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«Die Privatschule Casa Vitura auf dem Katzenstrick blüht»

«Die Privatschule Casa Vitura auf dem Katzenstrick blüht» «Die Privatschule Casa Vitura auf dem Katzenstrick blüht»

Neuer Wind über den Dächern von Einsiedeln: Es kommt zu einem Wechsel in der Leitung der Privatschule Casa Vitura auf dem Katzenstrick. Neuer Schulleiter ist der 51-jährige Ronald Kalbermatten aus Einsiedeln, wohnhaft in Euthal: «Die Schülerzahl konnte auf 14 Schüler gesteigert werden.»

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie sind Sie zum Amt des Leiters der Privatschule Casa Vitura gekommen – unverhofft wie die Jungfrau zum Kind? Ja, so könnte man das sagen (lacht). Seit dem Oktober bin ich als Lernbegleiter für die Schule Casa Vitura im Einsatz. Als dann Yasmin Fässler, Präsidentin des Vereins für natürliches Lernen, gesundheitliche Probleme bekommen hat, ist eine schwierige Phase für die Schule losgebrochen – just bei den Eltern war in dieser Zeit eine grosse Unsicherheit spürbar. Seit dem Februar amte ich denn nun als Schulleiter auf dem Katzenstrick, um den Dampfer wieder in ruhigere Gewässer zu führen. Ist der bisherige Schulleiter René Kälin noch im Verein für natürliches Lernen tätig? René Kälin war bis im Oktober Leiter der Schule Casa Vitura und auch als Lernbegleiter im Einsatz. Er wird weiterhin Mitglied im Verein für natürliches Lernen bleiben. Im Oktober ist Martina Malin aus Unterägeri für kurze Zeit Schulleiterin geworden, bis sich die Wege wieder getrennt haben, weil unterschiedliche Ansichten über das pädagogische Konzept der Schule in den Fokus rückten. Wird der Verein weiterhin für die Schule Casa Vitura verantwortlich bleiben?

Ja, der Verein für natürliches Lernen wird auch in der Zukunft der Trägerverein der Schule Casa Vitura sein. Allerdings kommt es im Verein zu einer grösseren Umstrukturierung: An einer ausserordentlichen Generalversammlung am 9. April wird der Vorstand des Vereins komplett neu gewählt. Das heisst, dass an diesem Tag auch eine Nachfolgerin, ein Nachfolger für Yasmin Fässler in das Präsidium des Vereins gewählt werden wird. Wie entwickeln sich die Schülerzahlen auf dem Katzenstrick? Überaus erfreulich: Die Zahl von 6 Schülern hat sich unterdessen auf 14 erhöht. Drei Gründe geben für diese ausgezeichnete Entwicklung der Schülerzahlen den Ausschlag: In der Bevölkerung steigt das Bewusstsein für ein freies Lernen. Dann hat die Corona-Pandemie auch eine Rolle gespielt: Viele Eltern fan-den die Maskenpflicht übertrieben. Weil bei uns die Kinder oft draussen sind, konnten wir die Maskenpflicht flexibler handhaben – denn draussen mussten ja keine Masken getragen werden. Hinzu kommt, dass die Schule Casa Vitura mit der Zeit immer bekannter wird. Hat das rasche Wachstum der Privatschule Casa Vitura zum Burnout von Yasmin Fässler geführt?

Das mag auch eine Rolle gespielt haben. Es gab allerdings auch noch andere Belastungen, die auf die Schule hinzugekommen sind: Wenn nur fünf Schüler unterrichtet werden können, gerät die finanzielle Situation schnell einmal aus dem Lot. Hätte die Zahl an Schülern nicht gesteigert werden können, wäre die Schule irgendwann im Konkurs gelandet.

Welche Bedingungen muss ein Schulleiter im Kanton Schwyz in Sachen Ausbildung erfüllen? Er sollte eine Schulleiterausbildung absolviert haben. Ich selber habe keine solche Ausbildung genossen. Der Schulinspektor des Kantons Schwyz hat ein Auge zugedrückt und die jetzige Situation als vorübergehende akzeptiert: Ich bin nur temporär Schulleiter und soll bald abgelöst werden. Bereits sind wir auf der Suche nach einer Nachfolgerin in diesem Amt, die bereit wäre, mit der Ausübung die-ser Leiterfunktion eine Schulleiterausbildung in Angriff zu nehmen.

Ist die pädagogische Leiterin Bernadette Röllin weiterhin in einem 60-Pensum im Einsatz? Bernadette Röllin arbeitet noch immer in einem 60-Prozent-Pensum: Allerdings nicht mehr als pädagogische Leiterin, sondern als Lehrerin. Die pädagogische Leitung hatte nach Röllin die Schulleiterin Martina Malin inne: Mit dem Resultat, dass sie das pädagogische Konzept dahingehend abgeändert hat, dass vom ursprünglichen nicht mehr viel übrig geblieben ist. Jetzt haben wir den Weg zurück zu den Wurzeln gefunden: Zusammen mit dem ganzen Team bin ich für das pädagogische Konzept verantwortlich. Wir führen dieses nun wieder so aus, wie es in den Statuten des Vereins für natürliches Lernen vorgesehen ist.

Wie viele Leute beschäftigt Casa Vitura derzeit? Wir konnten nach dem kompletten Rücktritt der Schulleitung und des pädagogischen Teams genügend Personal rekrutieren. Dank der Hilfe von Eltern, des Netzwerks der Schule und meines Netzwerks haben wir ein optimales Team kreiert, damit der Reset gelingen konnte. Was sehr erfreulich ist: Dass alle drei Lernbegleiter männlich sind und unser Team den Ausgleich von männlicher und weiblicher Energie leben kann. Wir arbeiten mit Teilpensen und können dadurch noch mehr Vielfalt in den Lernalltag einbauen.

Sind Sie weiterhin auf der Suche nach Freiwilligen, welche die Schule auf dem Katzenstrick unterstützen? Ja, wir sind froh um jede weitere Hilfe und Unterstützung. Freiwillige können bei uns zum Einsatz kommen, wenn es um Projektarbeiten geht – zum Beispiel, wenn sich die Schüler mit Wildtieren beschäftigen oder mit Lismen. Wir suchen Freiwillige, die bereit sind, den Mittagstisch zu begleiten und zu kochen. Oder die bereit sind, Putzarbeiten in den Schulräumen zu übernehmen. Bereits im Einsatz für uns ist ein Fotograf, der uns mit seinen Bildern im Schulbetrieb unterstützt.

Unterrichten Sie selber auch ein Fach? Ja, ich werke mit den Kindern, weil ich selber Freude daran habe, mit den Schülern zu basteln, von Hand etwas anzufertigen. In der Adventszeit haben wir Kerzen gezogen – mit der Unterstützung von der Firma Lienert-Kerzen AG, Einsiedeln. Dann haben wir Vogelhüsli gebaut. Ein nächstes Projekt entsteht aus dem Schulalltag heraus. Die Kinder sollen bei uns nicht das Lernen lernen müssen. Kinder wollen von alleine lernen. Sie haben ihren eigenen Antrieb, ihre eigene Motivation. Freies Lernen ist intrinsisch, nicht aufoktroyiert und von aussen erzwungen.

Gingen Sie selbst gerne in die Schule – damals in den 70er-Jahren? Ich war wohl weniger ein Musterschüler (lacht) und ging lieber in den Wald als in die Schule. Ich fand wenig Freude am damaligen Schulbetrieb und bin seither überzeugt, dass es Alternativen zur Volksschule braucht. Seitens des Kantons Schwyz erhalten wir immer wieder Zeichen dafür, dass unser Konzept dort auf Resonanz stösst und unsere Schule durchaus willkommen geheissen wird. Das Konzept ist unser Fundament, das alles trägt. Ist weiterhin geplant, zukünftig eine Oberstufenklasse auf dem Katzenstrick einzurichten? Ja, das ist unser Plan. Es wird den Schülern aus der sechsten Klasse nicht leicht gemacht, in die Sekundarschule zu wechseln, weil das Konzept so anders ist. Bei uns im Schulbetrieb stehen Sozialkompetenz und Eigenverantwortung im Vordergrund: Weite und Offenheit sind im Fokus – und nicht Begrenzung und normatives Denken. In der Volksschule sind die Lehrschienen oftmals eng gesetzt, wird vieles vorgekaut, was der Schüler zu lernen und zu denken hat. Deswegen sind wir auf der Suche nach einer Anschlussmöglichkeit und in Kontakt mit der Freien Schule in Bergmeilen. Gilt der Lehrplan 21 auch für Casa Vitura? Auch wir als Privatschule müssen uns an den Lehrplan 21 halten. In diesem sind Licht und Schatten verborgen. Gar nicht so schlecht ist die Erarbeitung von Kompetenzen: Das entspricht ziemlich unserem Konzept. Weniger ideal ist, dass der Lehrplan 21 vorgibt, wann genau zum Beispiel Mathematik gelernt werden muss und in welcher Zeit. Wir gehen davon aus, dass ein Kind selber weiss und spürt, wann der Augenblick gekommen ist, in dem es Mathe lernen will. Wenn dieser Moment da ist, lernt es dann sehr schnell, die Welt der Zahlen zu erkunden. Oder Mathematik ergibt sich aus dem Alltag heraus: Wenn etwa die Kinder den Einkauf für den Mittagstisch vorbereiten, eine Liste erstellen und berechnen müssen, mit wie viel Geld was zu posten ist im Laden pro Person. Wie viel kostet die Schule monatlich pro Kind? Der Basisbeitrag pro Familie ist 900 Franken pro Monat, dann variiert der Beitrag in den Stufen von 100 bis 600 Franken. Wir sind im Verhältnis zu anderen Privatschulen preiswert. Gibt es Unterstützung für Eltern, die sich das Schulgeld nicht leisten können? Unsere Vision ist, diesen Eltern unter die Arme greifen zu können. Zu diesem Zweck wollen wir eine Förderstiftung gründen und sind hierzu auf der Suche nach Sponsoren und Gönnern, die helfen, eine solche Stiftung zu unterstützen.

Kommen die Kinder immer noch zu Fuss in die Schule? Gerne betone ich, dass die Kinder zu Fuss in die Schule gehen dürfen, aber nicht müssen. Der Schulweg vom Gaden unten her bis zur «Frohen Aussicht» gehört gewissermassen zum Schulunterricht, zur Schulzeit. Wir ha-ben gleitende Schulzeiten.

Wo turnen die Kinder?

Im Winter können die Schüler in der Tanzschule Matviienko & Co Dance Art an der Zürichstrasse in Einsiedeln turnen oder sind in der Hüpfburg. Von Frühling bis Herbst turnen die Kinder mehrheitlich draussen an der frischen Luft und spielen dort Fussball, Federball und so weiter. Aus welchen Gemeinden kommen die Kinder in die Schule? Wir haben Kinder aus Steinen und aus dem Bezirk Einsiedeln, die unsere Schule besuchen. Zudem gibt es Eltern in der March, die Interesse zeigen, ihre Kinder in die Casa Vitura zu schicken: Es gibt zwar eine ganze Reihe von Privatschulen in Ausserschwyz – allerdings haben einige davon eine lange Warteliste … Mit diesen Schulen sind wir in regem Kontakt und Austausch.

Welche Perspektiven hat Ihre Schule in der Zukunft? Die Privatschule Casa Vitura auf dem Katzenstrick blüht. Wir arbeiten weiterhin tatkräftig daran, eine weltoffene Schule der Zukunft zu gestalten – hoffentlich mit wenig Warteliste (lacht). Falls wir denn mal die Zahl von 20 bis 25 Kindern erreichen sollten, wird der Raum auf dem Katzenstrick knapp: In diesem Fall müssten wir uns dann wohl nach einem eigenen grösseren Haus umschauen. Wir sind nach wie vor daran interessiert, Werbeveranstaltungen zu organisieren, um den Leuten das freie Lernen näher zu bringen. Geld bleibt naturgemäss ein präsentes Thema: Es wäre uns sehr geholfen, wenn die freie Schulwahl eingeführt würde – sie würde verhindern, dass eine Zweiklassengesellschaft entsteht. Es sollte nicht sein, dass sich nur vermögendere Eltern eine Privatschule leisten können.

«Freies Lernen erfolgt aus eigenem Antrieb, wird nicht von aussen auferzwungen.» «Ich war weniger ein Musterschüler und ging lieber in den Wald als in die Schule.» «Es sollte nicht sein, dass sich nur vermögendere Eltern eine Privatschule leisten können.»

Ronald Kalbermatten heisst der neue Leiter der Privatschule Casa Vitura auf dem Katzenstrick, von wo man eine prächtige Aussicht auf das Klosterdorf geniessen kann.

Foto: Magnus Leibundgut

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