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«Der Mieterlass macht mich total

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VICTOR KÄLIN

Der Nationalrat befürwortet einen indirekten Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative. Darin enthalten sind im Gegensatz zur Initiative keine neuen Haftungsregeln für Unternehmen, sondern lediglich eine Berichterstattungspflicht. Wie ist Ihre Meinung dazu? Ich habe dem Gegenvorschlag des Ständerates zugestimmt. Nichts zu machen war für mich keine Option. Das Anliegen der Initiative geniesst meiner Ansicht nach in der Bevölkerung grosse Sympathie. Der Gegenvorschlag des Nationalrates ging aber viel zu weit, deshalb habe ich ihn nicht unterstützt. Die Variante des Ständesrates ist für mich ein akzeptabler Weg Der Gegenvorschlag sei «wirkungslos », sagt die grüne Nationalrätin Sibel Arslan. Er diene nur dazu, «der Stimmbevölkerung vorzugaukeln, die Politik gehe gegen Mernschenrechtsverletzungen durch Konzerne vor.» Wie bewerten Sie diese Aussage? Frau Arslan kämpfte für den Gegenvorschlag des Nationalrates. Dieser ging viel weiter als die Initiative selbst. Logischerweise ist sie nun enttäuscht, dass hier die Mehrheit des Nationalrates ihr nicht folgte. Der Nationalrat hat meiner Meinung nach richtig entschieden und nur Sachen in den Gegenvorschlag verpackt, die auch umsetzbar sind.

Wie der Ständerat sagt auch der Nationalrat deutlich Ja zu einem Warn-App für Coronaviren. Einzig einige SVP-Vertreter äusserten sich skeptisch. Gehören Sie zu dieser Gruppe? Ich habe hier aus Überzeugung Nein gestimmt. Ich halte den Persönlichkeitsschutz sehr hoch. Ich wehre mich gegen Überwachung. Man findet immer Argumente, um die Menschen zu überwachen. Nun sagt man, sie sei freiwillig. Auf der anderen Seite möchte man einen Nutzen daraus. Wenn aber nicht alle mitmachen, nützt sie auch wenig. Deshalb wird sie über kurz oder lang obligatorisch. Das kenne ich aus der Landwirtschaft. Erst werden Anreizsysteme geschaffen, die freiwillig sind. Später wird dann aus Freiwilligkeit ein Zwang In beiden Räten kontrovers diskutiert und letztlich knapp angenommen wurde der Mieterlass von 60 Prozent für Geschäftsmieter, die in der Coronakrise schliessen mussten. Was halten Sie von dieser Lösung? Das ist der grösste Eingriff des Staates in private Angelegenheiten. Und da wehre ich mich dagegen. Ich mag jedem den Mieterlass gönnen. Und es ist auch richtig, dass Vermieter und Mieter eine Lösung suchen. Aber der Staat hat hier nichts verloren. Was mich aber total «hässig» macht ist der Umstand, dass hier das Parlament bewusst ungleich lange Spiesse macht. Beispiel: Der Coiffeur, der im eigenen Geschäft arbeitet, zahlt seine Hypotekt selber. Der Staat hilft nicht. Der Coiffeur, der in einem Mietlokal arbeitet, erhält einen Mieterlass von 60 Prozent. Das ist eine staatlich verordnete Wettbewerbsverzerrung.

Zur Klimapolitik: Eine Mitte- Links-Mehrheit des Nationalrats sprach sich am Dienstag dafür aus, dass nicht wie vom Bundesrat vorgeschlagen 60, sondern gar 75 Prozent der anvisierten CO2-Reduktion im Inland erfolgen soll. Die SVP stimmte fast geschlossen dagegen. Auch Sie sagten Nein. Weshalb? Ich habe der Ausweitung nicht zugestimmt. Die Wirtschaft soll möglichst frei sein, wo die Kompensation erfolgen soll. In der Mittwoch-Debatte zum CO2-Gesetz hat der Nationalrat CO2-Neuwagen-Ziele für Lastwagen beschlossen. Die durchschnittlichen CO2-Emissionen von schweren Fahrzeugen, die erstmals in Verkehr gesetzt werden, sollen ab 2025 um 15 Prozent tiefer sein als heute, ab 2030 dann um 30 Prozent. Wie haben Sie abgestimmt?

Ich habe dem nicht zugestimmt. Wir bestrafen so nur die einheimischen Unternehmen. Wir haben heute schon sehr saubere Lastwagen. Die Senkung um 30 Prozent bis ins Jahr 2030 ein Ding der Unmöglichkeit. Ich bin dafür, dass in Gesetze nur Sachen reingeschrieben werden, die auch eingehalten werden können. Und dass die einheimische Wirtschaft nicht kaputt gemacht wird damit.

Ebenso Bestandteil des CO2-Gesetzes ist der Zuschlag zum Flugticket. Passagiere bezahlen zukünftig einen Zuschlag von 30 bis 120 Franken pro Ticket. Finden Sie das eine geeignete Massnahme?

Diese Massnahme wird nicht dazu führen, dass weniger geflogen wird. Das haben im Rat auch die Befürworter gesagt. Es wird einfach eine Verlagerung geben, in dem man zum Beispiel aus dem nahen Ausland fliegt. Wen es aber vorallem trifft, sind ärmere Leute, die vielleicht einmal im Leben auch Fliegen möchten. Da schenkt es ein, wenn zum Beispiel eine Familie mit vier Personen verreisen möchte. 480 Franken sind viel Geld. Man schröpft einmal mehr einfach nur die Bevölkerung. Und das ist nicht richtig. Überraschend deutlich stimmte der Nationalrat der Vorlage «Ehe für alle» zu – inklusive Zugang zur Samenspende für lesbische Paare. Auch mit Ihrer Stimme? Ein Kind hat Anrecht darauf zu erfahren, wer sein Vater ist. Dies ist bei der Samenspende fast unmöglich. Zudem ist in der Natur vorgesehen, dass Kinder zwischen Mann und Frau entstehen. Ich will die Natur nicht aushebeln. Deshalb habe ich Nein gestimmt.

Marcel Dettling

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