Einsiedler Schanzen in der Klemme
Crowdfunding für die Sanierung der Anlaufspur hat bislang nur magere 4000 Franken eingebracht
Neben dem Kloster prägen in Einsiedeln die Schanzen die Silhouette des Klosterdorfs: Wie silberne Keile glänzen sie am Hang. Doch gar nicht silbern steht es um die Zukunft der Schanzen. Ein Crowdfunding zur Sanierung der Anlaufspuren hat bisher nicht viel gebracht. Damit ist der Betrieb der Schanzen ernsthaft gefährdet.
WOLFGANG HOLZ / LARS MORGER
Bei den Einsiedler Schanzen reicht das Geld nicht mehr, um die dringend benötigten neuen Anlaufspuren zu finanzieren. Darum haben Springer wie Simon Ammann und Killian Peier vor einigen Wochen ein Crowdfunding gestartet. Dieses scheint aber ein Schuss ins Blaue zu sein. Rund 600’000 Franken nötig
Mitte Juli starteten die Schweizer Skispringer um Simon Ammann, Killian Peier und Andreas Schuler auf der Plattform «I believe in You» ein Crowdfunding. Das Ziel: 100’000 Franken zu sammeln. Grund: Sie wollen einen Beitrag dazu leisten, dass die Anlaufspuren der Einsiedler Schanzen endlich erneuert werden. Der Schanzen Einsiedeln AG fehlen die dafür benötigten knapp 600’000 Franken, und Fördergelder vonseiten des Bezirks und des Kantons sind nicht zu erwarten.
Betrieb aufrechterhalten
Die Anlaufspuren müssen deshalb erneuert werden, damit im Sommer endlich wieder Weltcup- Springen im Rahmen des Sommer Grand Prix durchgeführt werden können und damit Einsiedeln als Nationales Leistungszentrum im Skispringen längerfristig überleben kann.
Gelingt es nicht, das nötige Geld aufzutreiben und die Spuren zu erneuern, entsteht für die Skispringer ein grosser Mehraufwand. So müssten die Sportler an anderen nationalen und internationalen Standorten trainieren, wodurch die finanzielle und zeitliche Belastung grösser wird. Mindestziel: 50’000 Franken
Was mit guten Absichten begann, scheint sich nun als Rohrkrepierer zu entpuppen. Denn mehr als zwei Monate nach dem Start des Crowdfundings zeigt sich beim Blick auf das Projekt, dass sich die Spenden für die Renovation der Anlaufspur auf sehr bescheidenem Niveau befinden. Vom Mindestziel von 50’000 Franken – um zumindest die Spur der kleinsten Schanze zu erneuern – sind die Initianten meilenweit entfernt. «Diese Spur ist vor allem für den Nachwuchs sehr wichtig», sagt Thomas van Es, Geschäftsführer der Schanzen Einsiedeln AG. Das Crowdfunding zeigt jedoch nicht die gewünschte Wirkung. Stand Freitag wurden gerade einmal 3895 Franken für die neuen Anlaufspuren gesammelt.
Votum wird akzeptiert
«Wir sind nicht da, wo wir uns erhofft haben zu sein.» Als Gründe sieht der CEO der Schanzen neben Corona, dass der Wintersport bei den Menschen noch nicht wirklich präsent ist. Dies, obwohl die Skispringer 80 Prozent ihres Trainings auf den Schanzen im Sommer durchführen, um sich optimal auf den Winter vorzubereiten. Der Schanzen-Geschäftsführer zeigt sich aber kämpferisch. «Wir glauben daran, dass die neuen Anlaufspuren bis spätestens Herbst 2021 kommen.» Die Aufgabe werde aber nicht leichter. «Wir haben noch zwei Monate, um alles zu mobilisieren, damit das Ziel doch noch erreicht werden kann», so van Es.
Aber was ist mit öffentlichen Fördergeldern? «Den Bezirk werden wir von unserer Seite sicher nicht um Geld zur Förderung der Schanzen angehen», sagt Daniel Kälin, Stiftungsratspräsident und Mitbesitzer der Einsiedler Schanzen zusammen mit zwei Geschwistern. «Das wäre die falsche Strategie, den Bezirk jetzt wegen ein paar Franken anzufragen», so Kälin. Die Botschaft der Abstimmung im Mai 2019, bei der das Einsiedler Stimmvolk sich klar gegen eine öffentliche Förderung der Schanzen in grossem Stil ausgesprochen habe, sei eindeutig. «Wir akzeptieren dieses Votum und werden versuchen, andere Kanäle anzuzapfen.» Geldbeschaffung läuft «zäh»
Doch aus welchen zusätzlichen Kanälen soll das Geld fliessen? Zwar seien nationale Gelder für die weitere Sportanlagenförderung für die Schanzen vorerst gesichert. Daniel Kälin verhehlt aber nicht, dass es aufgrund der wirtschaftlichen Problematik im Zusammenhang mit der Corona- Krise derzeit sehr «zäh» sei, weitere Sponsorengelder für die Schanzen zu generieren.
«Das Interesse am Schanzensport in Einsiedeln hat schliesslich in den letzten Jahren nachgelassen – was man anhand der gesunkenen Besucherzahlen beim Sommer Grand Prix ablesen kann.» Und Geld aus eigenem Kapital in die Schanzen zu pumpen – das beabsichtigt Kälin erst im Fall eines dauerhaft leistungs- und tragfähigen Zukunftskonzepts für den weiteren Betrieb der Schanzen. «Es ist deshalb auch nicht ausgeschlossen, dass der Betrieb der Schanzen irgendwann ganz eingestellt werden muss – auch wenn dies natürlich sehr schade wäre, so eine tolle Anlage aufzugeben», redet Daniel Kälin Klartext. Zukunft des NLZ gefährdet
Damit steht auch die Zukunft der Schanzen Einsiedeln als Nationales Leistungszentrum (NLZ) steht auf der Kippe. Ob Einsiedeln das NLZ bleiben wird, entscheide am Schluss Swiss-Ski. «Aus Gesprächen der Vergangenheit wissen wir aber, dass Einsiedeln NLZ bleiben soll», so Geschäftsführer Thomas van Es. Dennoch sei es nicht sicher, ob dem noch immer so ist, wenn es keine neuen Spuren gibt. «Es wäre ein grosser Verlust nicht nur für Swiss-Ski und das Skispringen in der Schweiz, sondern auch für Einsiedeln und die gesamte Region. Sollten die Spuren nicht kommen, müssten wir sicher über die Bücher.» Und was sagt der Bezirk Einsiedeln zur prekären Schanzenlage? Unsere Zeitung fragte nach beim Bezirk. «Zu einer finanziellen Misere vermag sich der Bezirk mangels konkreter Informationen und Unterlagen nicht näher zu äussern», antwortet Patrick Schönbächler, Landschreiber des Bezirks Einsiedeln. «Der Bezirk kann hier keine finanziellen Löcher stopfen und hat den deutlichen Volkswillen zu respektieren», stellt Schönbächler aber klar. Der Stimmbürger habe 2019 zu weiteren Investitions- und Betriebskostenbeiträgen an die Schanzen mit einem Stimmanteil von über 70 Prozent Nein gesagt.
Es sei auch kein Beitragsgesuch hängig. «Der Bewilligung eines solchen Beitragsgesuchs wären eh enge Grenzen gesetzt», so Schönbächler.
Gleichzeitig betont der Landschreiber: «Sportlich und volkswirtschaftlich wertvoll sowie auch geschichtlich bedeutend sind die Schanzen im Klosterdorf selbstverständlich.» In Einsiedeln werde ja seit über 100 Jahren gesprungen, und der Wintersport sei mit Einsiedeln eng verbunden. «Wenn die Schanzen nicht mehr in Betrieb genommen werden könnten, wäre dies raumplanerisch bedauerlich und eine so nicht vorhergesehene, eklatante Fehlentwicklung.»
«Es ist deshalb auch nicht ausgeschlossen, dass der Betrieb der Schanzen irgendwann ganz eingestellt werden muss.»
Daniel Kälin, Mitbesitzer der Einsiedler Schanzen
«Wenn die Schanzen nicht mehr in Betrieb genommen werden könnten, wäre dies raumplanerisch bedauerlich und eine so nicht vorhergesehene, eklatante Fehlentwicklung. »
Patrick Schönbächler, Landschreiber des Bezirks Einsiedeln
Eine architektonische und sportliche «Landmark» in Einsiedeln: Doch die Schanzen sind derzeit nicht wettkampftauglich und die Finanzen angespannt. Foto: Wolfgang Holz