Den gordischen Knoten lösen
KOMMENTAR
Ganz in die Karten blicken liess sich Werner Oechslin damals nicht. Dass es bei der Bibliotheksstiftung aber «um die Wurst geht», sagte er im Sommer des Jahres 2020 dann doch noch (EA 61/20). Seit die ETH den Kooperationsvertrag gekündigt hat, ist nämlich alles denkbar: von der Fortführung des Betriebs bis zur Auflösung der Stiftung.
Nun hat die Einsiedler Institution prominente Schützenhilfe erhalten: Mitte-Präsident Gerhard Pfister fordert den Bundesrat in einer Interpellation auf, das «bibliothekarische Kunstwerk» zu retten (EA 37/21). Damit ist zwar überhaupt noch nichts geschehen, aber mindestens ein Zeichen gesetzt: Pfister hat die Frage aus eigenem Antrieb zur Chefsache erhoben und die zerstrittenen Vertragspartner in Zürich und Einsiedeln kurzerhand kaltgestellt.
Wieweit der Bundesrat dem Anliegen Pfisters entgegenkommt, ja überhaupt darauf eingeht, ist angesichts der Vorgeschichte schwer abschätzbar. Eine «Lex Oechslin» wäre eine Sensation, selbst wenn der Bund der Bibliothek exzellente Noten erteilt und zur Eröffnung gar den damaligen Innenminister Pascal Couchepin nach Einsiedeln delegiert hat. Doch jetzt wird der Tatbeweis nicht mehr von der ETH gefordert, sondern vom Bund selbst. Die Zeit der Symbolik ist vorbei.
VICTOR KÄLIN