«Jedes Mal die Vertrauensfrage zu stellen, ist meines Erachtens falsch»
Die Einsiedler wollen ihren Landschreiber auch in Zukunft selber wählen. Hauchdünn haben sie die Kompetenzabtretung an den Bezirksrat verworfen. Bezirksammann Franz Pirker nimmt Stellung.
VICTOR KÄLIN
Die Einsiedler Stimmbürger wollen nicht, dass der Bezirksrat in Zukunft den Landschreiber in Eigenregie bestimmen und anstellen kann. Überrascht Sie das Ergebnis? Ja, damit rechnete weder ich, noch der Bezirksrat. Auch die Ruhe im Vorfeld der Abstimmung liess uns von keinem anderen Ergebnis als einem Ja ausgehen. Sämtliche Ortsparteien unterstützten die Vorlage; Leserbriefe dagegen gab es nur wenige: Wir gingen wirklich davon aus, dass nichts passiert. Ausschlaggebend dürften zwei Aspekte gewesen sein: Die Frage der Zuständigkeit einerseits, und die Frage der Zwängerei andererseits. Erst im September des Vorjahres hat der Souverän Nein gesagt zur neuen Bezirksordnung und damit auch Nein zur Wahl des Landschreibers durch den Bezirksrat. Welcher der beiden Aspekte war Ihrer Meinung nach wichtiger? Hier eine Unterscheidung zu machen, ist noch schwierig. Die Frage zur Landschreiberwahl nur fünf Monate später dem Stimmbürger wieder vorzulegen, diskutierten wir im Rat intensiv. Im September handelte es sich noch um eine abstrakte Diskussion; seit der Bekanntgabe von Peter Eberle, als Landschreiber nicht mehr zu kandidieren, ist die Problemstellung aber absolut konkret. Für den Bezirksrat stand im September bei der neuen Bezirksordnung das Personal- und Besoldungsreglement stärker im Mittelpunkt, die Wahlkompetenz hingegen weniger. Mit lediglich 12 Stimmen Differenz ist das Ergebnis denkbar knapp ausgefallen. Schmerzt das noch mehr? Nein. Ein Ergebnis ist ein Ergebnis. Das kommt nicht so sehr drauf an. Ich erinnere daran, dass vor vier Jahren die jetzt neu gewählte Bezirksrätin Bernadette Deuber um lediglich fünf Stimmen unterlegen war. Hat der Bezirksrat im Vorfeld genug unternommen? Ja. Wir informierten umfassend, weshalb wir die Frage der Landschreiberwahl nochmals an die Urne bringen. Es lief alles sehr ruhig; wir hatten praktisch keine Möglichkeit, auf irgendwelche Vorwürfe zu reagieren. Ansonsten wäre sehr schnell und auch zu Recht der Vorwurf gekommen, der Bezirksrat mache mit Steuergeldern Abstimmungspropaganda …
Was lesen Sie als Bezirksammann aus dem Nein des Souveräns heraus? Welche Botschaft ist dem Bezirksrat am Sonntag übermittelt worden? Ich sehe eine ganz sachliche Botschaft: Das Volk will den Landschreiber weiterhin wählen können. Nicht mehr und nicht weniger. Erst ein Nein zur Bezirksordnung und nun ein spezifisches Nein zur Landschreiberwahl – das kann man auch als Ausdruck des schwindenden Vertrauens in den Bezirksrat interpretieren. Teilen Sie diese Einschätzung?
Nein, diese Einschätzung teile ich nicht. Natürlich werden wir ratsintern das Ergebnis noch analysieren. Aber nach jedem Abstimmungssonntag die Vertrauensfrage zu stellen, ist meines Erachtens falsch.
Auch persönlich nehme ich keine Signale eines Vertrauensschwundes wahr. Wer mit mir als Bezirksammann reden will, kann das jederzeit tun. Ich schätze es übrigens, mit den Bürgern diskutieren zu können. Welchen Einfluss hat das Volksnein auf die bereits ausgeschriebene Stelle des Einsiedler Landschreibers?
Die Stelle bleibt unverändert ausgeschrieben, mit der einen Modifikation, dass weiterhin die Volkswahl gilt. Die Suche läuft unverändert weiter. Mit dem Kompetenzwechsel zum Bezirksrat wollten wir die Voraussetzungen schaffen für eine breitere Kandidatenauswahl. Ich bin unverändert überzeugt, dass mit unserem Vorschlag die Voraussetzungen dafür höher gewesen wären. Gibt es schon Bewerbungen?
Ja, es sind schon Bewerbungen eingegangen. Und keine hat eine Rückzugsklausel für den Fall einer Volkswahl … Die Wahl erfolgt ebenfalls am 17. Mai im Rahmen der Gesamterneuerungswahl der Bezirksbehörde. Da die Frist bis zum Stellenantritt 1. Juli knapp ist, gehe ich von einer Vakanz aus. Es ist allerdings möglich, dass der Bezirksrat Peter Eberle als zweiten Landschreiber-Stellvertreter anstellt, spezifisch für die Einarbeitung seines Nachfolgers oder seiner Nachfolgerin. Diese Frage wird sich klären, wenn wir wissen, ab wann die gewählte Person verfügbar ist.
Eine persönliche Frage zum Schluss: Als Bezirksammann stehen Sie am 17. Mai dieses Jahres auch in der Wahl. Hat das Abstimmungsergebnis zur Landschreiber-Wahl Einfluss auf Ihren Entscheid zur Wiederkandidatur?
Nein, das hat sie nicht. Ich habe meine Familie, meine Partei und den Bezirksrat bereits vor dem 9. Februar informiert, dass ich am 17. Mai für eine Wiederkandidatur als Bezirksammann zur Verfügung stehe.
«Mit einem Nein an der Urne rechneten wir im Bezirksrat nicht. Wir gingen wirklich davon aus, dass nichts passiert.»
Franz Pirker, Bezirksammann