Flugblatt sorgt für grosse Empörung
Gemeinderatswahl Unteriberg: Kandidaten und Angestellte mit anonymen Vorwürfen diffamiert
Die Gemeinderatswahl 2022 in Unteriberg ist umkämpft. Ein Flugblatt sorgt nun für allgemeine Empörung; der Gemeinderat reicht eine Anzeige gegen Unbekannt ein.
VICTOR KÄLIN
Dass in einem Wahlkampf mit harten Bandagen gekämpft wird, ist dann zu erwarten, wenn für die Ämter mehrere Personen zur Wahl stehen. Das ist in Unteriberg für die Gemeinderatswahlen vom 15. Mai der Fall (EA 21/22). Und zu diesen Wahlen flatterte am letzten Donnerstag ein Flugblatt in Unteribergs Briefkästen. Ein A4-Blatt, das es in sich hat. Es ist anonym und beschuldigt mehrere Personen aufs Übelste.
Keller und Müller im Fokus
Im Zentrum der Anfeindungen stehen Ruedi Keller (SVP) als Kandidat fürs Gemeindepräsidium und Daniel Müller (parteilos) als Säckelmeister. Sie werden auf dem Flugblatt als «nicht wählbar» taxiert. «Eine solch falsche und verfilzte Regierung wollen und brauchen wir nicht – we-der in Unteriberg noch in Studen! », heisst es da. Dabei belässt es der anonyme Verfasser oder die Verfasserin aber nicht. Vielmehr werden auch Vorwürfe aus dem Privatleben kolportiert. Mit dem Angriff auf private Vorgänge wird eine moralische und rechtliche Grenze überschritten. Selbst eine Gemeindeangestellte wird in diesem Zusammenhang namentlich erwähnt. Und letztlich wird auch noch Gemeindeschreiber Oliver Bowald indirekt aufgefordert, sich andernorts «eine neue Herausforderung » zu suchen. Auffallend ist die einheitliche Reaktion in Unteriberg auf diese Aktion. Mit Ausdrücken wie «primitiv» oder «einfach nur Schlammschlacht» äussern viele Ybriger und Ybrigerinnen ihre Meinung – entweder per Leserbrief (Seite 4) oder telefonisch auf unserer Redaktion.
«Für alle beschämend» «Dieses Flugblatt ist für alle im Ybrig beschämend», fasst der amtierende Gemeindepräsident Edy Marty die Reaktionen im Dorf zusammen. «Man braucht ab und zu eine dicke Haut, wenn man sich um ein politisches Amt bewirbt oder eines ausübt. Aber das Flugblatt geht eindeutig zu weit.» Gegenüber dem «Bote der Urschweiz» meint Marty, «dass es unter jedem Hund ist, wenn sogar Verwaltungsangestellte, die einen guten Job machen, persönlich an den Pranger gestellt werden. Sie haben mit den Wahlen ja rein gar nichts zu tun.» Er empfehle deshalb den namentlich erwähnten Personen, rechtliche Schritte einzuleiten. Marty: «So etwas geht wirklich nicht.» Seinen Worten hat der Gemeinderat gestern Montag, 2. Mai, Taten folgen lassen. In einer Stellungnahme verurteilt er «die perfiden und verleumderischen Vorwürfe sowie Verunglimpfungen » gegen die zur Wahl stehenden Kandidaten sowie pflichtbewussten Gemeindeangestellten. Gegen die unbekannte Urheberschaft erfolgt eine Anzeige wegen Ehrverletzung und Verleumdung. Im gleichen Schreiben fordert der Gemeinderat die Urheberschaft auf, «für ihr Schreiben öffentlich einzustehen und sich aktiv an der Gemeindepolitik (Mitarbeit in Kommissionen und dergleichen) zu beteiligen».
Politiker verzichten darauf Die beiden im Flugblatt zur Nichtwahl empfohlenen Kandidierenden verzichten hingegen auf rechtliche Schritte. «Für mich ist das kein Thema», sagt Ruedi Keller, der am 15. Mai ins höchste Amt der Gemeinde Unteriberg gewählt werden will.
Vermutungen zur Urheberschaft macht sich überall – auch Gemeindepräsident Edy Marty. Er bleibt bei seiner Beurteilung aber sibyllinisch und lässt sich keine Namen entlocken. Nur so viel: «Die Leute, die hier in Unteriberg in die Schule gegangen sind, haben sicher eine bessere Rechtschreibung gelernt.» Auch FDP geht auf Distanz Ebenfalls kritisiert wird die FDP. Die Liberalen Ybrig. Die Partei, so das Flugblatt, würde «SVP & Co. Filz» unterstützen. In einem Leserbrief distanziert sich die Ortspartei der FDP.Die Liberalen vom Flugblatt. In diesem würden «perfide und verleumderische Vorwürfe vorgebracht». Die Partei verurteilt diese feige und beleidigende Art des Wahlkampfs in aller Form: «Für anonyme Flugblätter zum Zweck der öffentlichen Demütigung gibt es keinen Platz!» «Habe nichts damit zu tun»
Wer hinter den «Politisch unabhängigen und parteilosen Bürgerinnen und Bürgern von Unteriberg und Studen» steht, welche dieses Flugblatt unterschrieben und somit zu verantworten ha-ben, ist bisher nicht bekannt. Auf Nachfrage hin werden keine Namen genannt; selbst Vermutungen behält man in Unteriberg lieber für sich – mindestens gegenüber dem Einsiedler Anzeiger.
Erinnert man sich jedoch an die letzte Parteiversammlung der SVP Unteriberg (EA 21/22), dann darf eine Anfrage bei Hanspeter Hohl nicht fehlen. In der internen Ausmarchung für die Nomination zum Gemeindepräsidenten unterlag er knapp Ruedi Keller. Da an der Versammlung «schmutzige Wäsche» gegen ihn gewaschen worden sei, gab Hohl den Austritt aus der SVP Unteriberg. An seiner Absicht, Gemeindepräsident zu werden, änderte das nichts: Als Parteiloser kandidiert er auf der Liste «Zukunft für Unteriberg» für dieses Amt.
Auf Anfrage beschied Hanspeter Hohl gestern Montag, «Null und Nichts mit dem Flugblatt zu tun zu haben. Ich will das klar betonen. Für mich ist das Flugblatt unnötig. Mehr will ich dazu nicht sagen.»
Der Einzug ins Gemeindehaus von Unteriberg ist umkämpft – seit dem Flugblatt mehr denn je. Foto: Konrad Schuler