«Ich träume vom Cirque du Soleil»

Nathalie Hahn wurde in die Staatliche Artistenschule Berlin aufgenommen

Nathalie Hahn macht erst seit drei Jahren Artistik. Schon bald darf sie an der Staatlichen Artistenschule Berlin den Unterricht besuchen. Dort will sie ihr Können verbessern und ihrem Ziel, «Artistin» zu werden, etwas näher kommen.

ANGELA SUTER

Andrii Matviienko ist stolz auf seine Schülerin, die er seit drei Jahren begleitet: «Nathalie ist erst das zweite Mädchen, seit wir vor neun Jahren unsere Schule gründeten, das erfolgreich an die Staatliche Artistenschule Berlin aufgenommen wurde. Und bei ihr sehe ich das Potenzial, dass sie diese Chance nut-zen wird. Es passen alle Puzzleteile zusammen.» Nathalie Hahn lernt neben Artistik das Vertikaltuch (Silk), Spitzenschuhe, Equilibristik, Sprungakrobatik und verschiedene Tanzstile.

Zur Artistik kam Nathalie Hahn vor drei Jahren, weil sie schon immer gerne turnte. Geräteturnen war ihr aber zu einseitig. Und in der Nähe ihres Wohnortes Reichenburg gibt es keine vergleichbare Schule, wie die «Matviienko Dance Art» in Einsiedeln. Bei Andrii und seinem Leiterteam machte sie sehr schnell Fortschritte. Vor allem Sprungsachen liegen ihr, weil sie dafür ein gewisses Talent mitbringt und die nötige Sprungkraft. Sie besucht seit August 2020 die Oberstufe an der Talentklasse in Lachen, wo sie noch mehr Zeit fürs Training einrichten konnte. «Die Schule unterstützt uns und interessiert sich auch dafür, was wir machen», erzählt Nathalie Hahn.

Mehr als 19 Stunden Training Seit gut zwei Jahren besucht die 14-Jährige im Minimum sechs Kurse pro Woche und erhält rund drei Privatlektionen. Mit Übungen für zu Hause und Krafttraining kommt sie wöchentlich auf mindestens 19 Stunden Training. Nathalie ist sehr selbständig unterwegs und reist meis-tens mit dem öffentlichen Verkehr nach Einsiedeln. Diese Selbständigkeit wird ihr in Berlin bestimmt helfen. Dort wird sie im Schulinternat leben. «In den Ferien kann ich dann jeweils nach Hause fliegen. Da wir auch am Samstag Unterricht haben, lohnt es sich nicht, am Wochenende nach Hause zu kommen», sieht Nathalie Hahn gelassen in die Zukunft.

Ihre Mutter Lisa Ghersi sorgt sich zwar etwas um ihre Tochter, unterstützt sie aber trotzdem: «Ich komme aus der Musik, daher kenne ich die Welt der Kunst und weiss, worauf es ankommt.» Auf diese Unterstützung muss Nathalie bauen, wenn sie ihr ehrgeiziges Ziel erreichen möchte. Sie möchte die Artistenschule in Berlin mit dem Diplom abschliessen und dann als Artistin arbeiten: «In einem Zirkus – ein Traum wäre natürlich der Cirque du Soleil.» Neben viel Fleiss und Können wird das sicher auch eine Portion Glück brauchen. Eine von Hundert Bewerbungen

Die erste Hürde nahm Nathalie Hahn beim Eignungstest mittels eingereichtem Video von einer selber choreografierten Nummer. Dafür gab es viele Bewerbungen aus Deutschland und den Nachbarländern, da diese allen offen steht. Aus all den Interessierten wurde sie ausgewählt, Ende Februar eine Probewoche in Berlin zu absolvieren. Am 20. Mai 2022 durfte sie mit vier anderen zur Aufnahmeprüfung antreten. «Meine Mutter hat mich begleitet. Ich durfte eine mit Andrii einstudierte Nummer zeigen plus einzelne Akrobatikelemente », erinnert sich Nathalie Hahn. Nur sie hat die Prüfung bestanden und darf nun eine bestehende 9. Klasse ergänzen, als einzige Schweizerin.

Ab dem 22. August 2022 erwartet die Schwyzerin jeweils von 8 bis 18 Uhr Unterricht. Neben den Artistikeinheiten wird es auch gewöhnlichen Schulunterricht geben. Nathalie Hahn freut sich: «Etwas komisch ist es zwar schon, dass ich dann ganz alleine sein werde, aber die Freude überwiegt definitiv!» Und sie wird ganz sicher oft Besuch aus der Heimat bekommen. Auch Andrii und seine Familie haben sich schon einen Campingplatz ausgesucht, um ihren Schützling in der Weltstadt Berlin zu besuchen.

Nathalie Hahn trainierte drei Jahre lang unter anderem das Vertikaltuch (Silk) bei «Matviienko Dance Art», der Einsiedler Zirkusakrobatik- und Tanzschule. Nun wartet die Artistenschule in Berlin auf sie.

Nathalie Hahn, zweite von links, besucht bei «Matviienko Dance Art» unzählige Kurse, wie hier beim Ballett Profi Kurs. Insgesamt kommt sie auf rund 20 Stunden Training pro Woche. Als einzige Schweizerin darf sie in Berlin eine bestehende 9. Klasse ergänzen.

Fotos: zvg