Der Bevölkerung den Puls fühlen
Wollen die Rothenthurmer gar keine Umfahrung für ihr Dorf, wäre das Projekt für den Kanton vom Tisch.
NADINE ANNEN
Rund 11’000 Fahrzeuge fahren täglich durch Rothenthurm, Tendenz steigend. Über 85 Prozent dieses Verkehrsaufkommens ist Durchgangsverkehr. Eine Umfahrung könnte deshalb zu einer grossen Entlastung und Beruhigung des Dorfverkehrs führen.
Erste Grobvarianten für eine Umfahrung sind bereits vor mehr als zehn Jahren untersucht worden. Seit letztem Jahr hat eine breit zusammengesetzte Sonderkommission mit Vertretern von Kanton und Gemeinde das Thema wieder aufgegriffen. Ein Vorprojekt soll Klarheit über verschiedene Varianten von Umfahrungen schaffen, die Vor- und Nachteile, die Machbarkeit und die Kosten des Projekts aufzeigen. Und vor allem soll klar werden, ob die Rothenthurmer Bevölkerung überhaupt eine Umfahrung will.
Voraussichtlich an der Gemeindeversammlung vom Dezember 2022 wird ein Kreditantrag für dieses Vorprojekt behandelt und an die darauffolgende Urnenabstimmung im Frühjahr 2023 gebracht. Die Gemeinde Rothenthurm müsste sich mit maximal 170’000 Franken (15 Prozent) am Planungskredit für das Vorprojekt beteiligen. Die restlichen 85 Prozent der rund 1,15 Millionen Franken übernimmt der Kanton. Mit dem Geld sollen insbesondere die Geologie und die genaue Linienführung der Strasse und des Tunnels abgeklärt werden. «Wird das Kreditvorhaben von den Bürgerinnen und Bürgern abgelehnt, ist die Sache für den Kanton gegessen », erklärt Gemeindepräsident Stefan Beeler: «Der Kanton ist nicht zwingend auf die Umfahrungsstrasse angewiesen.» Ein grosses Anliegen der Sonderkommission ist es, die Bevölkerung zu einem möglichst frühen Zeitpunkt in die Diskussion einzubinden. Sie lädt dazu zu einem öffentlichen Forum am 27. Oktober ein (siehe Kasten). Gewerbetreibende und Landbesitzer äussern Vorbehalte Erste Gespräche mit betroffenen Landeigentümern und den Rothenthurmer Gewerbetreibenden haben bereits stattgefunden. «Der Tenor war grundsätzlich positiv», resümiert Beeler. Bei den Grundeigentümern bestehe natürlich Angst vor dem Verlust landwirtschaftlicher Nutzflächen und einer erschwerten Bewirtschaftbarkeit der Betriebe aufgrund der Umfahrungsstrasse. Die standortgebundenen Gewerbebetriebe wie Lebensmittelläden oder Tankstellen befürchteten hingegen einen Umsatzrückgang, wenn drei Viertel des Verkehrs das Dorf Rothenthurm dereinst umfahren würden. Andere Gemeinden haben positive Erfahrungen gemacht Die Sonderkommission hat auch Erfahrungswerte anderer Gemeinden eingeholt, die in den letzten Jahren vom Durchgangsverkehr entlastet wurden. Die Rückmeldungen seien durchaus positiv ausgefallen: «In der Regel hat sich sogar neues Gewerbe angesiedelt, und die Lebensqualität sowie die Verkehrssicherheit haben deutlich zugenommen», erläutert Stefan Beeler.
Wird der Planungskredit für das Vorprojekt im Dezember 2022 bewilligt, erfolgt frühestens 2026 die Abstimmung über einen Baukredit für die Umfahrung mit dem Tunnel. «Auch wenn alles ideal läuft, dauert es noch rund zwanzig Jahre, bis Rothenthurm vom Durchgangsverkehr entlastet sein wird», sagt Beeler.
Gewerbetreibende befürchten, dass sie durch eine Umfahrung des Dorfes grosse Umsatzeinbussen verzeichnen würden. Foto: Archiv EA