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Ärzte überschritten als Richter die Kompetenzen

Das Bundesgericht hat zum wiederholten Mal ein Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und zurückgewiesen.

RUGGERO VERCELLONE

An den Schwyzer Gerichten sit-zen nebst vollamtlich tätigen Juristen auch Ärzte und andere Berufsfachleute als Laienrichter im Nebenamt. Das ist so gewollt, denn diese Laienrichter sollen ihre Fachkenntnisse ins Gericht einbringen, die Zahl der erforderlichen Gutachten damit verringern und die Interpretation der Gerichtsakten aus fachberuflicher Sicht erleichtern.

Diese Zusammensetzung kann aber auch ihre Tücken ha-ben, wie nun das Bundesgericht zum wiederholten Mal festgestellt hat. Im konkreten Fall, den das Bundesgericht dieser Tage veröffentlicht hat, ging es um einen Unfallversicherungsfall.

Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) weigerte sich, die Knieverletzung (Meniskusläsion), die sich ein Versicherter an einem Fussballspiel zugezogen haben soll, als Unfall anzuerkennen.

Der Suva-Kreisarzt war zum Schluss gekommen, dass zum Zeitpunkt der Operation aus medizinischer Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keine Unfallfolgen mehr vorgelegen hätten. Vielmehr handle es sich um eine degenerative Meniskusschädigung, die also vor dem Unfall bereits vorhanden gewesen sei.

Unstatthaft gutachterliche Aufgaben wahrgenommen Das Schwyzer Verwaltungsgericht hob diesen Entscheid auf – mit der Begründung, der behandelnde Arzt vermöge nachvollziehbar und schlüssig zu begründen, dass diese Läsion mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch den Sportunfall zumindest teilverursacht worden sei.

Das Bundesgericht stell-te fest, dass das Verwaltungsgericht, das mit zwei Fachärzten besetzt gewesen sei, «es nicht bloss bei einer Beweiswürdigung bewenden liess, sondern eigentliche gutachterliche Aufgaben wahrnahm, indem es ausführliche eigene medizinische Wertungen anstellte und medizinische Schlussfolgerungen traf».

Damit hätten die Schwyzer Richter «klarerweise Bundesrecht verletzt». Bei den vorliegend diametral voneinander abweichenden medizinischen Beurteilungen hätte das Verwaltungsgericht die Angelegenheit durch einen unabhängigen Gutachter klären lassen müssen. Ärzte hatten als Richter ihre Kompetenzen überschritten Zudem habe das Gericht dem Umstand keine Rechnung getragen, dass der behandelnde Arzt zugleich Rechtsvertreter des Beschwerdegegners sei und damit ohnehin seine parteiische Stellung bekräftigt sei. Vor diesem Hintergrund könne es umso weniger angehen, dass das Verwaltungsgericht die direkte Leistungszusprache einzig auf die Angaben dieses Arztes abstützte.

Das Bundesgericht wies die Sache zurück an das Verwaltungsgericht, das nun die Frage nach der Unfallkausalität durch ein unabhängiges Gutachten klären muss.

Unlängst hatte das Bundesgericht bereits einen Fall aus dem Kanton Schwyz wegen der gleichen Problematik ans Verwaltungsgericht zurückgewiesen. Auch damals hatten die Ärzte als Richter ihre Kompetenzen überschritten.

Urteil 8C_549/2021 vom 7. Januar 2022

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