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Orange Chindsgibändel sorgen für rote Köpfe bei den Eltern

Seit über vierzig Jahren wird auf die «Lüchzgis» von Kindergärtlern das Logo des TCS gedruckt. Die Aktion «Chindsgibändel ohne Werbung» wehrt sich dagegen und produziert nun Tierstickers, um das Logo abzukleben.

MIA JULE HÄHNI

Beinahe jedes Kind hat ihn schon einmal getragen: den reflektierenden Chindsgibändel. Das grelle Orange macht die kleinsten und schwächsten Verkehrsteilnehmer auf dem Weg zur Schule sichtbar und trägt zu ihrer Sicherheit im Verkehr bei. Seit über vierzig Jahren produziert der TCS die Trikis, wie er sie offiziell nennt. Selbstverständlich wird deshalb ihr Logo gut sichtbar auf die Chindsgibändel gedruckt.

TCS Sektion Schwyz ist irritiert Nun melden sich aber einige Eltern zu Wort. Es stört sie, dass Kinder seit Jahrzehnten als «Werbesäule des TCS» dienen, der sich vermehrt für die Interessen der Automobilisten einsetzt. «Der TCS stellt sich zuverlässig quer, wenn es um die Einführung von Tempo-30- oder Tempo-20-Zonen geht», erklärt die Koordinatorin der Aktion, Andrea Hüsser.

Das sei ein Widerspruch, den Hüsser und ihre Mitinitianten nicht länger unterstützen wollten. Deshalb riefen sie die Aktion «Kindsgibändel ohne Werbung» ins Leben. Diese bietet Gratis-Stickers an, mit denen das TCS Logo mit Tiermotiven und 30er-Symbol überklebt werden kann. Die Aktion wird aktuell aus eigener Tasche finanziert.

Der Präsident der TCS Sektion Schwyz, Markus Reichmuth, zeigt sich sichtlich irritiert von der Aktion und bedauert, dass ein politisches Anliegen über die Chindsgibändel der Kinder transportiert werden muss. «Das Thema Verkehrssicherheit ist tief in den Statuten des TCS verankert, und so ist es falsch zu behaupten, dass der TCS generell gegen Tempo-30-Zonen ist. Wir begrüssen und unterstützen Temporeduktionen in Quartieren, insbesondere in der Nähe von Schulen und Kindergärten », stellt Markus Reichmuth klar.

Soll der Chindsgibändel werben?

Ebenso fraglich findet Reichmuth den vermeintlichen Absender der Aktion. «Aus unserer Sicht handelt es sich nicht um eine Aktion einzelner besorgter Eltern, sondern um eine professionell aufgegleiste Kampagne von Campax, welche eine Kampagnenorganisation mit klarer politischer Stossrichtung ist.» Andrea Hüsser staunt über den Vorwurf: «Wenn man das freiwillige Überkleben einer politischen TCS-Werbung als politische Aktion verstehen will, kann man das natürlich. Campax selber stellt uns jedoch lediglich eine Plattform für die Verbreitung unserer Aktion zur Verfügung. » Des Weiteren empfindet die TCS Sektion Schwyz die Argumentation der Aktion als unschlüssig. «Einerseits sollen die Kinder nicht als Werbeträger fungieren, für die Anliegen der Aktion ‹Kindsgibändel ohne Werbung› mit den Tempo-30-Tierstickern dann aber schon. Logisch ist diese Argumentation nicht», erklärt Reichmuth.

Keine Probleme im Kanton Schwyz

Hüsser hingegen versteht diese Überlegung nicht. «Wir sind keine Organisation, die in Bern politische Interessen vertreten muss und durch diese Werbung etwas verdient. Dies im Gegensatz zum TCS, den im Nationalund Ständerat eine starke Lobby vertritt.» Sie seien lediglich drei Elternteile, die ihr Interesse zum Vorschein bringen und die widersprüchlichen Tätigkeiten des TCS auf eine spielerische Art beleuchten wollten.

Die Einsprachen gegen Tempo 30 stammten von den regionalen Sektionen des TCS, die anders arbeiten als der Mutterverein TCS Schweiz, sagt Hüsser. Von der TCS Sektion Schwyz seien ihr allerdings keine konkreten Tempo-30-Bekämpfungen bekannt, merkt Hüsser an.

Sie wisse jedoch, dass die TCS-Sektionen von Zürich, Bern, Basel und Zug seit vielen Jahren die Einführung von Tempo-30-Zonen heftig bekämpfen – in Zürich gar bis vor Bundesgericht –, und die Wirkung von Temporeduktionen bezweifeln.

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