «Aus all den genannten Gründen bin ich besorgt, ob das Spital Einsiedeln die bisherige Qualität in der Grundversorgung aufrechtzuerhalten vermag, für die es bisher eingestanden ist und auch weiterhin einstehen müsste.» Regierung soll Auskunft geben
In seiner Funktion als Kantonsrat stellt Chaix dem Regierungsrat als Aufsichtsbehörde deshalb die Frage, ob die aktuelle Trägerschaft des Spitals Einsiedeln in der Lage ist, die Grundversorgung entsprechend der vorgeschriebenen gesundheitspolitischen Vorgaben zu gewährleisten.
«Das spricht sich herum»
Unmittelbarer Auslöser des politischen Vorstosses ist die erwähnte Kündigung sämtlicher sieben Assistenzärzte. Für Chaix eine «folgenschwere Entscheidung» und «Ausdruck einer längerdauernden Entwicklung, die man vielleicht noch hätte abwenden können, wenn frühzeitig der Druck auf die Ameos-Spitze noch mehr erhöht worden wäre». Ob der Kanton in dieser Sache bereits aktiv geworden ist, entzieht sich allerdings der Kenntnis von Antoine Chaix. Da gemäss Chaix alle Assistentinnen und Assistenten bereits eine neue Stelle gefunden haben, könnten sie nicht mehr zurückgewonnen werden. Für den erfahrenen Arzt Antoine Chaix ist «ein Wechsel fast ohne Überlappung an sich schon eine grosse Herausforderung. Ich kann mir vorstellen, dass es sehr schwierig sein wird, Ärztinnen und Ärzte zu rekrutieren, die den Ausbildungsstand der jetzigen Garde haben. Auch ist die medizinische Welt in der Schweiz klein und ein solcher Eklat spricht sich herum und erschwert die Rekrutierung – zumindest in der Schweiz».
«(Noch) keine qualitative Einbusse» Chaix attestiert dem Spital in Einsiedeln, dass seines Erachtens «eine qualitative Einbusse der medizinischen Versorgung im Grossen und Ganzen (noch) nicht eingetreten ist». Doch von Patienten bekomme er immer wieder zu hören, dass es «chaotisch auf der Pflege zugehe, da langjährigen Mitarbeitern gekündigt wurde oder diese von sich aus gegangen sind» – wie unlängst die Teamleiterin der Gebärabteilung, welche in beruflichem Unfrieden ihre Stelle gekündigt hat (ein Sachverhalt, der von Ameos ebenfalls weder bestätigt noch dementiert wurde – siehe Kommunique).
Chaix’ Besorgnis beruht in erster Linie auf der «Massenkündigung der Assistenzärzte und der grossen Schwierigkeit, dies aufzufangen ». Er möchte jedoch betont haben, dass die Kaderärzte absolut kompetent sind, und die Krise seiner Meinung nach auf das Management zurückzuführen ist. Allerdings räumt auch Chaix ein, dass es «wirklich schwierig ist, das Spital Einsiedeln rentabel zu führen angesichts des an sich wahrscheinlich zu kleinen Einzugsgebietes und der grossen Konkurrenz des Grossraums Zürich». Ein Umstand, mit dem schon die Vorgängerinstitution von Ameos zu kämpfen hatte.
Irgendwann ist der Punkt erreicht … Das Spital Einsiedeln liegt Chaix «als medizinische Institution und als Grossarbeitgeber der Region sehr am Herzen». Aber irgendwann sei ein Punkt erreicht, an dem man «nicht einfach nicht wortlos zusehen kann und darf» – vor allem nicht als Parlamentarier. Und so hofft Antoine Chaix, «mit diesem Schritt den Druck auf die Spitze der Ameos-Gruppe so zu erhöhen, dass sie wirklich versucht, das Spital nach unseren gesundheitspolitischen Standards zu führen und nicht nur über die Geldrechnung».
Doktor Antoine Chaix (oben links) sorgt sich um das Ameos Spital in Einsiedeln. In seiner Funktion als Kantonsrat ist er bei der Regierung vorstellig geworden.
Fotos: Archiv EA