Zu spät und doch zur rechten Zeit
KOMMENTAR
Genug Zeit hätte der Bezirk Einsiedeln ja gehabt, den 2020 im Alter von immerhin 77 Jahren verstorbenen Karl Saurer zu Lebzeiten zu ehren. Dass der Filmschaffende erst anderthalb Jahre nach seinem Tod den Einsiedler Kulturpreis erhält, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Anerkennung, und schon gar eine öffentliche, ist nicht des Einsiedlers erste Tugend. Kein Wunder, gibts den hiesigen Kulturpreis auch erst seit zwei Jahren.
Dass jemand posthum geehrt wird, mag zwar ungewöhnlich sein. Im Falle von Karl Saurer ist die Auszeichnung aber richtig und wichtig. Denn die Botschaft seiner Filme wirkt unabhängig der Person über seinen Tod hinaus. Die von ihm aufgegriffenen Themen wie Vertreibung und Flucht, Recht auf Boden, Gewaltlosigkeit, Gerechtigkeit und Solidarität sind zeitlos – leider zeitlos, wie der inzwischen 30 Jahre alte Dokumentarfilm «Kebab und Rosoli » an der Preisübergabe mit erschreckender Nüchternheit gezeigt hat. Keiner, der in diesem Moment nicht an Afghanistan gedacht hat. Hört es denn nie auf!
Die Auszeichnung Karl Saurers ist weise. Nicht nur, weil er es schlichtweg verdient hat, sondern auch, damit nicht vergessen geht, welche Botschaften er uns hinterlassen hat. Sie sind aktueller denn je.
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VICTOR KÄLIN