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Lehrermangel wächst – ob es am Geld liegt?

Die noch vielen unbesetzten Lehrerstellen geben in der Politik und beim Lehrerverband Kanton Schwyz Anlass zur Besorgnis. Dabei spielt die Lohndiskussion eine bedeutende Rolle.

ERIKA UNTERNÄHRER

Letzte Woche reichten Kantonsräte eine Kleine Anfrage und eine Interpellation beim Regierungsrat ein. Mit Besorgnis werden die noch offenen Stellen für das Lehrpersonal im Kanton Schwyz betrachtet – derzeit sind es siebzig. Vergleicht man diese Zahl mit jener der Nachbarkantone, stellt man fest: Die Nachfrage nach Lehrpersonen ist in Schwyz deutlich höher. Es bleibt abzuwarten, wie der Kanton die Ausbildung von Lehrkräften für Heilpädagogik und Logopädie fördern will und wie eine langfristig verfolgte Strategie aussieht, sofern im folgenden Sommer nicht alle Stellen besetzt werden. Dass viele Schwyzer Lehrer bei der Wahl des Arbeitsortes dem Kanton den Rücken kehren, habe mit der besseren Bezahlung und der Unterstützung bei schwierigen Klassen zu tun, sagt Rita Marty, Präsidentin des Lehrerverbands Schwyz (LSZ): «Wir fordern, dass im Kanton Schwyz konkurrenzfähige und gerechte Löhne bezahlt werden.» Die Lohndiskrepanz rückt in den Fokus Ein Blick auf die Lohnsysteme der Deutschschweizer Kantone zeigt: Die Lohndiskrepanz ist ein Kritikpunkt, den die Zahlen bestätigen. Laut der neusten Publikation der Nordwestschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz verdient eine Primarlehrperson im Kanton Schwyz im ersten Jahr 76’000 Franken (inklusive 13. Monatslohn). In den Nachbarkantonen Zug gibt es rund 2000 Franken, in Luzern rund 5000 Franken und in Zürich gut 16’000 Franken mehr pro Jahr.

Den Schwyzer Schulen fehlt es an Lehrkräften – und das, obwohl die Pädagogische Hochschule Schwyz problemlos alle Studienplätze besetzen kann und jährlich zahlreiche, gut ausgebildete Frauen und Männer in die Arbeitswelt entlassen darf. Die Frage ist nun: Wo gehen alle hin? Mit derzeit siebzig ausgeschriebenen Stellen auf zebis.ch, dem Portal für Lehrpersonen, ist Schwyz der Kanton, der die grösste Nachfrage stellt.

Die Zahl auf dem Stellenportal wäre wohl noch höher, wären da nicht die «hanebüchenen» Lösungen, die für die Durchführung des Unterrichts «zusammengestückelt » würden, wie Rita Marty sagte. Sie erklärte, dass Klassenlehrpersonen zeitweise als Heilpädagoginnen einspringen, Pensionäre ins Klassenzimmer zurückgeholt und aus Teilzeitüber Nacht Ruckzuck-Vollzeitpensen gemacht würden. Wie kommt es zu all dem?

Schwyzer Löhne im untersten Bereich Die Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz publiziert jährlich die Auswertung der Lohndatenerhebung der Lehrkräfte in den deutschsprachigen Kantonen. Wirft man einen Blick auf die Zahlen der neusten Publikation, fällt auf: Die sieben angrenzenden Kantone zahlen überwiegend höhere Löhne. Auch Schwyz liegt fast überall unterhalb des Mittels. So verdient keine Kindergartenlehrperson (Einsteigerlohn 68’335 Franken) so wenig wie im Kanton Schwyz.

Bei den Zentralschweizer Kantonen liegt das Lohnmittel auf Kindergartenstufe auf 71’522 Franken, in der gesamten Deutschschweiz auf 75’000 Franken. Tiefer als das Deutschschweizer Mittel setzt Schwyz zudem auf der Primarstufe an (SZ: 76’000, Deutschschweizer Mittel: 78’000).

Am kleinsten ist die Diskrepanz bei den Sekundarlehrpersonen: Da befindet sich Schwyz zwar auch unterhalb des Mittels, jedoch beläuft sich der Lohnunterschied mit 792 Franken «nur» auf einen dreistelligen Bereich. Was die Lohnsummen für die Heilpädagogen betrifft, setzt Schwyz mit 82’671 Franken unter den Deutschschweizer Kantonen am zweittiefsten an.

Fehlende Lohnentwicklung Was die Zahlen auch verraten: In den letzten zehn Jahren sind die Löhne in Schwyz gleich geblieben. Einzig auf der Kindergartenstufe stiegen die Löhne seit dem Jahr 2012 um über 5000 Franken. Satte Lohnsprünge hat es in den Nachbarkantonen Luzern, St. Gallen und Zürich gegeben.

Um ein Zahlenbeispiel zu nennen: Eine Primarschullehrerin hatte im Jahr 2012 in Luzern einen Jahresbruttolohn (inklusive 13. Monatslohn) von 74’480 Franken. Im Jahr 2021 sprang die Summe auf 81’264 Franken, das sind rund 6800 Franken mehr als neun Jahre zuvor.

Mit Lohnanpassungen sei das Problem aber noch nicht vollständig gelöst, erklärt Rita Marty, die Präsidentin des Lehrerverbandes Schwyz. Neben einer höheren Bezahlung würden die Nachbarkantone auch bessere Arbeitsbedingungen schaffen. Lehrer kritisieren die Erhöhung der Klassengrössen So erhielten Lehrpersonen dort mehr Unterstützung bei schwierigen Klassen, so genannte Klassenassistenzen. Marty: «Auch fordern wir, dass die Erhöhung der Klassengrössen rückgängig gemacht wird.» Diese stelle die Lehrerinnen und Lehrer vor zusätzliche Schwierigkeiten – insbesondere, wenn das ausgebildete Fachpersonal fehle und besondere Situationen wie Corona oder Flüchtlingswellen die Lehrkräfte zusätzlich forderten.

Patrick von Dach, Sekretär des Bildungsdepartements Kanton Schwyz, erklärt, dass entsprechende Lohnanpassungen für Lehrer in die Zuständigkeit des Kantonsrates fallen würden. Dieser habe im Jahr 2012 eine vom Regierungsrat beantragte generelle Lohnerhöhung für alle Lehrerkategorien abgelehnt und lediglich bei den Löhnen der Kindergärtnerinnen und Kindergärtner eine Anpassung vorgenommen. Zudem habe der Kantonsrat im letzten Jahr punktuell einer Gleichstellung der Bezahlung von Kindergartenlehrpersonen mit denjenigen der Primarschulstufe zugestimmt.

Tief lässt die Stellungnahme des Kantons betreffend der seit Jahren stagnierenden Lohnsituation des Schwyzer Lehrpersonals nicht blicken. Umso spannender dürften also die Antworten zur Kleinen Anfrage und zur Interpellation sein, die letzte Woche von einigen Kantonsräten eingereicht wurden.

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