Wagenumzug im Gegenwind
Zwei Fasnachtsgruppen boykottieren den Wagenumzug und verzichten auf den Bau eines Gefährts
Die neuen Auflagen für den Wagenumzug stossen auf Widerstand. Zwei Fasnachtsgruppen protestieren gegen die Bewilligungspflicht für den Verkauf von Alkohol und dass sie nicht mehr bis am späten Abend im Dorf bleiben dürfen.
MAGNUS LEIBUNDGUT
Bereits der Auftakt zur Einsiedler Fasnacht 2020 am Dreikönigstag war überaus bezeichnend: «Ob sitzen oder stehn, wir wollen ohne behördliches MIMIMI an die Fasnacht gehn», schrieb die «Narrenfreiheit 2020» im Namen von fünf einheimischen Fasnachtsvereinen auf ein Protestplakat auf dem Dorfplatz in Einsiedeln und stellte fünf WC-Schüsseln neben das Plakat.
Dies war ein Schuss vor den Bug des Bezirks Einsiedeln und als Kritik am Amtsschimmel zu verstehen: Schliesslich müssen die Betreiber der Bars auf dem Dorfplatz heuer aufgrund der neuen Auflagen sanitäre Anlagen und Toitois zur Verfügung stellen.
Zwei Gruppen kehren der Einsiedler Fasnacht wegen der neuen Bewilligungspraxis gleich ganz den Rücken – zumindest für den grossen Wagenumzug vom Güdelmontag: Kaliber 13 und die Fasnachtsgruppe 9-Takter bauen heuer keinen Wagen und verzichten unter Protest auf die Teilnahme am Umzug. Tiny House statt Umzugswagen
Mit dem Boykott der Fasnacht wollen die Gruppen ein Zeichen setzen: «Die neue Bewilligungspraxis zerstört die Einsiedler Fasnacht», sagt Elias Auf der Maur von der Fasnachtsgruppe 9-Takter. Er vermutet, dass die Beizen im Dorf Druck gemacht haben beim Bezirk, weil diese befürchtet hätten, weniger Alkohol zu verkaufen wegen der Konkurrenz der Bars in den Wagen. «Dabei haben wir ja den Alkohol zumeist verschenkt und einfach eine Kasse hingestellt für freiwillige Spenden», sagt Auf der Maur. Der Bau eines Wagens hätte der Gruppe, die seit dem Jahr 2014 am Umzug teilgenommen hatte, Kosten zwischen 5000 und 8000 Franken bereitet. «Mit den Kässeli-Einnahmen haben wir einen Teil dieser Ausgaben bestreiten können», schildert Auf der Maur.
Nun baut die Fasnachtsgruppe 9-Takter dieses Jahr keinen Wagen für den Umzug – und stattdessen ein Tiny House, das dann die Gruppe verkaufen will. Zudem hat die Fasnachtsgruppe die Theaterbühne des Theaters Willerzell auf die Beine gestellt.
Auch die Gruppe Kaliber 13 protestiert gegen das neue Regime an der Einsiedler Fasnacht und verzichtet ebenfalls auf eine Teilnahme am Wagenumzug. Respektlosen Umgang kritisiert
«Wir vermissen Anerkennung und Respekt für unsere Gruppe und unsere Arbeit», sagt Fabio Kälin von Kaliber 13: Ihnen gegenüber sei deutlich zu verstehen gegeben worden, dass es egal sei, wenn es am Umzug ein paar Wagen weniger gäbe.
«Wir haben unsererseits immerhin einen grossen Aufwand und einige Kosten», betont Kälin: Dabei gehe es der Gruppe Kaliber 13 gar nicht um das Geld, das durch den Alkoholausschank eingenommen werden kann: «Man nimmt uns vielmehr den Raum weg, den wir für uns selbst ausgenutzt haben.» Kaliber 13 werde am Sühudiumzug am Morgen des Güdelmontags teilnehmen und dann an diesem Umzug eine Protestaktion durchführen.
Sowohl die Fasnachtsgruppe 9-Takter wie auch Kaliber 13 lassen offen, ob sie im kommenden Jahr am Wagenumzug teilnehmen werden. Beide Gruppen hoffen, dass die Verantwortlichen im Nachgang der Fasnacht 2020 über die Bücher gehen und für eine Anpassung der Bewilligungspraxis sorgen werden.
Die Gruppen hoffen nicht zuletzt, dass ihre Rolle, die sie an der Fasnacht spielen, gebührend gewürdigt wird. Der Bezirk Einsiedeln will auf Anfrage dieser Zeitung zum Boykott der Einsiedler Fasnacht vorerst nicht Stellung nehmen.
Vor einem Jahr nahm die Einsiedler Fasnachtsgruppe 9-Takter noch mit einem eigenen Wagen am Umzug teil. Heuer baut die Gruppe statt eines Wagens ein Tiny House.
Foto: zvg