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Dem «Stöckmärcht» auf der Spur

Dem «Stöckmärcht» auf der Spur Dem «Stöckmärcht» auf der Spur

Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz 2021 (Heft 113) erschienen

Der Kanton Schwyz ist immer wieder für Überraschungen gut, wie verschiedene Beiträge in den diesjährigen «Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz» eindrücklich dokumentieren.

HVS. Historische Vergleiche sind in der aktuellen Weltlage stark in Mode. Solche sind jedoch nur möglich, wenn gesicherte Informationen und Forschungsergebnisse zu den früheren Lebenswelten greifbar sind. Die 113. Ausgabe der «Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz», die von Ralf Jacober redigiert wurde, liefern hierzu in zwölf reichbebilderten Beiträgen wertvolles Material und dürften auch für Laien spannende Einblicke in unsere Vergangenheit bieten.

Archäologie-«Hotspot»

In der Tagespresse finden sich regelmässig Schlagzeilen zu archäologischen Funden im Kanton Schwyz, die über die Kantonsgrenzen hinaus für Aufsehen sorgen. Die von einem Team um Walter Imhof und Urs Leuzinger seit Jahren bearbeiteten spätpaläolitischen und mittelsteinzeitlichen Fundstellen im Muotatal haben uns viele neue Informationen zum Leben vor 10’000 und mehr Jahren gebracht. Im Flözerbändli fanden die Archäologen 2020 unter anderem ein verziertes Hirschgeweihfragment – ein Sensationsfund. Der Beitrag dokumentiert die Grabung im Flözerbändli umfassend.

Die Pfahlbauten am Zürichsee gehören seit 2011 zum Unesco-Weltkulturerbe. Nur schon der Erhalt ist in der heutigen Zeit keine einfache Sache. Andreas Mäder, Tim Wehrle und Christine Michel zeigen auf, wie der Kanton Schwyz mit der Hilfe von Fachleuten das «Fundstellenmanagement » in den nächsten Jahren organisieren will.

Schabmadonnen aus dem Klosterplatz

Auch bei der Sanierung des Einsiedler Klosterplatzes wurden spannende Funde gemacht, darunter 144 Fragmente von Schabmadonnen. Schabmadonnen waren beliebte Devotionalien, die in den Läden rund um den Klosterplatz verkauft wurden. Evelyne Marty dokumentiert nicht nur die Funde, sondern streift auch die Geschichte des Klosterplatzes und geht auf Herstellung und Vertrieb der Schabmadonnen ein.

Suche nach Schwyzer Erdöl

Vor rund 100 Jahren lag der Fokus weniger auf archäologischen Fundstücken als auf der Hoffnung, «Schwarzes Gold» im Erdreich zu finden. Wie Valentin Kessler anschaulich und mit Bildern dokumentiert, wurde zwischen 1925 und 1928 in Tuggen nach Erdöl gebohrt – obwohl einige Geologen bereits vor dem Start davon abgeraten hatten. Die «Mineralien Schürf A.G.» blieb denn auch erfolglos. Trotzdem wurden in späteren Jahren weitere Versuche gestartet. Eine Schürfkonzession hat noch nach dem Jahr 2000 bestanden. Allerdings hat sich der Traum weiter nicht verwirklicht.

Ursprung des «Stöckmärcht» (Jahr-)Märkte haben im ganzen Kanton Schwyz Tradition. Der jeweils im Oktober stattfindende «Stöckmärcht» in Unteriberg ist ein Markt mit überregionaler Ausstrahlung. Für ihn wird mit dem Prädikat «Älter als die Gemeinde» geworben. Patrick Schönbächler hat sich auf dessen Spuren begeben und dabei viel Wissenswertes zum Markt, aber auch zur Geschichte der Gemeinde Unteriberg und der Region zusammengetragen.

Die Höfe im Fokus von Zürich und Schwyz Im Gefolge des Alten Zürichkriegs kamen die Höfe Pfäffikon und Wollerau unter Schwyzer Herrschaft. Obwohl die Hofleute 1450 den Eid vor den Herren von Schwyz ablegten, verlor die Zürcher Obrigkeit ihr ehemaliges Herrschaftsgebiet nicht aus den Augen. Die Höfner selbst versuchten, sich gewisse Rechte gegenüber den neuen Herren zu sichern, was aber nur bedingt gelang, wie Albert Hug in seiner Analyse des Eids der Hofleute gegenüber Zürich 1449 und Schwyz 1450 zeigt.

Gersau als europäisches «Forschungsobjekt» Der Freistaat Gersau rückte im 18. Jahrhundert in den Fokus des aufgeklärten europäischen Bürgertums. Die vermeintlich «idealen» Verhältnisse wurden von Gelehrten erörtert, die Zentralschweiz und Gersau zum Reiseziel. Niklaus Andreas Rigert dokumentiert diesen Trend anhand von Reisebeschreibungen und weiteren Quellen.

Dass die Realität auch in Gersau nicht immer nur rosig und edel war, zeigt der Beitrag von Josef Muheim-Büeler zum Tod eines Findelkinds in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Auf der Basis von Untersuchungs- und Gerichtsakten gewährt er einen Einblick in den Umgang mit ausserehelichen Schwangerschaften.

Abgerundet wird der 230-seitige Band vom Denkmalpflegebericht von Monika Twerenbold, in welchem Arbeiten wie die Sanierung des Altersheims und Kindergartens Hofmatt Arth oder die Sanierung des Wohnhauses Hirschen in Altendorf beschrieben werden, sowie der Bibliographie 2018 von Martina Kälin- Gisler, Oliver Landolt und Markus Rickenbacher.

Ansichtskarte um 1900 vom Hotel «Rössli & Post», Unteriberg. Das Haus war im Besitz von Gemeindepräsident Franz Fässler auf den Stöcken, dem Initiator des «Stöckmärcht» und der treibenden Kraft für die wirtschaftliche und politische Selbstständigkeit der «Unteren».

Foto: Privatsammlung Patrick Schönbächler (Einsiedeln)

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