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Das Monatsgespräch im April

Das Monatsgespräch im April Das Monatsgespräch im April

Franziska Keller trifft Laurent Girard, Musiker aus Leidenschaft

Jahrgang: 1985 Bürgerort: Le Locle/NE Geburtsort: St. Gallen, aufgewachsen in Thal am Bodensee Wohnort: Rothenthurm

Laurent Girard kenne ich seit seiner Anfangszeit bei uns in Einsiedeln. Damals, als er noch zwischen der Ostschweiz und hier hin und her pendelte, weil er an beiden Orten Musikschüler unterrichtete und einen Damenchor dirigierte. Irgendwann hat-te es ihm bei uns wohl so gut gefallen, dass er seine Zelte in der Ostschweiz ganz abgebrochen hat und zu uns umsiedelte. Laurent besitzt das musikpädagogische- künstlerische Lehrdiplom im Hauptfach Klavier, ist inzwischen glücklich verheiratet mit Karin und wohnt in Rothenthurm. Die Musik ist sein Beruf, seine Leidenschaft, sein Hobby. Er spielt in mehreren Bands verschiedener Stilrichtungen und hat immer wieder Auftritte in Radio und TV. Ein Gespräch mit Laurent Girard ist extrem abwechslungsreich – und bei jeder Frage landen wir in der Musik. Du bist mit dem Zug von Rothenthurm hierhergefahren. Fährst du gar nicht Auto? Zwischen Rothenthurm und Einsiedeln sind gute Zugverbindungen, die ich gerne nütze. Wenn ich abends unterwegs bin, steige ich aber gern ins Auto, weil ich sonst nicht mehr heimkäme. Auf der Ökoskala von 1 bis 10. Wo siedelst du dich da an? 5. Bei Nahrungsmitteln achte ich auf regionale Produkte, möglichst kein food waste, für Auftritte fahr ich aber schon oft mit dem Auto, da ich als Pianist mein E-Piano schlecht mit dem Zug transportieren kann. Du hast einen unverkennbaren Ostschweizer Dialekt. Was hat dich denn zu uns gebracht? Mit 15 konnte ich mit den «bArde », einer Innerschweizer Ländlerformation, die traditionelle aber auch experimentelle Volksmusik macht, zusammenspielen. 2009 trat ich kurz vor den Sommerferien im Duo mit André Ott in Alpthal vor dem Rotary Club auf. Er war damals Musikschulleiter und ihm war kurzfristig ein Klavierlehrer ausgestiegen. Während eines Stückes fragte er mich: «Wottsch en Nomittag übernä, muesch aber bis morä entscheide», und schon beim nächsten Stück antwortete ich: «I machs.» Ist schon unglaublich, was diese Sekunden- Besprechung während eines Musikstückes auslöste und wo ich heute bin. Wann vermisst du die Ostschweiz?

Da ich noch Intendant des internationalen «heiden festival» bin, welches im Appenzellerland jährlich stattfindet, pflege ich einen guten Kontakt zu meinen Freunden, Kollegen und zu meiner Heimat. Ich vermisse einzig den Frühling, der in Rothenthurm kaum existiert. Dafür «blöff» ich dann, wenn wir wieder mal über der Nebelgrenze sind.

Ich glaube, dich kennt man einfach. Wie konntest du dich so schnell integrieren? Ich hatte von Anfang an das Glück, immer Menschen zu begegnen, die mir beim Eingliedern halfen und war rasch in Projekte involviert, wodurch ich viele Hiesigi kennenlernte. Ich denke, mein Rezept ist, dass ich immer offen für Neues bin.

Seit wann spielst du Klavier und wie bist du dazu gekommen? Ich bin der Nachzügler in der Familie, habe eine 10 Jahre älteren Bruder und eine 13 Jahre ältere Schwester, die beide super musizieren. Christine spielt Klavier und Cédric E-Gi-tarre und weil mein Bruder damals drohte: «Wenn mini Gitarre alangsch, hau di zäme!», war meine Entscheidung klar. Meine Schwester hütete den kleinen Laurent gerne und gab mir schon die ersten Klavierlektionen vor den offiziellen, die ich mit 7 Jahren zum ersten Mal besuchte. Ich wählte irgendwie gar nicht bewusst, es war einfach klar. Wenn ich damals gewusst hätte, was diese Entscheidung bedeutet, weiss ich nicht, ob ich so locker ja zu diesem Instrument gesagt hätte. Wie viele Musikschülerinnen und -schüler unterrichtest du? Momentan sind es 24 Kinder und Jugendliche und 5 Erwachsene.

Ich stelle es mir anspruchsvoll vor, die eigene Leidenschaft regelmässig neuen Kindern weiterzugeben.

Sobald die Motivation beim andern vorhanden ist, macht es Spass. Harzig wird es erst, wenn man der Einzige im Raum ist, der Freude an der Musik hat. Nebst dem Klavierunterricht spielst du selbst in verschiedenen Formationen. Wo hört man dich? Mit dem «Laurent Girard Trio» fah-ren wir nächste Woche für eine Musikaufnahme ins SRF-Studio und ich spiele mit dem Harpejji, einem völlig neuen Instrument, einer Zwitterversion zwischen Klavier und Gitarre, erfunden und hergestellt in Amerika. Ich bin während des Lockdowns darauf gestossen und gehöre in der Schweiz zu den Ersten, die dieses Instrument spielen. Im Weiteren musiziere ich mit dem «Artra Trio» mit Thise Meier, mit dem Echo vom «Hallüüü» mit «Stübi» Stäuble und André Ott und auch mit dem grossartigen Trompeter Erwin Füchslin und vielen weiteren Formationen. Ende April habe ich im Welschland mit der Wind Band «Neuchâtelois» ein Riesenprojekt und dann gibt es sonst noch ein paar … Was sagt da Karin, deine Frau, dazu, dass du ständig unterwegs bist?

Sie hat zum Glück grosses Verständnis, wofür ich sehr dank-bar bin. Sie sieht dahinter und weiss, was es bedeutet, Musiker zu sein, der davon leben und da-her vollen Einsatz geben muss. Musst du, wie ein Fussballer trainiert, auch jeden Tag üben?

«I sött», aber da fehlt es wegen des vielseitigen Engagements und Managements manchmal schon an der Zeit. Ich teile es mir aber so ein, dass ich beim Auftritt immer parat bin. Was gibt es sonst noch ausser der Musik in deinem Leben? Kochen, meist mehrgängig, Biken, Wandern, die Natur genies-sen, Grillieren mit Freunden und da ich 50 Meter neben einem Rebberg aufgewachsen bin, hat mich der Wein schon bald interessiert.

Was findest du als Auswärtiger cool hier? In St. Gallen sagt man: «Gohsch zu dene verchnorzte Innerschwiizer? » und ich revidiere dann ihr enges Bild über uns hier. Mir gefällt die Mischung zwischen dem urchigen Landleben und der Nähe zu dem urbanen Zürich. Diese Mischung zieht sich bei mir überall durch – auch in der Musik. … und schon sind wir wieder bei der Musik. Was wäre ein grosser Traum von dir, den du dir erfüllen möchtest?

«Weiss nöd», ich habe immer wieder Träume, die ich dann versuche umzusetzen. Deshalb wartet bei mir kein Traum, der erfüllt werden möchte.

Foto: Franziska Keller

Von Franziska Keller

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