Veröffentlicht am

«SP will auch eine Steuersenkung»

«SP will auch eine Steuersenkung» «SP will auch eine Steuersenkung»

SP-Präsidentin Karin Schwiter erklärt, weshalb sie die Steuerfussprogression ändern will.

JÜRG AUF DER MAUR

Morgen Mittwoch kommt es zur grossen Steuerdebatte im Kanton Schwyz. Die Vorschläge belaufen sich von keiner Senkung (SP) bis minus 40 Prozent (Stawiko/ FDP). Was erwarten Sie?

Das ist falsch! Auch die SP fordert eine Steuersenkung. Anstatt den Steuerfuss zu senken, wovon vor allem die Reichsten profitieren würden, schlägt die SP eine gezielte Steuersenkung für den Mittelstand vor. Dies können wir erreichen, indem wir die Steuerprogressionskurve anpassen. Mit dem Vorschlag der SP werden die unteren neunzig Prozent der Bevölkerung rund viermal so stark entlastet wie mit einer Zwanzig- Prozent-Senkung des Steuerfusses – und das bei einem gleich grossen Einnahmenausfall. Am Schluss wird doch der Kompromissvorschlag der SVP mit dreissig Prozent durchkommen. Was wäre aus SP-Sicht so schlimm daran? Die Bezeichnung Kompromissvorschlag finde ich völlig unangebracht. Denn auch der Dreissig- Prozent-Steuersenkungsvorschlag kürzt die Staatseinnahmen in einem nie dagewesenen Ausmass. Er zeugt also nicht von Kompromissfähigkeit, sondern von einer unglaublichen Radikalität. Einen so krassen Senkungsschritt auf ein Mal zu vollziehen, hat null und nichts mit einer nachhaltigen Finanzpolitik zu tun. Es zeigt lediglich, wie selbstherrlich die FDP- und die SVP-Allianz im Kanton Schwyz inzwischen kutschiert. So sind die Mehrheitsverhältnisse.

Das Problem an dieser geplanten Senkung des Steuerfusses ist, dass damit vor allem die Reichsten entlastet werden. Ein Einkommensmillionär müsste bei einer Zwanzig-Prozent-Senkung pro Einkommensmillion 10’000 Franken weniger Steuern bezahlen, während eine Person mit 40’000 Franken steuerbarem Einkommen gerade mal 200 Franken spart. Dabei zahlen die Reichsten schon jetzt schweizweit nirgends weniger Steuern als im Kanton Schwyz. Wer weniger hat, profitiert halt auch weniger. Ja, und ausserdem würden wir mit einer solch krassen Senkung des Steuerfusses denselben Fehler wiederholen, den wir bereits vor zehn Jahren gemacht haben: Die übertriebenen Steuersenkungen in den Steuergesetzrevisionen haben damals ein massives Loch in die Staatskasse gerissen. Das ist doch keine gescheite Politik!

Der Vorwurf der Untermargigkeit wäre bei einer Reduktion um dreissig Prozent aus dem Weg geräumt. Zudem bliebe noch Geld für die Entlastung von kleinen und mittleren Budgets? Es wäre sehr kurzsichtig, Steuerpolitik nur nach der Untermargigkeit zu beurteilen. Denn Untermargigkeit bedeutet ja lediglich, dass wir für einen eingenommenen Steuerfranken mehr als einen Franken in den Finanzausgleich einbezahlen müssen. Nur mit der Aufhebung der Untermargigkeit ist das Problem nicht gelöst, denn mit unseren Steuern müssen wir ja nicht nur den Finanzausgleichstopf füllen, sondern auch unsere Aufgaben hier im Kanton Schwyz finanzieren. Und auch an diesen Kosten sollen sich alle Steuerzahlenden angemessen beteiligen. Es bliebe aber Geld für weitere Entlastungen.

Die Aussage, es bliebe noch Geld für die Entlastung von kleinen und mittleren Budgets, ist falsch. Nach einer dreissig-prozentigen Senkung des Steuerfusses wäre die Kasse leer. Wir müssten alles verbliebene Geld dafür aufwenden, um die Investitionen aufzuholen, die der Kanton Schwyz in den letzten Jahren vernachlässigt hat. Ausserdem ist es völlig unangebracht, die Entlastung der kleinen und mittleren Budgets auf später zu verschieben. Was genau schlagen Sie denn vor? Wir schlagen vor, die Steuerprogressionskurve so anzupassen, dass alle Steuerpflichtigen bis und mit einem steuerbaren Einkommen von 120’000 gleichmässig entlastet werden. Dafür setzen wir denselben Betrag von 80 Millionen Franken ein, den uns eine Senkung des Steuerfusses von zwanzig Prozent kosten würde.

Weshalb?

So können wir die neunzig Prozent der Schwyzer Bevölkerung, die nicht über Millioneneinkommen verfügen, viermal stärker entlasten als mit einer Senkung des Steuerfusses. Eine Person mit einem tiefen steuerbaren Einkommen von 20’000 Franken würde 320 statt nur 80 Franken Steuerentlastung erhalten. Eine Person mit einem mittleren steuerbaren Einkommen von 40’000 Franken – das ist das Medianeinkommen – würde 800 statt nur 200 Franken Steuern sparen. Und auch der obere Mittelstand mit einem steuerbaren Einkommen von 80’000 Franken würde statt um 500 um 2000 Franken entlastet. Besteht da nicht das Risiko, dass die ganz Reichen am Schluss nicht mehr mitmachen und wir alle mehr bezahlen müssen?

Bereits heute bezahlen die Reichsten nirgendwo in der Schweiz weniger Steuern als bei uns. Ihre Steuern werden sich nicht erhöhen. Warum sollen sie wegziehen? Ausserdem hat der Zuzug der Superreichen negative Folgen, über die wir viel zu wenig sprechen.

Welche denn?

Die zu tiefen Steuern führen dazu, dass die Wohnungsmieten durch die Decke gehen. Indem wir die Steuern der Reichsten nicht noch weiter senken, können wir verhindern, dass unsere Mietpreise noch weiter steigen und für uns Normalverdienende kaum noch bezahlbar sind. Bereits ab Januar werden die tieferen Einkommen massiv entlastet, indem der Gegenvorschlag zur Mittelstandsinitiative in Kraft tritt. Da war auch die SP dafür. Die dadurch erfolgte steuerliche Entlastung der tiefen und mittleren Einkommen beträgt zirka neun Millionen Franken. Der Kanton trägt dazu gerade mal 3,3 Milionen Franken bei. Der Vergleich zeigt, wie unausgewogen die rechts-dominierte Schwyzer Politik ist: Für die Entlastung der tiefen und mittleren Einkommen werden weniger als fünf Millionen Franken eingesetzt. Für eine einzige Senkung des Steuerfusses sollen nun 105 Millionen – bei dreissig Prozent – oder gar 140 Millionen Franken – bei vierzig Prozent – ausgegeben werden. Die Regierung argumentiert, dass nach wie vor nicht klar ist, wie es mit der Wirtschaft und den Kosten wegen der Corona- Krise weitergeht. Man will lieber sicher gehen. Das tönt doch sinnvoll?

Absolut.

Was passiert, wenn sich die SP mit ihrem Antrag im Dezember nicht durchsetzt? Schwyz wird alle wichtigen und dringenden Investitionen weiter vernachlässigen und im Vergleich zu den anderen Kantonen immer mehr ins Hintertreffen geraten. Das meiste Geld aus der Steuersenkung landet in den bereits übervollen Koffern der Reichen, und die Normalverdienenden bleiben einmal mehr auf der Strecke. Wie gross denken Sie, ist die Chance, dass Ihre Ideen im Parlament unterstützt werden? Unsere SP-Fraktion hat bei den letzten Wahlen zwei weitere Sitze gewonnen. Die Mehrheitsverhältnisse im Kantonsrat sind dadurch äusserst knapp geworden. Es braucht nur noch drei Personen von der FDP und SVP, die bei dieser überbordenden Steuersenkung für die Reichsten nicht mitmachen. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass zumindest einige wenige zur Vernunft kommen. Ob die Idee sich durchsetzt, ist offen. Aber wir werden bis zur Session mit allen Mitteln Überzeugungsarbeit leisten.

Karin Schwiter will die Steuerfussprogression im Kanton Schwyz ändern. Foto: zvg

Share
LATEST NEWS