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Schulergänzende Betreuung löst Kontroverse aus

Schulergänzende Betreuung  löst Kontroverse aus Schulergänzende Betreuung  löst Kontroverse aus

Der Bezirksrat will eine schulergänzende Kinderbetreuung aufgleisen. Die RPK empfiehlt den Stimmbürgern derweil, die Vorlage abzulehnen: Diese entspreche «aufgrund einer finanziellen Doppelspurigkeit weder der Sparsamkeit noch der Wirtschaftlichkeit». Der Schulpräsident Christoph Bingisser weist diese Kritik zurück.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll im Bezirk Einsiedeln weiter gefördert werden: Aus diesem Grunde wird der Bevölkerung am 7. März 2021 eine Sachvorlage zur schulergänzenden Betreuung von Kindern vorgelegt. «Das geplante Angebot trägt den veränderten gesellschaftlichen Lebensmodellen Rechnung und soll den Bedürfnissen von ausgebildeten und erwerbstätigen Eltern entgegenkommen», teilt der Bezirksrat mit: Die Sachvorlage berücksichtige aber auch volkswirtschaftliche Überlegungen.

Die Vorlage des Bezirksrates sieht eine schulergänzende Betreuung zwischen 6.30 Uhr und 18.30 Uhr vor. Die Angebote sind modular aufgebaut und können individuell zusammengestellt werden.

Als Standort ist die bezirkseigene Wohnung an der Nordstrasse 17 vorgesehen. «Diese ist für alle Schüler gut erreichbar und vielseitig nutzbar», schreibt der Bezirksrat: Die Arbeitsgruppe, die das Projekt vorbereitet hat, stand unter der Leitung von Schulpräsident Christoph Bingisser.

«Freie Kapazitäten im Chinderhus und Chinderhort» Die Sachvorlage «Schulergänzende Betreuungsangebote» ist für die Bezirksgemeinde vom 14. Dezember traktandiert. Bei Gutheissung an der Urne am 7. März 2021 erfolgen bis Ende Juli 2021 Baubewilligungsverfahren und Umbauarbeiten am Standort Nordstrasse 17. Es wird mit einmaligen Umbau-/Investitionskosten von 140’000 Franken gerechnet. Mit Beginn des Schuljahres 2021/22 sollen die Angebote dann in Anspruch genommen werden können. Nach dem Schuljahr 2023/24 wird eine Erweiterung des Angebots auf Standorte in den Vierteln evaluiert und Bericht erstattet.

«Die RPK unterstützt den Antrag des Bezirksrats nicht und empfiehlt den Stimmbürgern, die schulergänzenden Betreuungsangebote im vorliegenden Rahmen abzulehnen», sagt Annamarie Kälin, Präsidentin der Rechnungsprüfungskommission des Bezirks Einsiedeln (RPK): «Es gibt bereits das Chinderhus an der Mythenstrasse und der Chinderhort an der Fuchsenstrasse. Beide Standorte verfügen über freie Kapazitäten und Plätze.» Nach Ansicht der RKP würden mit der Einführung der schulergänzenden Betreuungsangebote der Schulen Einsiedeln «ein zweites, sehr ähnliches Angebot» eingeführt. «Die finanzielle Höchstgrenze des Angebots kann zudem nicht genau definiert werden und wird auf zirka 210’000 Franken jährlich geschätzt», konstatiert Kälin: Die Kosten seien abhängig von der Nachfrage nach schulergänzender Betreuung und der Steuerkraft der Eltern, welche die Betreuung in Anspruch nehmen würden.

Aus Sicht der RPK kostet das Projekt zu viel Geld «Zudem sind die Kosten in der vorliegenden Sachvorlage nur auf das Dorf Einsiedeln bezogen », erklärt die Präsidentin: Die Erweiterung des Angebots auf die Standorte in den Vierteln werde erst noch evaluiert.

«Durch die finanzielle Doppelspurigkeit entspricht die Vorlage weder der Sparsamkeit noch der Wirtschaftlichkeit», führt Kälin aus: «Zielführend wäre eine Vorlage im Rahmen dessen, was über die Kapazität des Chinderhuus und das schulergänzende Betreuungsangebot des Vereins für Jugend- und Familienberatung (VJFB) hinaus geht.» Mit einer Ablehnung der Vorlage an der Urnenabstimmung im März werde nicht verhindert, dass in den Vierteln – in denen ein Mittagstisch gänzlich fehlt – in den kommenden Jahren ein Angebot evaluiert werde oder eine neue, überarbeitete Variante für das Dorf erneut zur Abstimmung kommen könnte, erläutert Annamarie Kälin: «Fakt bleibt, dass ein Ausbau der schulergänzenden Betreuungsangebote in diesem Rahmen unnötig ist und zu viel Geld kosten würde.

Christoph Bingisser, Schulpräsident im Bezirk Einsiedeln, kann die Kritik seitens der RPK an der Vorlage nicht nachvollziehen: «Ein Ausbau der schulergänzenden Betreuungsangebote entspricht einem echten Bedürfnis vieler Eltern. » Schliesslich erhöhe sich dank dieser Vorlage die Standortattraktivität des Klosterdorfes wesentlich: Es komme heutzutage vor, dass Leute durchaus gerne nach Einsiedeln ziehen würden, dies aber aufgrund einer fehlenden Kinderbetreuung im Klosterdorf unterlassen. «Es gibt keine Konkurrenz zwischen Schulen und Verein» «Naturgemäss ist ein solcher Ausbau mit Kosten verbunden. Aber er bringt der Bevölkerung ja auch einen Nutzen», betont der Bezirksrat. In jedem Fall gebe es keine Doppelfinanzierung: Vorgesehen sei, dass die schulpflichtigen Kinder ab dem nächsten Schuljahr vom bezirkseigenen Angebot profitieren würden und vonseiten des Bezirks gegenüber dem Verein für Jugendund Familienberatung (VJFB) oder anderen Institutionen auch keine Doppelfinanzierung erfolgen werde.

Die Idee sei, dass zukünftig nur noch Kinder im Vorschulalter die Angebote im Chinderhort an der Fuchsenstrasse wahrnehmen und Schülerinnen und Schüler die Angebote an der Nordstrasse besuchen würden. «Damit kommt es weder zu einer Doppelspurigkeit noch zu einer Konkurrenzierung der Angebote des Vereins für Jugend- und Familienberatung », erklärt Bingisser: «Es entspricht einem Grundsatzentscheid des Bezirksrates, ein bezirkseigenes Angebot zu schaffen, das auf Schüler ausgerichtet ist.» Indem dieses neue Angebot der Führung durch die Schulen Einsiedeln untergeordnet werde, könnten Synergien genutzt werden.

«Der Bezirksrat erachtet es als nicht zielführend, die Leistungsvereinbarung mit dem Verein für Jugend- und Familienberatung dahingehend anzupassen, dass dieser die Verantwortung für das neue Angebot zu tragen habe», führt Bingisser aus.

Der Schulpräsident weist das Argument der RPK, dass ein Ausbau des Angebots unnötig sei, klar zurück: «Alleine schon die Entwicklung des Chinderhus weist darauf hin, dass in Einsiedeln ein entsprechender Bedarf vorhanden ist.» Bezirksrat ist enttäuscht, dass RPK den Dialog verweigert Hat der Bezirksrat einen Plan B zur Hand, falls die Vorlage an der Urne bachab geschickt würde? «Wir haben keine abgespeckte Vorlage in der Pipeline», schildert Bingisser: «Wir sind guten Mutes, dass die Vorlage bei den Stimmbürgern ankommt und an der Bezirksgemeinde an die Urne überwiesen wird. Wir sind enttäuscht von der RPK, dass diese eine Pauschalkritik an der Vorlage übt, ohne mit uns in einen sachlichen Dialog zu treten. Etwas ernüchternd stellen wir fest, dass die RPK die finanzielle Doppelspurigkeit als ausschlaggebendes Kriterium für ihren Entscheid anbringt – ein Argument, das im Botschaftstext gerade klar widerlegt wird.» Vorlagen und Projekte, die Geld kosten, hatten es früher an einer Urnenabstimmung in Einsiedeln naturgemäss schwer. Dies ficht Bingisser nicht an: «Ich glaube, in der jüngsten Vergangenheit hat sich in der Mentalität der Bevölkerung im Klosterdorf etwas gewandelt. Die zustimmenden Voten zur Finanzierung des Spitals Einsiedeln lassen zumindest darauf schliessen, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sachlich abzuwägen und zu differenzieren vermögen.»

Als Standort für das neue schulergänzende Betreuungsangebot ist die bezirkseigene Wohnung an der Nordstrasse 17 vorgesehen: Sie soll für 140’000 Franken umgebaut werden. Foto: Magnus Leibundgut

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