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«Feilschen nahm groteske Formen an»

«Feilschen nahm groteske Formen an» «Feilschen nahm groteske Formen an»

Der Schwyzer Bildungsdirektor Michael Stähli steht Red und Antwort zu den überraschenden Mittelschulentscheiden im Kantonsrat.

JÜRG AUF DER MAUR

Die privaten Mittelschulen feiern. Auf dem Raum Schwyz kommt es zu keiner Fusion, dafür erhalten sie jetzt mehr Geld. Wie frustriert sind Sie? Gar nicht, denn angesichts der gezielten Lobbyarbeit in den betreffenden Mittelschulregionen war dieses Ergebnis zu erwarten. Für die betreffenden Schulgemeinschaften ist es gut, dass diese Fragen nun geklärt sind. Und die beiden Initiativen wurden ja ebenfalls abgelehnt.

Auch der Neubau der Kantonsschule Ausserschwyz und die ursprünglich beabsichtigte Zentralisierung in Pfäffikon kommt nicht. Sie scheiterte am Volksmehr. Hat die Regierung die Stimmung in der Bevölkerung unterschätzt? Der Regierungsrat konnte davon ausgehen, dass die im Kantonsrat mit 70:20 Stimmen gutgeheissene Ausgabenbewilligung für die zusammengeführte Kantonsschule in Pfäffikon, KSA, auch vor dem Volk Bestand haben würde. In der Abstimmungskampagne wurde primär die damals vorgesehene Investitionssumme von 98 Millionen Franken bekämpft und für eine «kostengünstige Mittelschulinfrastruktur » mobilisiert. Mit dem Entscheid, die KSA weiterhin an zwei Standorten zu führen, wird die Investition nun jedoch auf rund 114 Millionen Franken steigen. Dies wird von den damaligen Initianten akzeptiert und zeigt, dass die Kosten nun keine grosse Rolle mehr spielen. So kann Politik sein.

Sie und Ihr Departement haben einen grossen Aufwand betrieben. Wie viele Stunden hat man in dieses Projekt gesteckt? Die Trägerschaften der zwei direkt benachbarten Schulen haben seit 2017 intensiv an einer umsetzungstauglichen Konzeption gearbeitet. Diese hat die Machbarkeit bezüglich schulischer, baulicher, finanzieller, zeitlicher und personeller Aspekte bestätigt und wurde mittels Absichtserklärung im Herbst 2020 von beiden Seiten unterzeichnet. Beim Kick-off für die Umsetzungsphase wurde zudem stark betont, die Vergangenheit verlassen und gemeinsam eine neue Schule konzipieren zu wollen.

Nur kurze Zeit später wurde die Kooperationsbereitschaft einseitig aufgegeben, die Vertrauensgrundlage damit geschwächt und das Projekt gestoppt. Dieses Täuschungsmanöver hat eine grosse Vorarbeit überflüssig gemacht.

Wie geht es nun weiter?

Ich bin zufrieden, dass es bezüglich einer zusammengeführten Kantonsschule Innerschwyz Klarheit gegeben hat. Wir können nun die Weiterentwicklung der KKS angehen und die optimale räumliche Auslastung des Kollegi-Gebäudes konkretisieren.

Initiant René Baggenstos geht davon aus, dass das Theri für die nächsten zehn Jahre nun gesichert ist. Sie auch? Ich nehme die Aussagen der Initianten zur Kenntnis, dass der neu angesetzte Beitrag nun das finanzielle Überleben der privaten Mittelschulen sichert. Auch wenn das Feilschen nach Maximalbeiträgen nahezu groteske Züge angenommen hat, bin ich froh, dass der Kantonsrat mit klarer Zustimmung einen neuen Beitrag festgesetzt hat. So ist die Hürde für erneute Diskussionen um nochmalige Beitragsanpassungen hoch angesetzt. Was ist denn an den Privatschulen privat, wenn diese nun vom Kantonstopf noch stärker profitieren können?

Die privaten Mittelschulen führen ihre Schüler zum gleichen Ziel wie die Kantonsschulen, aber unter anderen Bedingungen: Sie haben ihre eigene Schulorganisation, ihr eigenes Besoldungssystem, ihre eigenen Organisationsformen. Sie sind frei in der Methode, wie sie ihre Leistungen erbringen. Sie verfügen somit über alle Merkmale und Freiheiten von Privatschulen, einzig die Finanzierung wird grösstenteils dem Kanton überlassen – ein politisch gewollter Widerspruch zulasten der Steuerzahlenden. Ihnen kam der Bildungsaspekt in der ganzen Debatte zu kurz. Weshalb? Durch die Eingrenzung auf die Themen Standort und Finanzen sowie das strukturerhaltende und enge regionalpolitische Denken konnten pädagogische Argumente und das Gestalten einer für den ganzen Kanton zukunftsfähigen Lösung nicht durchdringen. Startet im Departement nun die Erarbeitung einer neuen Strategie – oder lässt man es vorderhand einfach beim Status quo sein? Im Parlament wird stets nach Perspektiven und Visionen gerufen. Legt der Regierungsrat sodann konkrete Entwicklungsprojekte vor, wird reflexartig für eine Bewahrung der Strukturen und für maximale Staatsmittel geweibelt. Mit dem Bekenntnis des Parlaments, es bei den privaten Mittelschulen beim Status quo zu belassen, werden wir nun die zukunftsfähige Weiterentwicklung der Kantonsschulen vorantreiben und die mittels Leistungsaufträgen ausgelagerten Leistungen überprüfen.

Regierungsrat Michael Stähli: «… doch dann wird reflexartig für eine Bewahrung der Strukturen und für maximale Staatsmittel geweibelt.» Foto: Archiv EA

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