Obwohl ein Ja erwartet worden ist, spürt man die Erleichterung
Mit eindeutigen 71 Prozent sagt Einsiedeln Ja zum Sanierungspaket für die Spitalstiftung. Der EA hat bei der Stiftung, beim Bezirk und beim Spital nachgefragt.
VICTOR KÄLIN
Markus Hauenstein Stiftungsratspräsident
Wie fällt Ihr Kommentar zum sehr deutlichen Ja aus?
Es ist wirklich überwältigend. Ich rechnete zwar mit einer Zustimmung, die Höhe jedoch war für mich völlig offen. Es war doch ein komplexes Sachgeschäft. Umso mehr bin ich positiv überrascht. Ich spüre die Solidarität gegenüber der Stiftung als langjährige Trägerin des Spitals. Und ich vermute, dass die Bevölkerung Klarheit haben wollte gegenüber der Defizitgarantie. Wie gross ist die Erleichterung im Stiftungsrat? Ebenfalls sehr gross. Hinter uns liegt ein Jahr intensivster Verhandlungen – erst für die Auslagerung des Betriebes und dann für die Sanierung. Und wegen der Corona-Pandemie verzögerte sich die Abstimmung erst noch um Monate. Wir wären schon viel früher bereit gewesen. Was wäre bei einem Nein mit der Stiftung passiert? Dem Krankenhaus? Das Sanierungspaket hätte nicht umgesetzt werden können und die Existenz der Stiftung wäre gefährdet gewesen. Formell würde die Defizitgarantie in Kraft bleiben. Für die Stiftung, den Bezirk und die Kreditgeber herrschte eine grosse Unsicherheit. Als Stiftung müssen wir versuchen, den statutarischen Zweck – Spitalstandort und Spitalbetrieb – weiter zu verfolgen, was doch schwierig geworden wäre.
Wären Sie als Stiftungsratspräsident zurückgetreten?
Wenn es der Stiftung und der Sache gedient hätte, ganz sicher. Ich bin aber einer, der trotz Gegenwind versucht, sein Ziel zu erreichen. Dass das seit meinem Amtsantritt 2017 derart anspruchsvoll geworden ist, habe ich damals nicht gedacht. Doch jetzt stehen die Zeichen auf grün. «Der Stiftungsrat wird alles daran setzen, dass es für den Bezirk beim Einmalbetrag von 6,5 Millionen Franken bleibt», schreibt die Stiftung in einem Kommunique. Was heisst das konkret? Als Immobilienbesitzerin und Vermieterin müssen wir besorgt sein, dass unsere Liegenschaften weiterhin vermietet bleiben, damit wir die für unsere Verpflichtungen benötigten Einnahmen zeitgerecht generieren können. Hat das deutliche Ja Auswirkungen auf das Engagement der Ameos Gruppe in Einsiedeln? Nein, es hat keinen direkten Einfluss. Wir haben gegenüber der Ameos Gruppe von Anfang an mit offenen Karten gespielt. Sie kannte unsere Probleme – und kam dennoch mit uns ins Geschäft.
Was ist der nächste Schritt der Stiftung? Die Umsetzung des Sanierungspaketes. Und dann setzen wir uns dafür ein, dass alle Liegenschaften weiterhin vermietet bleiben. So müsste die Stiftung gemäss Businessplan gut über die Runden kommen.
Franz Pirker Bezirksammann
Wie kommentieren Sie als Bezirksammann das doch sehr deutliche Ja? Ich freue mich vor allem über die Deutlichkeit. Ich war zwar zuversichtlich, doch diese Klarheit war doch eine freudige Überraschung. Daraus lese ich ein klares Bekenntnis der Stimmbürger zum Spital. Es gab doch einige ablehnende Stimmen gerade auch in der Leserbriefspalte unserer Zeitung. Kam da nicht Angst auf oder eine gewisse Verunsicherung, es könnte doch noch ein Nein geben? Nein, ich hatte keine Angst. Doch die Anspannung ist gestiegen. Wir wussten, dass die Termine kurz vor den Sommerferien für die Bezirksgemeinde und die Abstimmung am letzten Ferientag zu einer ruhigen Phase führen würden. Es wurde mir dann aber fast zu ruhig, was generell eher verunsichert. Aufgrund der Stimmcouverts war eine tiefe Stimmbeteiligung absehbar; doch es ist so, dass eine hohe Stimmbeteiligung bei Sachvorlagen generell dem Bezirksrat zugute kommt.
Was wäre passiert, wenn Einsiedeln am Sonntag Nein gestimmt hätte?
Der Sanierungsplan wäre gescheitert. Und die Defizitgarantie wäre weiterbestanden. Stiftung und Betreiber hätten eine unsichere Zukunft vor sich.
Wäre der Bezirksrat bei einem aus seiner Sicht negativen Abstimmungsausgang wieder aktiv geworden? Schliesslich verfolgt er mit der Auflösung der Defizitgarantie auch ein ureigenes Ziel …
Auch wenn wir ein Nein zum Sanierungspaket nicht als Ja zur Defizitgarantie interpretiert hätten, wäre der Bezirksrat in dieser Frage nicht aktiv geworden. Sicherlich nicht unmittelbar nach dem 9. August. Wir müssen und wollen die Antwort der Stimmbürger respektieren. Was entgegnen Sie jenen Stimmen, für die «das Sanierungspaket einzig im Interesse der Investoren ist, die darauf drängen, dass wir Steuerzahler für ihre Fehlinvestitionen geradestehen »? Ich betone noch einmal, dass es eine ausgewogene Gesamtlösung ist. Mit dem Zinsverzicht und der Akzeptanz des Wegfalls der Defizitgarantie haben aus Sicht des Bezirksrats auch die Kreditgeber einen entscheidenden Beitrag ans Gesamtpaket geleistet. Wenn es um das Spital geht, sagten die Einsiedlerinnen und Einsiedler bisher immer Ja – und zwar sehr deutlich. Worauf führen Sie diese Solidarität zurück?
Die Einsiedler stehen ganz generell hinter ihrem Spital. Sie schätzen die medizinische Grundversorgung vor Ort. Wie Ratings und Umfragen belegen, leistet das Spitalpersonal eine hervorragende Arbeit. Auch diese Qualität wird in Einsiedeln geschätzt – und ist, wie das Ja zum Sanierungspaket zeigt, den Einsiedlern auch etwas wert.
Michael Mehner Spitaldirektor
Was sagen Sie zum sehr deutlichen Ausgang der Abstimmung?
Es ist sehr erfreulich, dass das Sanierungspaket angenommen worden ist. Ich frage mich allerdings, ob das Ergebnis wirklich so deutlich ist. Die Nein-Stimmen von 29 Prozent signalisieren einen Vertrauensverlust. Diese Personen muss man erst wieder «ins Boot holen». Da fühlt sich auch unsere Ameos Gruppe in der Pflicht, hier in Einsiedeln gute Arbeit zu leisten. Ist dennoch eine Erleichterung spürbar? Für uns als Betreibergesellschaft ändert sich grundsätzlich nichts. Erfreut nehmen wir jedoch zur Kenntnis, dass die Immobilien weiterhin durch die Spitalstiftung abgesichert bleiben. Das Ja vom Sonntag ist für mich auch ein Vertrauensbeweis gerade gegenüber der Stiftung. Welche Auswirkungen hätte ein Nein auf die Betreibergesellschaft Ameos Spital Einsiedeln AG gehabt?
Für uns als Betreibergesellschaft hätte sich nichts verändert. Alle operativen Themen und Aufgaben hätten wir in gleicher Art erledigt. Möglicherweise wäre aber unser Vertragspartner, die Stiftung Krankenhaus, in Bedrängnis geraten. War die Zukunft der Ameos Gruppe in Einsiedeln abhängig vom Ausgang der Abstimmung? Nein. Wir stehen zum Spital Einsiedeln – und das unabhängig vom Ausgang der Abstimmung. Führen Sie die Zustimmung auch darauf zurück, dass es der Stiftung im Frühjahr gelungen ist, den Betrieb mit der Ameos Gruppe langfristig sichern zu können? Ich denke schon, dass der Nein-Anteil durchaus höher ausgefallen wäre, hätte die Stiftung nicht eine langfristige Perspektive präsentieren können. Ich werte die Zustimmung vom 9. August deshalb als ein gutes Signal gegenüber allen Beteiligten – und ich freue mich, dass die Ameos Gruppe mit ihrem Engagement hier in Einsiedeln ein Stück weit das Ergebnis in die gewünschte positive Richtung hat beeinflussen können.
Was ist der nächste Schritt der Ameos Spital Einsiedeln AG?
In Zusammenhang mit dem Sanierungspaket gibt es für uns keine konkreten Schritte; das ist Sache der Stiftung. Wir hingegen wollen uns – nicht zuletzt beim ausgehandelten Mietzins – als verlässlicher Partner erweisen und so unseren Teil zur Sanierung beisteuern.
Markus Hauenstein
Franz Pirker Michael Mehner
Fotos: Archiv