Die Dunkelziffer beim Sexting unter Jugendlichen ist gross
Immer wieder sind Sexting und illegale Pornografie auf den Handys Jugendlicher im Kanton Schwyz ein Thema. Wie gross ist das Problem betreffend Sexting und illegaler Pornografie bei den Schwyzer Jugendlichen? Kantonspolizei, Jugendstaatsanwaltschaft und Sekundarschulen geben Auskunft.
PATRIZIA BAUMGARTNER
Vor Kurzem stand ein 22-Jähriger vor dem Bezirksgericht March. Er hatte sich unter anderem der Pornografie schuldig gemacht (Urteil siehe Box). Er hatte Videos, die verbotene sexuelle Handlungen mit Minderjährigen zeigen und die er per WhatsApp erhielt, weitergeleitet und gleichzeitig auf dem Familiencomputer die automatische Synchronisation der Chats eingerichtet.
Für diesen jungen Mann wäre eine entsprechende Prävention in der Schule oder vonseiten der Eltern sicher wertvoll gewesen. Wie ist die Situation diesbezüglich im Kanton Schwyz? Online-Prävention und digitale Grenzüberschreitung Die Kantonspolizei Schwyz ist im Bereich Online-Prävention präsent: jährlich flächendeckend auf dem ganzen Kantonsgebiet in den rund neunzig Klassen der ersten Oberstufe. Dort wird unter anderem thematisiert, wie man sich vor Internet-Straftaten schützt. Pornografie wird ebenfalls behandelt.
Die Schwyzer Kantonspolizei präsentiert den Schülern neunzig Minuten lang eine geballte Ladung an möglichen digitalen Grenzüberschreitungen. Das Ziel ist, aufzuzeigen, wie man sowohl Opfer- als auch Tätersituationen im Umgang mit dem Internet vermeiden kann. Dies zu den Themen heimliche Filmaufnahmen, negative Chat-Inhalte, Internetbekanntschaften mit Fremden, Rassendiskriminierung und so weiter.
«Dabei erklären wir die Negativsituationen anhand von Beispielen aus unserem Polizeialltag », sagt Pascal Simmen, Chef Prävention der Kantonspolizei Schwyz. Das Zeigen von Bildern sei dabei nicht notwendig. Die Schülerinnen und Schüler wüssten in der Regel genau, welche Bildinhalte angesprochen sind.
Nicht weiterschicken Die Kantonspolizei Schwyz gibt auch Verhaltensempfehlungen, falls man mit unerwünschten Bildern oder Nachrichten bombardiert wird. «Wenn ihr ein Bild in einem Chat erhaltet, könnt ihr nichts dafür. Ihr habt dieses nicht bestellt», sagt Simmen den Schülern. Aber: «Nicht weiterschicken und sofort aus dem Bilder-Ordner entfernen.» Von der Kantonspolizei erfahren die Jugendlichen aber nicht das erste Mal von diesen Gefahren. «In der Regel haben sie schon von den Eltern davon gehört und diverse Szenarien wurden in der Schule thematisiert», sagt Simmen zur aktuellen Situation. Es sei wichtig, dass sich die Jugendlichen bewusst sei-en, dass ihre «Weiterleitungen» weitreichende Folgen haben können, denn Unwissenheit schützt schliesslich nicht vor Strafe. Nur mit Durchsuchungsbefehl
Natürlich kann die Polizei nicht einfach so ein Handy durchforsten. Sie braucht dazu einen Durchsuchungsbefehl der Schwyzer Staatsanwaltschaft. «Ein Handy ist wie ein Tagebuch. Es ist sehr privat. Wenn ein Verdacht auf ein strafbares Verhalten besteht, kann das Natel jedoch polizeilich sichergestellt werden», so Simmen.
Zum Beispiel könnte im Verdachtsfall einem 14-Jährigen das Handy von Aufsichtspersonen vorübergehend abgenommen und der Schwyzer Kantonspolizei übergeben werden. Bei einer angeordneten Auswertung werden die Daten durchforstet. «Das fährt dann schon ein», sagt Simmen. Nur schon die Tatsache, für mehrere Wochen nicht mehr im Besitz des eigenen Smartphones zu sein, sei für viele eine Horror-Vorstellung. Datenfunde werden gemeldet
Doch wie landen solche Fälle bei der Staatsanwaltschaft und später eventuell vor Gericht? «In den USA besteht für alle Provider die Pflicht, verdächtige Internetinhalte beim ‹National Center for Missing and Exploited Children› zu melden. Es erfolgt anschliessend eine Meldung an die zuständige ausländische Polizeibehörde; in der Schweiz an die Bundeskriminalpolizei », erklärt die Leitende Staatsanwältin Franziska Steiner (zweite Abteilung).
Die Bundeskriminalpolizei veranlasst anschliessend eine Verdachtsmeldung an das zuständige kantonale Polizeikorps. Dieses nimmt die Ermittlungen auf. Im Rahmen des Strafverfahrens werden die digitalen Datenträger nach verbotener Pornografie durchsucht. Anschliessend wird ein Bericht oder ein Gutachten erstellt. Wie die Strafverfolgung im konkreten Fall aussehe, hänge stark vom Einzelfall ab.
Anders als der Präsident des Bezirksgerichts March, der aktuell eine Häufung von Fällen im Zusammenhang mit illegalen Handy-Inhalten feststellt, kann der Chef Prävention der Kantonspolizei Schwyz dies nicht bestätigen. Pascal Simmen betont denn: «Uns ist bewusst, dass die Dunkelziffer in diesem Bereich hoch sein dürfte. Und nicht jedes Bild mit nackter Haut gilt als Pornografie. Es müssen in der Regel Geschlechtsteile im Vordergrund stehen oder ein sexueller Kontext erkennbar sein.» Wie regelt das die Sek 1?
Rick Bachmann, Rektor der Sek eins Höfe, führt nicht Buch. Er schätzt, dass es in der Sek eins Höfe jährlich etwa drei bis fünf Fälle von illegalen Inhalten auf Handys von Schülerinnen und Schülern gibt, die bis ins Rektorat gelangen.«Diese werden dann mit der Schulleitung und je nach dem auch mit der Polizei abgesprochen.» Auch er betont, dass alles Einzelfälle sind und die Klärung in der Gruppe oder mit den Eltern sehr wichtig sei. Die Reaktionen der jugendlichen Täter seien jeweils ähnlich: «Das Bewusstsein ist eigentlich da. Aber im Moment war der Thrill höher.» Bachmann stellt jedoch eine zunehmende Sensibilisierung fest: Das Bewusstsein dafür, was erlaubt ist, und was nicht, sei höher als früher. Trotzdem: «Der Knopf ist sehr schnell gedrückt », man müsse den Umgang mit dem Handy lernen und trainieren.
Persönliche Logins als Schutz
Ähnlich wird das Thema «Sexting/ illegale Pornografie» an der Sek 1 March behandelt. Rektor Fredy Tischhauser sagt: «Glücklicherweise sind wir selten damit konfrontiert. Durchschnittlich gibt es einen bis zwei Fälle pro Schuljahr und Schulstandort (mit je rund 20 Klassen).» Innerhalb des letzten Schuljahrs wurde die Polizei in einem einzigen Fall eingeschaltet. Während des Unterrichts an der Sek 1 March melden sich die Schüler mit einem persönlichen Login an. «Dies bietet einen zuverlässigen Schutz vor der Konsumation oder der Weitergabe unerlaubter Inhalte oder Chats.»
INSERATE
Es wurden Videos weitergeleitet, die sexuelle Handlungen mit Minderjährigen zeigen. Die Kantonspolizei Schwyz ist im Bereich Online-Prävention präsent. «Uns ist bewusst, dass die Dunkelziffer in diesem Bereich hoch sein dürfte.»
Pascal Simmen, Chef Prävention bei der Kantonspolizei Schwyz
Die Polizei gibt Empfehlungen, falls man mit illegalen Bildern bombardiert wird.
Der Knopf sei sehr schnell gedrückt. Man müsse den Umgang mit dem Handy lernen. Innerhalb des letzten Schuljahrs wurde die Polizei in einem einzigen Fall eingeschaltet.