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Die Bauern gehen mit ihrem Vieh online

Die Corona-Pandemie hat eine Tendenz verstärkt, die sich seit einigen Jahren bereits abzeichnet.

FRANZ STEINEGGER

Viehausstellungen und Viehschauen: Wo es um das Äussere der Tiere geht, erfreuen sie sich nach wie vor hoher Auffuhrzahlen. Ganz anders sieht die Situation bei den traditionellen Märkten von Nutzvieh aus, wo Tiere gehandelt werden: Die Zahlen sind rückläufig, wie sich beispielsweise am Sattler Märcht kürzlich gezeigt hat – nebst jenen in Einsiedeln und in Kaltbrunn ist er der einzige übrig gebliebene von regionaler Bedeutung. Nachfrage im Internet hat sich innert drei Jahren verdoppelt Corona hat einen Trend verstärkt, der vorher schon zu beobachten war: «Die klassischen Viehmärkte konnten zeitweise nicht mehr durchgeführt werden, wodurch der Onlinehandel an Attraktivität gewann», erklärt Franz Philipp, Sekretär der Bauernvereinigung des Kantons Schwyz.

Der Handel beim Nutzvieh übers Internet läuft vorwiegend über die Website brunanet.ch von Braunvieh Schweiz. Roman Zurfluh, Projektleiter Rassenpromotion, bestätigt diesen Trend: «Brunanet» ist eine für Bauern und Händler benutzerfreundliche Plattform, wo mit wenigen Klicks und Angaben handelbares Vieh aufgeschaltet werden kann. Den Handel machen Verkäufer und Käufer unter sich aus. Momentan werden 189 Tiere angeboten.

«Die Nachfrage auf unserer Plattform hat sich in den letzten drei Jahren verdoppelt», hält Zurfluh fest – und unterlegt dies mit Zahlen: Im Januar 2018 wurden 223 Tiere online zum Verkauf angeboten, ein Jahr später waren es 429, im Januar 2020 ging es auf 362 zurück, und im vergangenen Januar waren es wiederum 425 Tiere. Die allermeisten Kühe und Rinder gehören zu den Rassen Brown Swiss und Original Braunvieh.

«Die Bauern sind um jeden Absatzkanal froh» Selbst Samendosen und Embryonen werden angeboten. Die stark schwankenden Zahlen spiegeln Angebot und Nachfrage: Wenn der Bedarf nach Nutzvieh hoch ist, gehen die Händler häufiger direkt zum Bauern in den Stall, wodurch im Internet weniger aufgeschaltet wird.

In der Viehvermarktungshalle in Rothenthurm gibt es zusätzlich noch die Gant, in der für ein Tier ein Mindestpreis festgelegt wird und darauf aufbauend geboten werden kann. Für die Novemberauktion sind über fünfzig Tiere angemeldet. Und schliesslich werden Kälber, Rinder und Kühe auch über Viehhändler abgesetzt, die direkt zum Bauern in den Stall gehen.

«Auch wenn die Auffuhr an den traditionellen Märkten und Auktionen stagniert, wird es immer solche geben», erklärt Bauernsekretär Franz Philipp. «Die Bauern sind um jeden Absatzkanal froh», unterlegt er seine Analyse: «Viele Abnehmer wollen die Tiere vor dem Kauf sehen», begründet Franz Philipp die Notwendigkeit der Märkte und Auktionen.

Schlachtvieh wird kaum online verkauft Anders als beim Nutzvieh wird Schlachtvieh kaum online verkauft. Kommerzielle Händler kennen die Märkte, oder die Bauern liefern ihre Tiere direkt einem ihnen bekannten Metzger.

Das habe auch mit dem System zu tun: «Die Schlachttiere werden klassifiziert, eingeschätzt nach Fleischigkeit und Fettanteil. Das gibt den Tabellenpreis, der von der Vermarktungsorganisation Proviande als Richtpreis festgelegt wird.» Auf diesem Mindestpreis aufbauend, beginnt dann die Steigerung.

Schlachtviehpreise auf hohem Niveau «Die Auffuhr und die Preise für Schlachtvieh sind derzeit so hoch wie seit über dreissig Jahren nicht mehr», erklärt Bauernsekretär Franz Philipp: «Sie sind mehr als doppelt so hoch wie während der BSE-Krise um die Jahrtausendwende, als wir dachten, die erholen sich nicht mehr.» Die Preisentwicklung lässt sich aus den alle zwei Wochen stattfindenden Auktionen der Viehvermarktungs AG in Rothenthurm herauslesen. Es zeichne sich ab, so Philipp, «dass bis Ende Jahr über 3000 Tiere abgesetzt werden».

Der Grund für die Preishausse ist die Nachfrage nach einheimischem Rind- und Kuhfleisch, die mit dem Angebot nur knapp gedeckt werden kann.

Regionale Produkte sind im Trend Die Verknappung wird verstärkt durch den Trend zu regionalen Produkten: Die Schweizer wollen Schweizer Fleisch essen, «weil sie wissen, dass der Tierschutz in unserem Land einer der besten der Welt ist», ergänzt der Bauernsekretär. Und das Importangebot von jener Qualität, die hier gefragt sei, sei ebenfalls knapp. Hinzu komme, dass der Einkaufstourismus über die Grenze wegen der Pandemie rückläufig sei.

Beim Nutzvieh würden derzeit noch keine Spitzenpreise erzielt, sagt Franz Philipp, «denn diese hängen vom Milchpreis ab, und der ist immer noch tief». Auch die Futtersituation spiele eine Rolle. Noch sei unklar, wie sich die unterdurchschnittliche Ernte heuer auf die Nutzviehpreise auswirke. «Das werden die kommenden Wochen zeigen, wenn das Vieh eingestallt wird», mutmasst Franz Philipp.

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