Wie Alpthal zum Leben erblüht
«Mier und üses Dorf» – Denise Beeler wird für ihre Stationenwerkstatt für die dritte Klasse ausgezeichnet
Im Fokus der Kantonsschule Ausserschwyz stehen derzeit die Abschlussarbeiten. Denise Beeler ist mit ihrem Werk über das Dorf Alpthal auf dem ersten Platz gelandet. Die 19-jährige Alpthalerin steht Red und Antwort über die Geschichte ihres Dorfes und dessen Bevölkerung.
MAGNUS LEIBUNDGUT
Wie kommen Sie zum Thema Alpthal? Wie die Jungfrau zum Kind? Oh nein, gar nicht (lacht). Ich bin sehr heimatverbunden und interessiert am Dorf Alpthal. Von daher lag es auf der Hand, diesen Ort zum Thema meiner Abschlussarbeit zu machen, die ich selbstständig in Angriff nahm. Ich fand selber als Schülerin bereits Gefallen an einer Stationenwerkstatt. Und so kam ich auf die Idee, das Dorf Alpthal in acht Stationen vorzustellen, in denen Drittklässler Aufgaben lösen müssen: Fragen beantworten, Lückentexte füllen, Schriften entziffern, richtig oder falsch ankreuzen, Bilder und Texte in einer Tabelle zuordnen, Wappen ausmalen und selber gestalten. Können Sie den Inhalt Ihrer Abschlussarbeit beschreiben? In einem Steckbrief müssen Daten und Kennzahlen über Alpthal gesammelt werden. In der zweiten Station geht es um Geografie: Wo liegt Alpthal, wie heissen die Nachbargemeinden und Flüsse in Alpthal? Die dritte Station dreht sich um die tausendjährige Geschichte von Alpthal, die Zeit, als Kaiser Heinrich regierte, die Strassen schlecht und die Leute arm waren, sodass viele Alpthaler auswanderten. Im vierten Akt geht es um die Alpthaler Schule früher und heute, wie damals Klosterfrauen aus Menzingen die Schüler unterrichteten. Die Kinder gingen, als es noch kein Schulhaus gab, zum Pfarrer ins Pfarrhaus in den Unterricht. Diesen mussten die Schüler an Ort und Stelle gleich berappen. Die Kinder mussten Holz mitbringen, damit sie es warm hatten im Pfarrhaus. Wie sind die weiteren Stationen beschaffen? Im fünften Akt geht es um die Kirche und das Schulhaus, wie diese Gebäude im 19. Jahrhundert errichtet wurden. Ein Pfarrer aus Schwyz sammelte Geld für den Bau einer Kirche in Alpthal, im Ort hatte es damals nur eine Kapelle, die nicht für alle Gläubigen Platz bot. Der Priester ging hierfür sogar nach Deutschland, um dort Spenden einzutreiben. Für die sechste Station müssen die Drittklässler raus auf die Strasse, um am Schulhaus angebrachte Wappen und Verse zu entziffern. Unter anderem steht da in alter Schrift geschrieben: «Der Jugend zur Zucht, Dem Alter zur Frucht». Können Sie die weiteren Akte schildern? Die siebte Station dreht sich um Sehenswürdigkeiten in Alpthal: Neben der Kirche, der Schule und dem Skilift in Brunni geht es da um die Mythen und den Furggelenstock, den höchsten Punkt in der Gemeinde Alpthal: Der Gipfel liegt auf einer Höhe von 1656 Meter über Meer. Zu guter Letzt sollen in der achten Station Rätsel gelöst und das Wappen von Alpthal ausgemalt werden. Als Höhepunkt dürfen die Schüler zum Schluss selber kreativ werden und ein Wappen von Alpthal nach eigenem Gusto gestalten. Haben Sie die Stationenwerkstatt bereits einmal einer dritten Klasse vorgeführt? Ja, in der Tat! Natürlich in der Schule von Alpthal. In einer anderen Gemeinde müsste ich das Konzept der Stationenwerkstatt naturgemäss anpassen und Alpthal mit dem betreffenden Dorf ersetzen. Das ist das Gute an dieser Werkstatt: Sie lässt sich in jeder anderen Schulgemeinde mit ein paar Anpassungen anwenden. Wie waren die Reaktionen seitens der Schüler?
Erst einmal waren die Schüler eher scheu und zurückhaltend, weil da plötzlich eine ihnen fremde Person vor der Klasse stand statt ihrer Lehrerin, die normalerweise unterrichtet. Aber dann hat es ihnen doch sehr gefallen und Freude bereitet. Sie fanden die Stationenwerkstatt cool, und diese ist ja auch sehr anschaulich und konkret aufgebaut. Es freut mich natürlich selber sehr, dass die Werkstatt so gut ankommt.
Werden Sie diese Stationenwerkstatt als angehende Lehrerin auch in Zukunft anwenden? Mit Bestimmtheit. Ich werde die Werkstatt modifizieren, damit ich sie jüngeren Schülern präsentieren kann. Denn ich werde eine Ausbildung als Kindergärtnerin/ Lehrerin 1. und 2. Schuljahr in Angriff nehmen. Dass ich Lehrerin werden möchte, war für mich sonnenklar: Bereits als Fünftklässlerin kam für mich kein anderer Beruf in Frage als Lehrerin. Ich finde diesen Beruf überaus spannend und sehr erfüllend.
Was sind die Charakteristika des Dorfes Alpthal? Die Menschen in Alpthal leben sehr gerne in ihrem Dorf und sind überaus verbunden mit der Natur. Man kennt sich und grüsst sich auf der Strasse. Ich könnte nie in einer Stadt mit vielen Autos wohnen. Mir wäre es bereits im Zentrum von Einsiedeln zu städtisch, lärmig und hektisch. Das Charakteristische an Alpthal liegt darin, dass das Dorf viel Lebensqualität bietet. Was hebt Alpthal von anderen Dörfern ab? Sicherlich ist es für Menschen, die als Neuzuzüger nach Alpthal kommen, nicht ganz so einfach, sich zu integrieren, als für Leute, die schon immer im Dorf gelebt haben. Allerdings ist das wohl in den umliegenden Dörfern unserer Region kaum anders. Ein Stück weit grenzt sich Alpthal schon ein wenig ab von den anderen Dörfern.
Gibt es spezielle Strukturen in Alpthal?
Es gibt eine Reihe von lebendigen Vereinen. Der Ski- und Sportclub Alpthal feierte jüngst sein 50-Jahr-Jubiläum und organisiert nicht nur Skifahren, sondern auch etwa Kinderturnen. Die Schule in Alpthal hat einen speziellen Stellenwert und fällt schon durch ihren besonderen Bau auf. Ich musste noch mit dem Schulbus nach Trachslau in den Kindergarten. Heute haben wir einen eigenen Kindergarten im Dorf. Die Zahl der Schüler ist gesunken. Früher gab es Doppelklassen in der Primarschule von Alpthal: Zwei Klassen waren in einem Schulzimmer untergebracht und wurden von einer Lehrperson unterrichtet. Heute gibt es Dreierklassen in Alpthal. Wäre es eine Katastrophe für Alpthal, wenn die Schule geschlossen würde und die Kinder nach Trachslau in die Schule gehen müssten? Das wäre sehr schade! Unbedingt muss die Schule in Alpthal erhalten bleiben. Es wäre ein Jammer, dieses prächtige Gebäude aufzugeben und leer stehen zu lassen. Zudem könnte es zu Reibereien zwischen Trachslauer und Alpthaler Kinder kommen. Besser ist, wenn die Schule im Dorf bleiben würde. Ist die Politik speziell in Alpthal?
In der Politik in Alpthal geht es friedlich zu und her. Der Gemeinderat ist nicht bekannt dafür, dass dort grosse Kämpfe ausgetragen würden. Parteien spielen nicht so eine grosse Rolle in Alpthal, deswegen gibt es viele Parteilose. Wie in anderen Gemeinden ist es nicht einfach, Freiwillige zu finden, die für ein Amt im Gemeinderat kandidieren wollen.
Wie würden Sie die Menschen beschreiben, die aus Alpthal kommen? Sie sind durchaus eigen und darüber hinaus sehr freundlich. Ich möchte das ganze Leben in Alpthal bleiben, weil es mir hier sehr gut gefällt. Fakt ist, dass es den meisten Alpthalern so ergeht: Sie bleiben ein Leben lang im Dorf. Vielleicht verhalten sich die Alpthaler mitunter eher etwas verschlossen gegenüber Fremden – ohne dass sie diese nun gleich ausgrenzen würden. Haben die Alpthaler eine eigene Sprache, einen eigenen Dialekt?
In Alpthal spricht man einen klassischen Innerschwyzer Dialekt. Mir fällt auf, dass sich unser Dialekt von demjenigen der Einsiedler unterscheidet. Diese, vor allem die Älteren unter ihnen, sprechen ein «ou», wo wir ein «a» oder «u» verwenden. Die Märchler und Höfner wiederum reden für meine Ohren direkt schon ein Züritütsch. Gibt es ein spezielles Alpthaler Fest? Am 6. Januar, am Dreikönigstag, ziehen die Trychler durch das Dorf und lassen anschliessend in Brunni den Abend in einem Restaurant friedlich ausklingen. Im vergangenen Jahr gab es ein rauschendes Fest zur Feier des 50-Jahr-Jubiläums des Ski- und Sportclubs Alpthal. Kleine Feste und Feierlichkeiten runden das Jahr ab. Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an die Geschichte von Alpthal denken? Mir fällt spontan der 200-jährige Marchenstreit ein, als Kaiser Heinrich im Jahr 1018 das Alpthal dem Kloster Einsiedeln schenkte. Das passte Landsleuten von Schwyz gar nicht, da sie und ihre Vorfahren seit Menschengedenken im Besitz der Alpen und Weiden waren, die ihnen jetzt abgestritten wurden. Im Jahr 1314 überfielen Schwyzer das Kloster Einsiedeln. 1350 kam es zum Friedensschluss zwischen Einsiedeln und Schwyz. Eine Folge der damaligen Geschehnisse: Alpthal gehört zum Bezirk Schwyz, ist aber ganz nach Einsiedeln ausgerichtet.
Wie würden Sie den Zusammenhalt im Dorf Alpthal beschreiben?
Das Zusammengehörigkeitsgefühl in Alpthal ist sehr gross. Das mag sicher auch damit zusammenhängen, dass es in Alpthal nicht so viele Neuzuzüger gibt wie an anderen Orten. In Pfäffikon zum Beispiel geht es viel anonymer zu und her. Ich glaube, die Alpthaler würden sich mit Haut und Haar gegen eine Fusion mit Einsiedeln wehren. Nicht, weil sie etwas gegen das Klosterdorf hätten, sondern weil die Alpthaler eigenständig und autonom bleiben wollen. Gibt es einen Grund für die Alpthaler, ins Klosterdorf zu reisen?
Oh ja (lacht)! Schliesslich gibt es keine Läden oder Ärzte in Alpthal. Abgesehen davon kommen die Alpthaler ja in der Regel gut aus mit den Einsiedlern. Wo treffen sich die Alpthaler am Abend in Zeiten, in denen es keine Beiz mehr gibt im Dorf? Leider geht das Restaurant Poscht-Kafi mit dem Laden Ende März zu. In der Tat sieht es nicht so rosig aus in Alpthal, was Bars und Beizen betrifft. Aber wir haben ja die Möglichkeit, nach Brunni zu gehen, wo es einige Restaurants gibt. Und Brunni gehört, genauso wie Eigen, auch zu Alpthal.
Die Prämierungsfeier der besten Matura- und Fachmaturaarbeiten geht am Freitag, 14. Februar, um 19.30 Uhr, in der Kantonsschule Ausserschwyz in Pfäffikon über die Bühne.
Zur Person
ml. Denise Beeler ist am 5. Juli 2000 in Einsiedeln geboren und in Alpthal aufgewachsen. Sie hat an der Kantonsschule Ausserschwyz die Fachmaturität im Berufsfeld Pädagogik erlangt und wird in Goldau die Pädagogische Hochschule Schwyz besuchen, um sich dort zur Lehrerin ausbilden zu lassen. Zu den Hobbys von Denise Beeler gehören Skifahren, Backen, Zeichnen, Basteln und Spielen mit Kindern. Sie lebt in Alpthal.
Denise Beeler aus Alpthal findet ihr Dorf aussergewöhnlich: «Das Leben in unserem Ort ist schön und macht glücklich.» Foto: Magnus Leibundgut
In Alpthal sind die Kirche und die Schule im Dorf geblieben – und gelten als Stützen der Gesellschaft. Foto: Denise Beeler