«Das duale System ist ein taugliches Modell – tragen wir ihm Sorge»
Die Jubiläumsfeier zum 20. Geburtstag der Römisch-katholischen Kantonalkirche fand am Samstag in Einsiedeln statt. Im Zentrum standen drei hochkarätige Referenten.
VICTOR KÄLIN
So fliessend und beschwingt, wie die musikalischen Vorträge der beiden Pianistinnen Jacquelin und Jocelyn Aronsky – beides übrigens Stiftsschülerinnen – war weder die Gründung der Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz, noch deren inzwischen 20-jährige Geschichte. Daran erinnerte Dr. Linus Bruhin die rund 100 Gäste, welche am letzten Samstag, 16. November, der Einladung zur Jubiläumsfeier ins Kloster Einsiedeln Folge leisteten. Fortschritte und Rückschläge
Der langjährige Sekretär der Schwyzer Kantonalkirche hob die Bedeutung des Ortes hervor, fand die konstituierende Session des ersten Kantonskirchenrats am 30. Oktober 1998 doch ebenfalls im Grossen Saal des Klosters Einsiedeln statt. Als erster Präsident des Kantonalen Kirchenvorstandes wurde damals der Einsiedler Hans Iten gewählt. Ihm folgte 2006 Werner Inderbitzin, der wiederum auf das kommende Jahr hin seinen Rücktritt bekannt gegeben hat. Die Betriebsaufnahme erfolgte per 1. Januar 1999.
Gemäss Bruhin brauchte es «vielfach Überzeugungsarbeit, um die ganze Organisation auf die Beine zu stellen». Doch selbst der unermüdliche Einsatz der Spitzenvertreter genügte nicht immer, um das Stimmvolk zu überzeugen. Das belegten die Abstimmungsniederlagen zum Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer oder zum Organisationsstatut. Eine eigene Verfassung wurde erst 2015 angenommen; der Beitritt zur Römisch-Katholischen Zentralkonferenz erst 2019 abgesegnet. Der definitive Beitritt wird am 1. Dezember vollzogen.
Mit einem Dank vor allem an die Vorstandsmitglieder schloss Bruhin seinen Rückblick in der Überzeugung, dass «die Kantonalkirche inzwischen gut aufgestellt » sei.
Auf dem Weg zu einer einen Kirche Eine besondere Note erhielt die Anwesenheit von Luc Humbel, dem Präsidenten der Römisch- Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ). Ohne die Zustimmung der Schwyzer Katholiken zum RKZ-Beitritt im Juni dieses Jahres hätte die Kantonalkirche Hubel wohl kaum als Gast eingeladen; es hätte, so liess Präsident Werner Inderbitzin durchblicken, wohl auch keine Jubiläumsfeier gegeben.
In seiner Rede widmete sich Luc Humbel der dualen Struktur unserer Kirche, die bekanntlich eine kirchenrechtliche und eine staatskirchenrechtliche Seite kennt. «Das Ganze gibt es nur als Zweiheit», formulierte er. Dual impliziere «gleichzeitig Unterscheidung und Zusammengehörigkeit ». Er warf einen Blick nach Deutschland und zitierte ein Grundlagenpapier, welches die dortige Bischofskonferenz zusammen mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken für den bevorstehenden Synodalen Weg ausgearbeitet hat. Darin steht, dass «eine Sakramentalisierung der Macht, die sich auf Gott berufe, um sich der Kontrolle durch das Volk Gottes zu entziehen, der Heiligkeit der Kirche widerspreche und zur Sünde führe».
Dieser Blick auf den Reformprozess in Deutschland führt Humbel zur Ansicht, dass das duale Modell zukunftsträchtig ist, «weil es zumindest in Finanzfragen die Mündigkeit der Gläubigen zum Anlass nimmt, diese miteinzubeziehen und Macht zu teilen». Am Schluss seiner Rede formulierte Luc Humbel einen Wunsch, seine Vision einer Kirche: «Noch schöner und stimmiger wäre, wenn schon bald auf die duale Begrifflichkeit verzichtet werden könnte, weil die partizipative Mitwirkung der Gläubigen nicht weiter ‹dual› gedacht und gelebt würde, sondern als Ausdruck von Zusammengehörigkeit in einer einen Kirche.» Da der Weg dazu noch weit sei, sieht aber auch Humbel derzeit keine Alternative zum dualen System. Es sei ein taugliches Mittel: «Tragen wir ihm Sorge.» «L’état, c’est nous» Genährt wurde Humbels Vision durch Professor Adrian Loretan, der das demokratische Schweizer Staatskirchenrecht auf Herkunft, Berechtigung und Funktion untersuchte. Er prägte dazu den Begriff «L’état, c’est nous», um die Schweizer Eigenart des direkt-demokratischen, liberalen Staates zu umschreiben. Loretan erinnerte dabei an Formen der Urversammlungen wie Alpoder Weidkorporationen oder weitere Spezialgemeinden für Armenwesen, Schule oder auch Kirchen. Es seien gerade die Kirchgemeinden gewesen, die den «geistigen Hintergrund für
«Kein leichtes Anliegen …»
Vi. Für die Kantonalkirche ist auch im 20. Altersjahr noch immer eine Pendenz offen: Da die katholische Kirche selbst keine Ausländer kennt, sondern nur Katholiken, arbeitet der Kirchenvorstand derzeit eine Vorlage für ein Stimmund Wahlrecht für Katholiken ohne Schweizer Pass aus. Damit setzt der Vorstand eine erheblich erklärte Motion um. «Im als konservativ bekannten Kanton Schwyz», so Sekretär Dr. Linus Bruhin, «dürfte das weiterhin kein leichtes Anliegen sein; doch tragen ausländische Katholiken keine Burka und können mit einem Einbeziehen in die politischen Entscheidfindungen besser integriert werden.» – Der Abstimmungstermin ist noch offen.
die schweizerische direkte Demokratie bildeten».
Vertrauen als Basis
Als Gastgeber und Mitglied der Bischofskonferenz wünschte sich Abt Urban Federer, dass in der Landeskirche «Menschen für Menschen da sein mögen». Die Grundlage allen Handelns soll das Vertrauen sein: «Ohne solches ist kein duales System möglich.» Bevor Werner Inderbitzin zum Apéro riche einladen konnte, gratulierte die Reformierte Kantonalkirche den Katholiken mit dem Wunsch nach einer «näheren Zusammenarbeit ».
Die Hauptpersonen des Jubiläumsanlasses (von links): Linus Bruhin, Luc Humbel, Präsident Werner Inderbitzin, Abt Urban Federer und Adrian Loretan.
Foto: Victor Kälin