Die Gefahr fährt mit
KOMMENTAR
Livestreams, Tickermeldungen, Filme und Grafiken, Frontgeschichten und Sonderseiten: Kaum ist ein Auto von der Axenstrasse abgekommen und im Urnersee versunken, ist die Berichterstattung aller Mediengattungen höchsttourig angelaufen. Selbst die NZZ hat die Geschichte gestern Donnerstag, notabene fünf Tage nach dem Ereignis, mehrspaltig auf die Front gesetzt; auch sie erhofft sich wohl einen Aufmerksamkeitsschub. Und so überbieten sich die Redaktionen seit Tagen im Überbieten. Und verwandeln damit die Tragödie völlig unnötig in ein Drama.
Natürlich ist ein solcher Unfall eine Meldung wert. Doch mehr als die hauptsächlichen Fakten gibt die Geschichte nicht her – da müssen Nebenstorys wie die Tunnelfrage oder das Objektiv der Suchkamera herhalten. Den Ermittlungsbehörden, geschweige denn dem Opfer, ist damit nicht geholfen. Und ebenfalls nicht zielführend ist der Hinweis, dass dieser Unfall hätte verhindert werden können. Eine solche Aussage verkennt schlichtweg, dass Autofahren an sich gefährlich ist. Mit dem Ruf nach Massnahmen wird lediglich suggeriert, dass der Strassenverkehr eigentlich ungefährlich wäre,wenn man nur alles umsetzt, was möglich ist. Ein Trugschluss, der genauso tödlich sein kann wie eine Unaufmerksamkeit am Steuer.
VICTOR KÄLIN