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«Das Virus wird die aktuelle Situation im Baugewerbe noch verschärfen»

«Das Virus wird die aktuelle Situation  im Baugewerbe noch verschärfen» «Das Virus wird die aktuelle Situation  im Baugewerbe noch verschärfen»

Gestern hätte der kantonale Baumeisterverband in Einsiedeln getagt. Auch diese Delegiertenversammlung musste verschoben werden. Präsidentin Doris Kälin nimmt Stellung.

VICTOR KÄLIN

Corona ist das dominierende Thema. Wie wirkt sich das auf die Verfassung des kantonalen Baumeistergewerbes aus? Die Auftragslage war auch im Jahr 2019 gut, wenn hierzu auch regionale Unterschiede festzustellen sind. Die Auftragslage entspricht aber nicht der Ertragslage der Unternehmungen. Der Preiskampf unter den Anbietern ist enorm und ruinös. Dies ist aber kein Bauherren-, sondern ein reines Unternehmerproblem, welche im Markt bewusst Arbeit «kaufen», um eine Auslastung zu haben. Dies wird sich durch die aktuelle Situation mit dem Coronavirus nicht ändern, sondern eher noch verschärfen. Die Baubranche darf bisher offiziell weiterarbeiten. Steht das Coronavirus dennoch zuoberst auf dem Sorgenbarometer? Ja. Aktuell ist das Coronavirus und die damit im Zusammenhang stehenden Herausforderungen ganz zuoberst auf dem Sorgenbarometer. Weiter werden mit der extremen Preisgestaltung in der Branche die Herausforderungen immer grösser. Der Preis steht «permanent» im Vordergrund.

Mit der Änderung des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen wurden hierzu erste Leitlinien neu gesetzt. Neu soll nicht mehr das wirtschaftlich günstigste Angebot, sondern das vorteilhafteste Angebot den Zuschlag erhalten. Die Kantone sind nur in der Pflicht, die interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen zu revidieren. Und als Branche werden wir dieses Geschäft und dessen Verlauf auch ganz genau verfolgen.

Wo trifft das Coronavirus die Arbeit der Schwyzer Baumeister? Es trifft uns vor allem bei der Planung und der Arbeitsausführung auf der ganzen Linie. Was vor zwei Wochen noch möglich war, ist heute durch die zu Recht verschärften Massnahmen der bundesrätlichen Verordnung nicht mehr möglich. Bereits wurden Baustellen durch Bauherrschaften eingestellt. Reine Unterhaltsarbeiten werden zurückgestellt und Kundenaufträge zurückgerufen, da diese keine fremden Personen mehr in ihren Gebäulichkeiten wollen. Auch ist davon auszugehen, dass aufgrund der verschärften Massnahmen in den angrenzenden Ländern zur Schweiz in Zukunft mit Lieferengpässen zu rechnen ist.

Durch den Verband sind wir gut informiert und halten uns an die Empfehlungen des entsprechenden Bundesamtes. Als Branche haben wir mit den gleichen Sorgen zu kämpfen wie andere, uns nahe Branchen. Der Baumeister ist traditionell eher zurückhaltend und so verhalten wir uns auch. Was als nächstes kommt, können wir heute nicht voraussehen – denn wer hätte vor einem halben Jahr die Entwicklung, wie sie heute ist, so beurteilt? Haben Sie Kenntnis davon, dass Schwyzer Baumeister wegen des Coronavirus Kurzarbeit beantragt haben? Wir sind in Kenntnis, dass es im Verbandsgebiet Personen bei Unternehmungen hat, die im Rahmen von Verdachtsfällen in Quarantäne sind. Dies hat auch zur Folge, dass Personen welche Kontakt mit dem Verdachtsfall hatten, aus dem Arbeitsprozess herausgenommen wurden. Hat der Baumeisterverband in Zusammenhang mit dem Coronavirus irgendwelche Regelungen oder Empfehlungen erlassen?

Die Regelungen lehnen sich an die Verhaltensweisen des BAG und passen sich diesen laufend an. Unsere Mitgliederfirmen werden durch die Geschäftsstelle mit den entsprechenden Unterlagen bedient oder können diese anfordern. Es gilt Ruhe zu bewahren und jene Risikogruppen zu schützen, welche besonders gefährdet sind. In Hysterie zu verfallen ist absolut fehl am Platz und bekämpft diese Pandemie keinesfalls.

Sie sind Mitglied der Geschäftsleitung der Sepp Kälin AG. Spüren Sie in Ihrem Betrieb Auswirkungen des Coronavirus? Heute sind keine Mitarbeiter aufgrund Anzeichen des Coronavirus krankgeschrieben. Ein Mitarbeiter ist infolge Kinderbetreuung zu Hause. Die Mitarbeiter sind über die Verhaltensregeln der Baubranche in Kenntnis. Sei dies, wenn es sich um den Mannschaftstransport von oder zur Baustelle oder aber auch, wenn es sich um das Verhalten auf der Baustelle im Allgemeinen und während der Arbeitswie aber auch während der Ruhezeiten handelt.

Als Arbeitgeber ist es unsere Pflicht, alles zu unternehmen, damit unsere Mitarbeiter gesund bleiben, um die Aufgaben, die uns der Staat stellt, erfüllen zu können. Der Bundesrat hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Baubranche vom lockdown ausgenommen ist. Dies zeigt, wie wichtig das Bauhauptgewerbe mit seinen über 80’000 Mitarbeitern wirtschaftlich ist.

Das Baugewerbe war schon immer ein internationaler Beruf. Italienische Arbeitnehmer gibts auf fast jeder Baustelle. Ist das in Ihrem Betrieb auch so? In unserem Betrieb haben wir keine italienischen Arbeitnehmer. Unsere Arbeitnehmer haben alle ihren Wohnsitz in der Umgebung von Einsiedeln. Ein ebenfalls wichtiges Thema sind die Lehrlinge. Wie sieht es in diesem Bereich aus? Sind Bauberufe noch gefragt? Das Thema «Berufsnachwuchs» beschäftigt uns als Baumeisterverband ziemlich stark. Die Lernendenzahlen sind rückläufig. Das Bauhauptgewerbe bietet eine breite Palette von Ausbildungsmöglichkeiten an und auch die Karrieremöglichkeiten sind bei uns mehr als nur vorhanden. Nebst einer guten Grundausbildung, Karrieremöglichkeiten, haben wir einen funktionierenden Gesamtarbeitsvertrag, welcher für die Arbeitnehmer, wie aber auch für die Arbeitgeber die Spielregeln festlegt. Und auch der flexible Altersrücktritt mit 60 Jahren darf nicht aus den Augen verloren werden.

Gerade bei den Lehrlingen stehen auch die Baumeister in Konkurrenz mit vielen anderen Branchen. Was leistet Ihr Verband, um sich attraktiv und somit konkurrenzfähig zu halten? Wir engagieren uns in den Gemeinden und stellen uns für Berufsvorstellungen an Schulen – auch mit anderen Branchen – jederzeit zur Verfügung. An der Zentralschweizer Bildungsmesse (zebi) sind wir präsent und zeigen unsere attraktiven Berufe. Mit unserer Berufskampagne, wo die aktuellen Lernenden mit Video-Porträts im Zentrum stehen, sind wir nahe bei den Jugendlichen. Wagen wir einen Blick in die nahe Zukunft: Wie präsentiert sich das Schwyzer Baumeistergewerbe in einem, zwei Jahren? Zurzeit beschäftigt uns das Coronavirus sehr stark und dies nicht nur bei der Umsetzung der BAG-Verhaltensregeln. Da nicht vorausgesagt werden kann, was uns noch erwarten wird, sind Zukunftsperspektiven schwierig vorherzusagen.

Aber es ist so – jede Krise hat auch wieder ihre Chancen. Und diese gilt es zu nützen. Als Unternehmer sind wir tagtäglich damit konfrontiert, uns veränderten Marktsituationen anzupassen. Nicht, dass das Coronavirus alltäglich ist – bei weitem nicht –, aber es ist auch nicht so, dass es zum Weltuntergang wird. Es wird weitergehen. Wer weiss: Vielleicht entschleunigt es ein paar Prozesse und wir können daraus etwas lernen.

Zum Schluss: An einer GV gehört der «Jahresbericht der Präsidentin » zum Standardtraktandum. Welchen Schwerpunkt hätten Sie in diesem Jahr gesetzt?

Die momentane Situation rund um das Coronavirus und die Massnahmen, welche der Bundesrat am 13., 16. und 20. März getroffen hat, hat uns gezwungen, die Generalversammlung des Baumeisterverbandes Schwyz vom 26. März in Einsiedeln abzusagen. Gestützt auf die Statuten des Baumeisterverbandes Schwyz werden wir in diesem Jahr somit unsere Beschlüsse im Zirkularverfahren fällen und so hoffen wir, im Jahr 2021 dann die Generalversammlung in Einsiedeln abhalten zu können.

Bekanntlich ist aufgeschoben ja nicht aufgehoben. Der Jahresbericht wird den Mitgliedern per Einladung zugestellt und dieser gliedert sich in folgende Themenblöcke: Schweizerischer Baumeisterverband – Wirtschaftliche Lage – Nachwuchswerbung – Vorstandstätigkeiten.

Doris Kälin, Einsiedler Unternehmerin und Präsidentin des Baumeisterverbandes Schwyz. Foto: zvg

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