Dorf oder Stadt
KOMMENTAR
VICTOR KÄLIN
Mit über 10’000 Bewohnern ist der Ort Einsiedeln kein Dorf mehr, sondern gemäss allgemeiner Definition eine Stadt. Was macht es denn aus, das eine zu sein oder das andere? Was ändert sich mit dem Übergang vom Dorf zur Stadt? Und wofür steht Einsiedeln?
Einsiedeln wächst nicht nur, der Ort wandelt sich. Die dörfliche Gemeinschaft hat viel von ihrer ehemaligen Homogenität verloren. Gabs früher ein Fest für alle, gibts heute unzählige Anlässe für alle möglichen Splitterinteressen. Trotz mehr Bewohnern gibts weniger Wahrnehmbare, dafür vermehrt Unsichtbare. Die Absenz in der Öffentlichkeit nimmt zu, ebenso das Desinteresse an der öffentlichen Sache. Es gibt die ewig Aktiven und die konstant Passiven, welche kaum gesellschaftlich engagiert sind und um jede Einladung einen Bogen machen.
Einsiedeln ist nicht nur Lebenszentrum, sondern ebenso Rückzugsort und Ruheraum: eine Mischung aus Dorfgemeinschaft und Schlafstadt. Das alles hat erwiesenermassen mit der steigenden Einwohnerzahl zu tun – aber nicht nur. Dorf oder Stadt sind lediglich äussere Formen und die Begriffs-Diskussion ist unerheblich. Denn die Bewohner machen sich ihren Ort immer selbst. Einsiedeln ist das, was wir alle zusammen sind.