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«Das müsste gut begründet sein»

«Das müsste gut begründet sein» «Das müsste gut begründet sein»

Säckelmeister Andreas Kuriger zu den unterschiedlichen Steuerfüssen für juristische und natürliche Personen

Das Gespräch mit dem Einsiedler Finanzchef lässt darauf schliessen, dass ein Steuerfuss-Splitting für den Bezirk bisher keinem zwingenden Bedürfnis entspricht.

VICTOR KÄLIN

Sind unterschiedliche Steuerfüsse für natürliche und juristische Personen für den Bezirksrat Einsiedeln je ein Thema gewesen?

Seit meinem Amtsantritt als Säckelmeister wurde dieses Thema im Rahmen der Standortförderung angesprochen. Konkret beraten haben wir diese Thematik aber nicht, da mein Ressort auch keinen entsprechenden Antrag gestellt hat.

Und warum nicht?

Das Ressort Finanzen, Informatik und Controlling macht sich natürlich Gedanken auch zu diesen Thema. Die Entkoppelung der Steuerfüsse für natürliche und juristische Personen ist nur ein Puzzleteil der Wirtschaftspolitik. Die Steuereinnahmen des Bezirks Einsiedeln stammen zu über 88 Prozent von natürlichen Personen. Würde man die grossen Steuerzahler bei den juristischen Personen rausrechnen – so kämen wir auf rund 5 bis 6 Prozent, welche die übrigen juristischen Personen zum Gesamtertrag beitragen.

Könnte die in Einsiedeln bisher nicht stattgefundene öffentliche Diskussion auch damit zusammenhängen, dass den meisten Stimmbürgern und Stimmbürgerinnen gar nicht bewusst ist, dass es in der Kompetenz der Bezirksgemeinde liegt, die Steuerfüsse zu splitten? Es ist sicherlich so, dass die meisten Stimmbürger und Stimmbürgerinnen die Möglichkeit der Steuerfussentkoppelung nicht kennen. Ich denke aber nicht, dass dies ein Grund für die bisher nicht stattgefundene Diskussion ist. Altendof hat sie bereits und mit Schübelbach beantragt aktuell eine weitere Gemeinde unterschiedliche Steuerfüsse. Könnte das die Diskussion in Einsiedeln ins Laufen bringen? Der Bezirksrat hat mit der beantragten Steuerfusssenkung von bisher 230 auf neu 220 Prozent der Steuerthematik Rechnung getragen – auch wenn wir keine Steuerfusssplittung beantragen. Ich denke nicht, dass von Dritter Seite das Thema aufgegriffen wird.

Haben Sie als Säckelmeister oder Ihre Bezirksratskollegen von hiesigen oder auswärtigen Unternehmern und Unternehmerinnen schon entsprechende Wünsche gehört? In Gesprächen wurde gelegentlich gefragt, ob eine Entkoppelung möglich wäre. Eine konkrete Forderung ist mir nicht bekannt.

Was halten Sie davon, wenn juristische Personen prozentual weniger steuern müssen als natürliche Personen? Da fast 90 Prozent der Steuererträge von natürlichen Personen stammen und auch die Unternehmen Infrastruktur beanspruchen, müsste ein solcher Schritt sehr gut begründet sein. Eine Steuerfusssenkung könnte für mich nur dann in Betracht gezogen werden, wenn auch die Chance für Unternehmensansiedlungen da ist. Dafür muss aber erst ein entsprechendes Umfeld geschaffen werden. Eine Steuerfussentkoppelung losgelöst von einer Gesamtbetrachtung könnte ich nicht vertreten.

An der wirtschaftlichen Standortbestimmung des Bezirks Einsiedeln vom 9. November regte einer der Referenten an, dass der Bezirk Einsiedeln die Steuerfüsse der natürlichen und juristischen Personen entkoppeln und die Steuern für Unternehmen senken soll. Was halten Sie davon?

Das steuerliche Umfeld ist auch in Einsiedeln im interkantonalen Vergleich nicht schlecht. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle den Kanton Zürich, welcher die Unternehmensgewinne wesentlich höher besteuert. Mir scheint manchmal, dass die Entkoppelung der Steuerfüsse ein Allheilmittel für das Standortmarketing ist. Die Unternehmen schauen bei der Standortauswahl auf das Gesamtpaket. Welches Umfeld müsste in Einsiedeln erst geschaffen werden, was ein Steuerfuss-Splitting Ihrer Meinung nach rechtfertigen würde. Wie ich bereits erwähnt habe, muss für die Unternehmensansiedlung das Gesamtpaket stimmen. Der Steuerfuss ist ein Aspekt davon. Bevor wir nicht ein attraktives Umfeld für Unternehmen schaffen, würde eine Entkoppelung der Steuerfüsse ohne Wirkung verpuffen.

Für mich zählen zu einem attraktiven Gesamtumfeld die Verfügbarkeit von entsprechenden Gewerbe- und Industrieflächen. Mit den Projekten auf dem Steinel- und Bahnhofareal werden entsprechende Flächen geschaffen. Zweites müssen die Gewerbe- und Industriegebiete mit öV und MIV gut erschlossen sein. Drittens sollte auch ein Angebot für schulergänzende Betreuung verfügbar sein. Die Verfügbarkeit von gut qualifizierten Arbeitskräften ist ebenfalls ein wichtiger Standortfaktor, gerade für Dienstleistungsbetriebe. All diese Faktoren ergeben ein Gesamtumfeld. Erst wenn die übrigen Faktoren auch stimmen, sollten wir über eine Entkoppelung der Steuerfüsse beraten.

Der Finanzausgleich soll die Steuerdisparitäten innerhalb des Kantons mindern. Der Finanzausgleich ist nicht an explizite Bedingungen geknüpft. Jedes Gemeinwesen ist im Rahmen der Gemeindeautonomie frei bei der Mittelverwendung.

Denken Sie ganz grundsätzlich, dass ein tieferer Steuersatz tatsächlich Firmen nach Einsiedeln locken würde? Ein tieferer Steuersatz – ohne Schaffung eines insgesamt attraktiven Umfeldes – würde zu keinen oder nur wenigen Unternehmensansiedlungen führen. Verpackt in ein Gesamtpaket könnte dies aber die entsprechende Wirkung entfalten. Hierzu ist es aber zum heutigen Zeitpunkt noch zu früh.

«Das Gesamtpaket muss stimmen»: Der Einsiedler Säckelmeister Andreas Kuriger. Foto: Archiv EA

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