«Es braucht ein intelligentes Parkleitsystem im Klosterdorf»
René Schönbächler, Präsident von Einsiedeln Tourismus, steht Red und Antwort zur Thematik Parkplätze im Klosterdorf: «Mit dem Verkehrsregime hat man es um ein Haar in die nationalen Boulevardblätter geschafft.»
MAGNUS LEIBUNDGUT
Die Generalversammlung von Einsiedeln Tourismus steht bevor: Was beschäftigt Sie als Präsident im Moment? Wir freuen uns auf die Aufbruchstimmung nach zwei Jahren im Krisenmodus. Der Einsiedler Kultursommer steht vor der Tür, der wieder zurück in den Paracelsuspark zügelt. Einsiedeln Tourismus stellt allen interessierten Vereinen die Infrastruktur mit Bühne für Konzerte oder auch andere Anlässe gratis zur Verfügung. Höhepunkte und Tiefschläge im Tourismus liegen aber nahe beieinander: Nach der Eröffnung der wunderbaren «Heart-Beats»-Ausstellung auf dem Klosterplatz hat sich Einsiedeln zwei Tage später mit dem Parkchaos am Karfreitag von seiner schlechtesten Seite präsentiert. Wo liegt das Problem in Sachen Parkplätze in Einsiedeln? Wie angekündigt ging am Karfreitag die Albaner-Wallfahrt über die Bühne, an der 3000 Leute angekündigt wurden. Mit dem Verkehrsregime hat man es um ein Haar in die nationalen Boulevardblätter geschafft. Das Sicherheitsproblem, das gemäss den Behörden durch das Parkchaos am Karfreitag entstanden ist, löst man ja nicht mit Bussen, die man ab 15 Uhr verteilt, sondern mit gut organisierten Verkehrskadetten, die den ganzen Tag über für Ordnung sorgen. Diese funktionierenden Konzepte liegen in der Schublade – man muss sie an solchen Tagen anwenden. Ist denn nicht in erster Linie der Tagestourismus der Auslöser für das ganze Verkehrschaos? Die Gäste kommen, ob wir das wollen oder nicht: Das ist die erste und wichtigste Erkenntnis in Bezug auf den Tagestourismus. Wir können in Biberbrugg nicht einfach eine Barriere herunterlassen. Die zweite Erkenntnis ist, dass der grösste Teil mit dem Auto anreist, was an gefühlten zwanzig Tagen im Jahr zu starkem Verkehrsaufkommen führt. Die Wallfahrt und der Tourismus sind in Einsiedeln mehrere hundert Jahre alt: Da wäre es unangebracht, wenn wir im 21. Jahrhundert den Kopf in den Sand stecken würden und die Verkehrsregelung sich selbst überlassen. Wir sollten die grosse Nachfrage zu unseren Guns-ten nutzen und daraus Wertschöpfung generieren. Wie könnte eine Lösung aus Sicht von Einsiedeln Tourismus aussehen? Mit dem Projekt «Starche Gäischt» haben wir in den letzten zwei Krisenjahren viele Dorfakteure an einen Tisch geholt und Lösungen erarbeitet. Unter anderem sind die «Starche Gäischt»-Gutscheine entstanden, die auf dem Tourist Office gekauft werden können und bei allen Mitgliedern des Detaillisten-, Gastro- und Tourismusvereins einlösbar sind. Der Erfolg dieser Gutscheine ist überwältigend. Einerseits werden diese von einheimischen Unternehmen nachgefragt und gekauft. Auf der anderen Seite werden sie in der ganzen Region Einsiedeln- Ybrig-Alpthal in ganz unterschiedlichen Branchen eingelöst. Somit haben wir ein Instrument in der Hand, um auch von den parkierenden Tagesgästen mehr Wertschöpfung im Dorf zu behalten: Wir müssen einfach jedem Autofahrer zusätzlich zum Parkticket einen 10-Franken-Gutschein vom «Starche Gäischt» verkaufen. Dieser Gutschein kann in Hunderten von Einsiedler Betrieben eingelöst werden. Wie teuer wäre denn das Park-ticket an sich?
Das Parkticket soll zehn Franken kosten, sodass zusammen mit dem Zehn-Franken-Gutschein ein Gesamtbetrag von zwanzig Franken zu bezahlen wäre. Das ist das Geld wert: Wir Einheimischen unterschätzen wieder einmal, wie toll unsere Region eigentlich ist – und was wir für ein Parkticket alles zu bieten haben. Wenn man drei Stunden in einem Parkhaus in Zürich parkiert, dann kostet das auch zwanzig Franken. Und wenn wir zehn Prozent der Autofahrer dazu bewegen können, an den stark frequentierten Tagen auf den ÖV umzusteigen, dann umso besser. Einsiedeln ist auch dank des Tourismus in einer privilegierten Lage: Wir verfügen an 365 Tagen im Jahr über ein reichhaltiges kulinarisches, sportliches und kulturelles Angebot, wie es nur eine Handvoll Regionen in der Schweiz in unserer Grössenordnung anbieten kann. Was müsste der Bezirk Einsiedeln unternehmen? Einsiedeln Tourismus hat die Idee der «Starche Gäischt»-Gutscheine in Kombination mit dem Parkticket vor sechs Wochen dem Bezirk vorgeschlagen: Wir warten diesbezüglich aber noch auf eine Antwort. Die Idee ist ja auch nicht neu, sondern wurde vom Bezirksrat vor einigen Jahren bereits selber diskutiert. Damals scheiterte die Umsetzung am konkreten Handling solcher Gutscheine und der Einlösbarkeit in den Betrieben. Mit dem Projekt «Starche Gäischt» ha-ben wir nun das passende Instrument, um diese Idee gemeinsam umzusetzen. Aktuell gibt der Bezirk den Auftrag für die Verkehrsregelung an speziellen Feiertagen: Entsprechend ist er, in unserem Verständnis, diesbezüglich im Lead. Könnte der Bau eines weiteren Parkhauses Abhilfe schaffen? Natürlich würde das helfen. Aber es ist eine teure Lösung und deshalb politisch schwierig umzusetzen. Abgesehen davon gehen wir davon aus, dass an den problematischen Sonnund Feiertagen genügend Parkplätze im Industrie- und Gewerbegebiet zur Verfügung stehen, um diese Spitzen zu brechen. Dazu braucht es ein intelligentes Parkleitsystem, welches aktiv bewirtschaftet werden muss. Das Verkehrschaos entsteht in erster Linie wegen Autofahrern, die – einen Parkplatz suchend – unentwegt Runden drehen im Klosterdorf und in der Not ihren Wagen auf dem Klosterplatz abstellen und dann dafür von der Polizei gebüsst werden. Man kennt das ja von sich selber auch: Wenn man nach zwei Stunden Fahrt nirgendwo einen Parkplatz findet, macht man auch nicht einfach kehrt. Sollte an Wochenenden, an denen viele Touristen ins Klosterdorf strömen, der Platz beim Schulhaus Brüel für Parkierer offen gehalten werden? Ja, das sollte er. Und an den erwähnten zwanzig Tagen mit viel Verkehrsaufkommen kann die Etzel- und die Wasenmattstrasse, wie auch der Fuhrweg auf der Brüelwiese temporär zum Parkieren frei gehalten werden – dank eines Einbahnregimes. Das hat sich an Grossanlässen wie dem Weihnachtsmarkt oder auch der Chilbi bestens bewährt bis anhin – und ich wüsste nicht, was dagegen spricht, dass man das auch in Zukunft so handhaben könnte. Bedingung hierfür wäre aller-dings, dass die Autofahrer eines dieser 20-Franken-Tickets lösen. Die bisherigen ordentlichen gebührenpflichtigen Parkplätze wären nicht tangiert von dieser Lösung und würden weiter so betrieben werden wie bis anhin. Wäre es möglich, dass man in Biberbrugg einen grossen Parkplatz bauen würde, auf dass die Touristen und Pendler mit dem Zug ins Klosterdorf rei-sen würden?
Es gibt ja bereits einen Parkplatz beim Bahnhof in Biberbrugg, der von Pendlern aus dem Dorf und aus den Vierteln rege benutzt wird, um mit dem Zug in Rich-tung Zürich an ihren Arbeitsort zu fahren. Das bewährt sich bes-tens so. Auch das umgekehrte Umsteigen auf den ÖV in Biberbrugg nach Einsiedeln oder auch an weiteren Stationen, ist aus unserer Sicht zu begrüssen. Genau darum darf auch das Park-ticket in Einsiedeln nicht die günstigste Variante sein, sondern man kann mit gutem Gewissen Tarife verlangen, welche die entstehenden Kosten decken. Gemäss Landschreiber Patrick Schönbächler ist das beim aktuellen Tarif ja nicht der Fall. Fehlt es im Bezirk Einsiedeln an einem Mobilitätsmanagement, um das Verkehrschaos im Klosterdorf in den Griff zu kriegen? Einsiedeln versteht sich nach wie vor als Dorf und nicht als Stadt. Nichtsdestotrotz leben im Dorf 10’000 Personen und im ganzen Bezirk 16’000 Leute. Wir alle wissen, dass in Kombination mit Grossanlässen unsere bestehende Verkehrsinfrastruktur an gewissen Tagen an die Grenzen gelangt. Umso wichtiger sind deshalb Konzepte und intelligente Systeme, die den Gästen das Parkieren erleichtern.
Was halten Sie davon, dass die Portugiesen-Wallfahrt abgesagt worden ist?
Auslöser waren die Sicherheitsauflagen des Kantons. Bei Grossanlässen muss die Sicherheit der Besucher immer oberste Priorität haben. Es gibt genügend Beispiele von Grossanlässen, in denen erst nach tragischen Ereignissen gehandelt wurde. Insofern ist das Vorgehen des Klosters absolut richtig. Gemäss unserem Vorstandsmitglied Pater Philipp Steiner wurde frühzeitig das Gespräch mit den Verantwortlichen gesucht. Man hat alternative Lösungen präsentiert respektive arbeitet noch an deren Umsetzung. Medial wird nun aber in erster Linie das Problem bewirtschaftet – anstatt dass man über Lösungen berichtet, die auf dem Tisch liegen.
Montag, 16. Mai, ab 18 Uhr: Eröffnung des Sihlseerundweges (Etappe Egger Badi) und Generalversammlung von Einsiedeln Tourismus. Anmeldung an info@einsiedeln- tourismus.ch.
Zahlreiche Touristen stellten ihr Auto am Karfreitag auf dem Klosterplatz ab und kassierten dafür eine Busse. Fotos: zvg
René Schönbächler, Präsident von Einsiedeln Tourismus: «Wir alle wissen, dass in Kombination mit Grossanlässen unsere bestehende Verkehrsinfrastruktur an gewissen Tagen an die Grenzen gelangt. Umso wichtiger sind deshalb Konzepte und intelligente Systeme, die den Gästen das Parkieren erleichtern.»