Schnitzen ist für ihn Berufung – Heute lesen, was morgen im EA steht
Ende November wird die Region um ein facettenreiches Kunsthandwerk ärmer sein.
Das Grösste ist für den «Holzwurm», jemandem mit seiner Schnitzerei eine Freude zu bereiten. Nach rund 40 Jahren muss er nun sein Geschäft und damit leider auch seine Leidenschaft
aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.
Marlies Mathis
Nicht ohne Stolz erzählt Hermann Zurbuchen, besser bekannt unter dem Namen Holzwurm, dass er seit 1995 für jedes der alle drei Jahre stattfindenden eidgenössischen Schwingfeste – mit Ausnahme von Zug aus gesundheitlichen Gründen – verschiedenste Schnitzerei-Arbeiten für die prächtigen Gabentempel liefern durfte. Auf Auftrag der Gabenchefs entstanden da jeweils von Grund auf die schönsten mit viel Liebe hergestellten Kunstwerke, von mächtigen Truhen über schmucke Stabellen und Tische, Blumensäulen, Uhren, Schirmständer, «Melchterli, Ankefässli, Tausse, Gänterli», Bet-
ruf-Trichter, bis hin zu Wetterstationen, Thermo- oder Barometer und vieles mehr.
Aber auch an den jährlich stattfindenden Schwingfesten waren die zahlreichen Holzwurm-typischen Unikate beliebte Gaben für die Schwinger. Zeitweise seien 30 Ordner mit seinen Ideen in der ganzen Schweiz unterwegs gewesen, und die Gabenspender hätten aus seiner vielfältigen Palette an Ideen auswählen können, erinnert sich der bärtige ehemalige Berner Oberländer. Und 1995 hat er sage und schreibe 32 Schwingfeste in der ganzen Schweiz besucht!
Das Talent ausleben dürfen
Dabei war es gar kein gerader Weg, den der 68-Jährige zurückgelegt hatte. Obwohl sein Oberstufenlehrer sein zeichnerisches und künstlerisches Talent erkannt und ein Stück weit gefördert hatte und Hermann gerne die Schnitzerschule in Brienz absolviert hätte, musste er Metzger lernen, also einen Beruf, der nicht so «brotlos» sei, wie sich sein Vater ausdrückte. Doch sein Herz schlug für die Schnitzerei. So eignete er sich das Handwerk des Holzschnitzens von Grund auf selber an und stellte bereits 1983 erstmals seine Werke aus.
Ermutigt durch die positiven Rückmeldungen und den ersten Erfolg wagte er vier Jahre später den Schritt in die Selbstständigkeit und er hat es nie bereut!
2012 hat er dann sein Reich in der Baracke am Ziegeleiweg in Einsiedeln eingerichtet, stets erweitert und seinen Bedürfnissen angepasst. Parallel dazu wuchs auch sein Kundenkreis, und er durfte für verschiedenste traditionelle Vereine und Institutionen wie Jodelclubs, Trachtengruppen, Feuerwehr, Schützen, Nationalturner, Jäger, Hasenzüchter und ebenso für Anlässe wie Hochzeiten, Geburtstage, Jubiläen, das «Chatzestreble» oder die Fis-Skirennen im Hoch-Ybrig Preise oder Präsente kreieren. Aber auch Werke, welche beispielsweise nach Finnland, Brasilien, Argentinien oder nach Kalifornien, konkret an den «Sierra-Schwinget» gingen, waren echte Herausforderungen, mussten diese doch noch in der jeweiligen Sprache beschriftet werden.
Den persönlichen Stil gepflegt
Der Holzwurm hat denn auch sein ganz eigenes Vorgehen, wenn es um die Entstehung der passenden Motive geht. So skizziert er gleich, was er den Kunden mit gezielten Fragen entlockt, und schliesslich kristallisiert sich das konkrete Bild heraus, das er dann jeweils im Holz umsetzt. Dass diese Methode anspruchsvoll ist und eine Menge Talent und Vorstellungsvermögen bedingt, ist wohl müssig zu erwähnen und zeichnet gewiss den Künstler aus. Ebenso hat Hermann wie jeder andere Schnitzer seinen ganz persönlichen Stil und seine Markenzeichen, so dass seine Kunstwerke einen eigentlichen Holzwurm-Wiedererkennungswert haben und sie dadurch einzigartig machen.
Sein geistiges Eigentum, wie er es nennt, welches zu jedem Thema Dutzende Vorlagen nach «Zurbuchen-Art» hat, füllte denn in all den Jahren einen riesigen Registraturschrank, und es tut einem sogar als Aussenstehende weh zu sehen, dass dies in wenigen Tagen alles zu Ende sein soll. Aber seine Gesundheit lasse es einfach nicht mehr zu, und so habe er sich schweren Herzens für die Geschäftsaufgabe entschieden und sich von seiner Leidenschaft zu trennen. Er möchte seinen letzten Lebensabschnitt mit seiner seit Kurzem pensionierten Frau Monika, die ihm immer eine grosse Stütze gewesen sei und manche Arbeit abgenommen habe, noch gemeinsam geniessen, wie der Schnitzer liebevoll betont.
Er sei aber überaus zufrieden, dass er in den letzten vier Jahrzehnten diesen Beruf habe ausüben und damit auch unglaublich viele unvergessliche Begegnungen durch alle Schichten hindurch erleben dürfen. Deshalb möchte er an dieser Stelle seinen vielen Kunden und Freunden herzlich für diese Zeit danken und ihnen mitgeben, dass er in all diesen Jahren als Schnitzer nicht ein einziges Mal gesagt habe: «Ich muss arbeiten gehen!» Jeder Tag in seiner Schnitzer-Werkstatt sei für ihn eine Freude gewesen.